Wenn es daemmert
mehr.«
Mina wusste, dass sie hier nichts mehr erfahren würden, das sie weiterbrachte. Sie lenkte die Gedanken der Frau auf andere Themen, machte ihr Komplimente wegen der ordentlichen Wohnung, des kleinen Gartens und des guten Tees und erkundigte sich nach ihrer Zufriedenheit mit der Betreuung durch Gemeinde und National Health Service. Cedric sagte kein einziges Wort mehr. Dann verabschiedeten sie sich und gingen schweigend zum Busbahnhof zurück.
»Nachtclubs und Prostitution passen recht gut zusammen«, brach Cedric das Schweigen.
»Wir bräuchten einen Insider, der weiß, wem welche Clubs gehören. Oder wie um Himmels willen findet man das sonst heraus?«, fragte Mina ungeduldig. Sie hatte sich mehr erhofft. Viel mehr.
»Wenn ich Sergeant Hepburn richtig verstanden habe, sind die Besitzer der einschlägigen Clubs entsprechend organisiert.«
Mina nickte, obwohl sie keine Ahnung hatte, was er meinte oder was sie nun tun sollten. Sie waren am Busbahnhof angelangt. Vor allem ältere Leute standen dort, die in ordentlichen Reihen auf ihren Bus warteten. Mina sah Cedric an, der beim Anblick des Busbahnhofs erneut kreidebleich geworden war.
»Lass uns zum Strand gehen«, sagte sie, und Cedric nickte erleichtert.
Mina kannte den Weg nicht, wusste aber, in welcher Richtung das Wasser lag. Sie sah es am Himmel. Sie gingen durch die engen Straßen des alten Stadtkerns von Kirkcaldy, bis sie an die Esplanade gelangten. Cedric folgte ihr schweigend, die Hände wie immer in den Hosentaschen, und stellte sich neben sie, als sie nachdenklich auf das Wasser sah.
Es war, als käme das Wasser des Firth of Forth immer nur in einer einzigen lang gezogenen sanften Welle zum Land gerollt, um dann in einer einzigen ebenso lang gezogenen weißen Schaumkrone auf dem Strand auszulaufen. Der Straßenlärm verschmolz mit dem Rauschen des Meeres, und nach einigen Minuten spürte Mina die hypnotische Wirkung. Ihre Gedanken wurden vom Land, vom Ufer weggezogen und flossen mit der Strömung des Forth, mit dem Sog der Gezeiten hinaus in die Nordsee.
»Vielleicht sollten wir mit dem Sergeant reden«, schlug Cedric vor und brach den Bann. »Immerhin hat sie mich vor Brady gewarnt …«
»Sie könnte von ihm auf uns angesetzt worden sein«, gab Mina zu bedenken.
»Haben wir eine andere Möglichkeit?«, fragte Cedric.
Mina blieb abrupt stehen. Ihr war etwas eingefallen. »Ja, wir haben eine andere Möglichkeit, aber da kann ich nur alleine hin. Cedric, du sprichst mit Isobel. Ich fahre zurück nach Edinburgh.«
Cedric verstand sofort, was sie vorhatte. »Du bist wahnsinnig.«
»Diese Frau kennt sich aus in der Szene! Und es ist doch möglich, dass sie die Frau ist, zu der Pepa gehen wollte, oder? Ich meine, sie läuft herum und bietet Frauen ihre Hilfe an. Das könnte doch zu dem passen, was Pepa gesagt hat?«
»Pepa hat immer nur gesagt, es sei eine gute Frau.«
»Ich muss es versuchen.«
»Das ist zu gefährlich. Denk daran, was gestern Nacht passiert ist! Wir sollten zusammenbleiben. Wir sollten uns ein Zimmer suchen, mit deinem Anwalt reden, wie es weitergeht und …«
»Genau das sollten wir nicht tun«, erwiderte Mina grimmig und schraubte ihre kleine braune Flasche auf. »Zwei bewegliche Ziele im Dunkeln sind viel schwerer zu treffen als ein festes in einem hell erleuchteten Hotelzimmer in Edinburgh.« Sie schluckte eine Tablette hinunter. »Warten wir, bis es dunkel wird.«
2.
Zugfahren, dachte Cedric, kann nicht so schlimm sein wie Busfahren. Im Zug konnte man herumlaufen und sich Platz verschaffen, wenn man sich unwohl fühlte. Man musste nicht auf den dreckigen Bänken sitzen bleiben, neben übelriechenden Menschen, die vielleicht sogar noch ein Gespräch suchten. Ein Zug wackelte auch nicht so sehr wie ein Bus, und dank der Schienen konnte der Zugführer die Kurven wohl kaum so schnittig nehmen, wie es der Busfahrer auf dem Weg von Edinburgh nach Kirkcaldy getan hatte. Außerdem: Wer fuhr schon mitten in der Woche am Abend mit dem Zug durch Fife? Eben. Niemand.
Cedric wartete am Bahnhof auf den Zug in Richtung Dundee, und mit ihm noch mindestens zwanzig andere Fahrgäste. Es kam eine Durchsage, dass es aufgrund technischer Schwierigkeiten keine erste Klasse gab, was Cedric nervös machte. Als der Zug einfuhr, fing es ohne Vorwarnung an zu schütten, und er beeilte sich einzusteigen.
Er hätte den Bus nehmen sollen. Der Zug war so voll, dass fast mehr Menschen in den Gängen standen, als auf den Sitzen rings umher
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