Wenn es plötzlich Liebe ist
sagen.«
»Nichts?«
Er zog eine Braue hoch, spülte den Rasierer ab und arbeitete weiter an seinem Bart. »Soll ich vielleicht etwas erfinden?«
»Zu deiner Information«, erwiderte sie heiser, »falls du mir bloß beweisen willst, dass wir kein Happy End erwarten können, dann hast du dein Ziel schon erreicht.«
Dann ging Grace zurück in ihr Zimmer. Sie wusste nun, dass sie einen Fehler gemacht hatte mit der Annahme, es könne gar nicht noch schwieriger werden, wenn sie miteinander ins Bett gingen.
19
D er Jet senkte sich auf die Landebahn von Teterboro. Smith blickte aus dem ovalen Fenster neben seinem Sitz auf die vorbeirasende Landschaft. Er hatte während des gesamten einstündigen Flugs die Augen geschlossen gehalten, aber keineswegs geschlafen.
Seitdem er am Morgen neben Grace wach geworden war, hatte er sich auszureden versucht, dass er in sie verliebt wäre. Ohne viel Erfolg, obwohl ihm viele ausgesprochen vernünftige Gegengründe einfielen. Mehr als alle anderen Menschen hätte er eigentlich wissen müssen, dass eine einzige Nacht überhaupt nichts bedeutet. Zwei Körper im Dunkeln, die dem obersten Gebot der Natur nachkamen.
Aber warum war ihm dann so zumute, als hätte er irgendwie seine Mitte verloren?
Und warum benahm er sich ihr gegenüber wie ein Idiot?
Er sah sie vor sich, wie sie im Türrahmen zu seinem Bad gestanden hatte, als er sich rasierte. Nach ihren letzten Worten hatte er sich absolut elend gefühlt.
Was für ein Heuchler er war! Er hatte gesagt, sie verdiene etwas Besseres als ihren Ehemann, und schon einen Tag später strafte er sie, indem er sie völlig ignorierte. Immerhin hatten sie sich geliebt …
Geliebt . Das war schon die richtige Bezeichnung …
Die Nacht hatte ihm unendlich viel mehr bedeutet als ein schneller Fick. Nun hatte er Schwierigkeiten, darauf zu
reagieren. Gewöhnlich dachte er am Morgen nach einer Nacht mit einer Frau nicht daran, ob er am liebsten bei ihr bleiben oder wieder mit ihr schlafen wollte.
Er wollte mit Grace reden. Aufrichtig. Er wusste, dass er sich irgendwie wieder sammeln musste. Er musste etwas sagen, das für ihn Sinn ergab.
Immerhin wusste er genau, womit er anfangen würde. Er musste sich entschuldigen, weil er seine Verwirrung nur sehr schlecht verbergen konnte. Und es war nicht akzeptabel, sie völlig auszuschließen.
Als das Flugzeug aufsetzte und der Umkehrschub das Flugzeug abbremste, blickte er zur Sitzreihe neben sich. Grace ging gerade ihre Monatsberichte durch und hatte sie rings um sich herum ausgebreitet: Auf dem Nebensitz, auf dem Boden und auf dem Klapptisch neben ihrem Sitz. Sie trug einen engen Pullover und eine leichte Wollhose, sah aber trotzdem sehr elegant aus.
Er hätte nie zuvor gedacht, von einer derart edlen, ja anspruchsvollen Frau so angezogen sein zu können.
Er versuchte, genauer zu bestimmen, warum sie so anders war als seine bisherigen Frauen. Alle möglichen Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf. Wie sie seine Narben berührt hatte, wie sie das Kinn trotz aller Ängste eigenwillig vorreckte, ihr schüchterner Blick, als sie sich vor ihm auszog. Sie war voller Gegensätze - selbstbewusst, aber auch verletzlich, adlig und leutselig, leidenschaftlich und zurückhaltend.
Außerdem war sie ausgesprochen sexy. Er stellte sich vor, dass sie sich wieder vor ihm auszog, und spürte ihren Duft.
Das Flugzeug drehte ab, so dass ein Sonnenstrahl in die Kabine fiel, alles überflog und glitzernd den Verlobungsring des Grafen streifte. Der Brillant glänzte strahlend auf.
Schmuck von einem reichen Mann, dachte Smith. Am Finger der Frau eines reichen Mannes.
Er hätte es gerne gesehen, dass sie ihn abgenommen hätte, wusste aber, dass er kein Recht hatte, eine solche Forderung zu stellen. Besonders nicht, weil er sie so behandelt hatte.
»Grace?«
»Ja?« Sie blickte nicht hoch. Ihre Stimme klang knapp.
»Es tut mir leid.«
Sie umkringelte einen Absatz und machte am Rand der Akte eine Notiz. »Was denn?«
»Heute Morgen.«
Sie blickte hoch, aber nach vorn, als hätte sie gerade erst gemerkt dass sie gelandet waren. »Keine Ursache.«
Dann suchte sie die Papiere zusammen, stapelte sie ordentlich und steckte sie in einen Ordner.
»Grace, sieh mich an.« Als sie nicht folgte, schnallte Smith seinen Gurt auf und trat neben sie. »Es tut mir aufrichtig leid, dass ich dich heute Morgen verletzt habe.«
Ihre Hände verharrten. Sie schwieg.
»Du hast mich nicht verletzt. Ich habe mir selbst wehgetan,
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