Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
einfach bis heute nicht gemerkt, dass ich sexsüchtig bin«, überlegte sie.
Die Tür ging auf, und Georg kam hereinspaziert, den Arm in Gips und ein leidendes Lächeln im Gesicht. »Das hätte ich gar nicht von dir gedacht«, meinte er. »Ich meine, wenn man dich so anschaut, wirkst du schon relativ sinnlich, versteh mich nicht falsch. Du hast irgendwie so … rassige Formen. Und dann dieser Schmollmund … Aber dass du nymphomanisch veranlagt bist, sieht man dir nicht direkt an. Was sagt denn Hans dazu?«
Samantha stand kurz davor, ihren Kopf auf den Schreibtisch zu donnern. Sie verfluchte ihre blöde Marotte, hin und wieder laut zu denken.
»Was machst du überhaupt im Büro?«, wollte sie wissen. »Ich dachte, du kannst noch nicht wieder arbeiten?«
»Ich kann doch die Firma nicht vor die Hunde gehen lassen, jetzt wo Onkel Herbert im Krankenhaus liegt.«
»Die Firma geht nicht vor die Hunde, solange ich hier sitze und alles unter Kontrolle habe.«
»Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann«, sagte Georg. »Ich habe gehört, dass diese Russen heute Morgen einen Termin bei Breumüller hatten.«
Breumüller war einer ihrer schärfsten Konkurrenten in der Region. Er arbeitete schneller und billiger als Bruckner-Bad und hatte ihnen schon den einen oder anderen Auftrag bei Ausschreibungen weggeschnappt.
»Hier geht es um einen Auftrag im Luxussektor«, sagte Samantha. »Da hat Breumüller nun wirklich nicht viel zu bieten. Die machen doch nur einfache, preiswerte Sachen.« Sie gab sich betont zuversichtlich, aber sie konnte nicht verhindern, dass Unsicherheit und Sorge aus ihrer Stimme klangen.
»Ich werde mal sehen, was da noch zu retten ist«, sagteGeorg großmütig. »Es ist sowieso besser, wenn jemand mit ihnen spricht, der vom Fach ist.«
Samantha starrte ihn an. Wusste er von dem Arrangement, das Onkel Herbert mit ihr getroffen hatte, oder nicht? Falls er keine Ahnung hatte, würde sie womöglich mehr verderben als gewinnen, wenn sie jetzt davon anfing. Sollte er aber doch bereits davon erfahren haben, würde er alles Mögliche unternehmen, um ihr in die Suppe zu spucken, und das konnte sie nicht einfach hinnehmen. Sie war immer noch der Ansicht, dass die Geschäftsführung bei ihr besser aufgehoben war als bei Georg. Blieb die Frage, ob Herbert das auch noch dachte. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit seine Meinung geändert und Georg durchs Hintertürchen ebenfalls ins Rennen geschickt.
Nun, sie würde es heute noch herausfinden.
Sie hatte ohnehin vor, heute Nachmittag bei ihrem Onkel im Krankenhaus vorbeizuschauen und mit ihm zu reden. Falls Georg tatsächlich aktiv an diesem Spiel beteiligt war, dann musste sie eben besser sein als er. Wenn jemand diesen Auftrag eindockte, dann sie. In diesem Fall würde sie keine Zeit verlieren, sich an Dmitris Fersen zu heften. Er war der Sprecher der Finanzierungsgruppe, und wenn sie ihn erst in der Tasche hatte, war die Sache geritzt. Sie würde noch mal an der Präsentationsmappe feilen, die sie zusammengestellt hatte, und sie ihm dann ins Hotel bringen. Zusammen mit den ebenfalls vorbereiteten Auftragsunterlagen. Dagegen sollte Georg erst mal anstinken.
*
Auf dem Weg zum Hotel kam sie auf die Idee, einen kleinen Abstecher zu unternehmen. Es war nicht weit, nurzwei oder drei Straßenzüge. Na gut, vielleicht auch drei oder vier. Doch was spielte das schon für eine Rolle. Sie hatte ja keinen festen Termin mit Dmitri, also kam es auf zehn Minuten mehr oder weniger auch nicht an.
Die alte Fabrik lag in einem kaum noch genutzten Industriegebiet, das seine Blütezeit lange hinter sich hatte. Samantha hatte gehört, dass der größte Teil des Geländes von einer Bauträgergesellschaft aufgekauft worden war, die beabsichtigte, die alten Gebäude abzureißen oder, je nach Erhaltungszustand, in Wohneinheiten oder Bürofläche zu verwandeln. Ein ganzer Komplex moderner Geschäfts- und Wohngebäude war für dieses Gebiet in Planung. Die erforderlichen Planänderungsverfahren liefen bereits, und die Erschließung sollte noch in diesem Jahr stattfinden. Eddie wusste es vielleicht noch gar nicht, aber er würde bald in einer sehr lukrativen Gegend wohnen. Wie er wohl das Geld aufgebracht hatte, um die Fabrik zu kaufen? Samantha fing automatisch an zu rechnen. Fünfhundert Euro pro Nacht, und das bei vielleicht drei Einsätzen pro Woche, machte summa summarum im Monat mindestens sechstausend, plus die normalen Einnahmen aus dem seriösen Teil des Begleitservice
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