Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
… Nicht übel und auf jeden Fall mehr als genug, um eine fette Hypothek zu bedienen.
Sie schluckte bei dem Gedanken, dass er Jahr für Jahr mit unzähligen fremden Frauen ins Bett stieg. Ob er es mit allen auf dem Schaukelstuhl tat? Und wie er wohl an diesen Beruf gekommen war? Wie wurde man überhaupt Callboy?
Schon von weitem sah sie, dass er zu Hause war. Genauer gesagt, war er im Begriff, gerade wegzufahren. Er stand draußen bei seinem Auto – einem ziemlich zerbeulten, angejahrten Jeep Cherokee – und hatte ein kleines,blondes Kind auf dem Arm, das er gerade in den hinteren Teil des Wagens verfrachtete.
Samantha bremste scharf, wendete und fuhr mit Vollgas zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Um keinen Preis durfte er sie sehen. Es fehlte noch, dass sie sich auf diese Weise lächerlich machte!
Das Kind hatte dieselbe Haarfarbe gehabt wie Eddie. Eine Spur heller vielleicht. Aber an den Spitzen kringelten sie sich auf dieselbe Art wie bei ihm.
Nein, dachte Samantha. Es konnte unmöglich sein Kind sein!
Sie dachte angestrengt nach. Eddie lebte zweifellos mit einem gewissen Berufsrisiko. Kondome konnten jederzeit kaputtgehen. Rein theoretisch wäre es also durchaus möglich. Vielleicht wohnte das Kind bei der Mutter und besuchte Eddie nur hin und wieder – zum Beispiel gerade eben.
Samantha beschloss, nicht länger darüber nachzudenken, sondern fuhr auf direktem Weg weiter zu dem Hotel, in dem die Russen logierten. Sie konnte kaum glauben, was für ein Glück sie hatte, als sie in der Lobby Dmitri in die Arme lief. Sie hatte sich schon alle möglichen Peinlichkeiten ausgemalt. Etwa, dass er gerade duschte. Oder sich zu einem verfrühten Mittagsschläfchen hingelegt hatte. Oder mit einem der Mädchen zugange war, welche die Russen im Alten Bergwerk kennen gelernt hatten. Ach nein, das waren ja Sergej und Alexej gewesen. Oder nicht? Dieser Teil des Abends gehörte zu den Bereichen, die nur noch nebelhaft in ihrem Gedächtnis vorhanden waren.
»Wie schön, dass ich Sie gleich hier treffe«, rief sie erleichtert aus.
Dmitri zog die Brauen hoch, und sofort hatte Samanthadie Schreckensvision, dass er sie nicht wiedererkannte. Doch dann lächelte er sie an und begrüßte sie freundlich.
»Ich war nur rein zufällig in der Gegend, und da dachte ich, dass ich einfach kurz reinschaue, um Ihnen die Mappe vorbeizubringen.« Samantha improvisierte munter drauflos. »Ich wollte die Unterlagen eigentlich an der Rezeption hinterlassen, aber da Sie nun schon mal hier sind …«
»Ich habe keine Zeit«, sagte Dmitri bedauernd. »Ich habe noch einen Termin am … Wie heißt es gleich? Friesenplatz?«
»Friedensplatz?«, fragte Samantha verschreckt. Am Friedensplatz hatte Breumüller seine Geschäfts- und Ausstellungsräume!
»Richtig«, sagte Dmitri.
Samantha hätte ihn am liebsten beim Kragen gepackt und geschüttelt. Stattdessen sagte sie mit ihrem lieblichsten Lächeln: »Ich halte Sie nicht auf. Nehmen Sie einfach nur die Mappe, und blättern Sie alles in Ruhe durch. Sicher werden Sie mein Konzept sehr interessant finden.«
Er zog abermals die Brauen hoch. »Gerade hat mich ein Mann angerufen. Von Ihrer Firma. Er hat gesagt, dass er der Juniorchef ist.«
»Hat er das?«, rief Samantha erbost. Sofort besann sie sich und strahlte ihn an. »Er ist nur ein entfernter Verwandter. Ich bin viel besser in den Fall eingearbeitet als er.«
»Ich rufe Sie an. Später.«
»Bitte sehr, die Unterlagen!« Samantha hielt ihm die Mappe mit ihren Vorschlägen und Berechnungen hin. Dabei hatte sie allerdings nicht einkalkuliert, dass er sich schon wieder in Bewegung gesetzt hatte. Sie stieß ungeschicktgegen seinen Ellbogen und ließ den Ordner fallen. Prospekte, Tabellen, Preislisten und Produktbeschreibungen segelten wild durcheinander und bedeckten mindestens fünf Quadratmeter Fußboden in der Hotelhalle.
»Du lieber Himmel«, sagte Samantha. Sie und Dmitri bückten sich gleichzeitig, um die Blätter aufzusammeln – und prallten prompt mit den Köpfen zusammen.
Hochrot und mit brummendem Schädel richtete Samantha sich wieder auf. »Entschuldigung!« Sie rieb sich die Stirn und schaute betreten zu, wie Dmitri stöhnend die Hand auf sein linkes Auge presste. Anscheinend war er weniger glimpflich davon gekommen.
»Das tut mir Leid!«, rief sie bestürzt. »Soll ich … Vielleicht ein wenig Eis …«
Dmitri war sichtlich entnervt. Samantha hatte den deutlichen Eindruck, dass er alles andere als erbaut
Weitere Kostenlose Bücher