Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
»Er ist an der Prostata operiert worden. Hör ihn dir an! Ich frage mich, wozu ich all die Jahre die teure private Zusatzversicherung bezahlt habe, wenn ich mir dieses Schnarchen anhören muss!«
»Wie fühlst du dich?«, fragte Samantha.
»Hervorragend.«
»Das freut mich. Hast du hier alles, was du brauchst?«
»Unten in der Halle gibt es einen Kiosk«, sagte Herbert. »Kannst du mir da was besorgen?«
»Klar. Was denn?«
»Ein Päckchen Zigarillos.«
»Ich glaube nicht, dass man hier rauchen darf«, sagte Samantha.
»Unfug. Hier auf der Station paffen sie alle.«
»Ich habe kein Raucherzimmer gesehen. Und ich bin ziemlich sicher, dass es auch keins gibt.«
»Dann schnüffle mal, wenn du nachher zum Aufzug zurückgehst«, empfahl Herbert ihr.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier geraucht wird. Wo denn auch?«
»Auf dem Klo«, sagte Herbert. »Willi tut es auch. Aber er raucht diese ekelhaften nikotinarmen Weiberzigaretten.Da kommt es mir hoch, wenn ich die nur sehe. Ich brauche Dannemann.«
»Das ist sicher nicht gut für deine Werte«, meinte Samantha. »Du hattest letzte Woche einen Herzinfarkt.«
»Ich kriege noch diese Woche einen Bypass. Der Arzt meinte, dann wäre ich quasi wieder zehn Jahre jünger.«
Samantha ließ sich auf den Besucherstuhl fallen. »Ich muss mit dir über Georg reden. Es kommt mir so vor, als wüsste er über unsere Abmachung Bescheid. Er hat schon versucht, sich bei den Russen einzuschleimen.«
Herbert schaute zerknirscht drein. »Das ist meine Schuld. Ich habe es deiner Mutter erzählt. Die hat es wahrscheinlich Elfriede gesagt.«
Samantha dachte nach. Zuzutrauen wäre es ihrer Mutter. Ihr war alles Mögliche zuzutrauen. Sie arbeitete mit ihrer ganzen Kraft darauf hin, dass Samantha das tat, wovon sie glaubte, dass es das allein selig Machende im Leben einer Frau sei: heiraten und Kinder kriegen. Möglichst in dieser Reihenfolge. Es durfte aber auch ruhig die umgekehrte sein. Hauptsache, es passierte endlich. Und zwar möglichst bald.
Samanthas Karrierebestrebungen waren ihrer Mutter ein Dorn im Auge. Sie fand, dass Hans mehr als genug Geld hatte, und dass es für eine Frau bessere Dinge gab, als sich das Leben mit einem Beruf zu versauen.
»Was wird denn dann jetzt?«, wollte Samantha von ihrem Onkel wissen. »Ich meine, wegen Georg.«
Herbert zuckte die Schultern. »Mach es wie beim Golf: Betrachte es als Handicap.«
Samantha fühlte sich wie auf hoher See. Ohne Schiff, wohlgemerkt. Wenn es ja nur Georg gewesen wäre – das könnte sie mit ein bisschen Geschick schon hinbiegen. Aber dieses Treffen am Samstag … das war sozusagender Hammer. Wie sollte sie das nur auf die Reihe bringen?
»Was ist mit meinen Zigarillos?«, wollte Herbert wissen.
Samantha stand auf. Sie hatte noch viel zu erledigen.
»Was ich schon immer wissen wollte – diese Geschichte mit Mama und Tante Elfriede und den polnischen Zuhältern …«
»Na gut, dann eben keine Zigarillos«, knurrte Herbert.
»Wiedersehen.« Samantha verkniff sich ein Grinsen und ging zur Tür. Bei manchen Fragen war es ganz nützlich, sie offen zu lassen, denn dann konnte man sie in den passenden Momenten immer wieder stellen.
*
Iris wohnte im vierten Stock eines Mietshauses ohne Aufzug. Sie war eine gestresst wirkende Frau Ende zwanzig mit schlecht gefärbten roten Haaren und tiefen Ringen unter den Augen. Als sie Eddie die Tür öffnete, brüllte sie: »Wenn du ihr noch mal was von der Knete in den Mund steckst, zähle ich bis drei!«
Eddie prallte zurück. »Hallo«, sagte er.
»Eins«, schrie Iris über die Schulter. »Zwei …«
Sie sah ganz anders aus als in Eddies Erinnerung. Möglicherweise lag es daran, dass er sie seit ungefähr fünfzehn Jahren nicht gesehen hatte. Damals war sie mit seiner Schwester zur Schule gegangen. Später hatten sie und Diana sich aus den Augen verloren und erst wieder Kontakt aufgenommen, als sie erfuhren, dass sie beide Kinder im selben Alter hatten und die dazugehörigen Väter verschwunden waren. Was Iris betraf, so hatte sich der Vater ihres Sohnes auf Nimmerwiedersehen nach Australien verdrückt. In ihrem Kummer hatte Iris etwas miteinem pakistanischen Studenten angefangen und sich von ihm trösten und gleichzeitig schwängern lassen, woraufhin er unverzüglich und ebenfalls auf Nimmerwiedersehen nach Pakistan verschwunden war. Jetzt hatte Iris zwei Kinder, einen Sohn von zwei Jahren und eine Tochter von sechs Monaten.
Diana hatte vorhin von unterwegs
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