Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
gewöhnlich ein sicheres Zeichen, dass er amouröse Absichten hegte. Samantha versteifte sich, als er sich unter der Decke an sie kuschelte.
»Das Essen war ausgezeichnet«, sagte sie, weil ihr gerade nichts Besseres einfiel. »Besonders der rote Pfeffer in Kombination mit dem Dill. Sehr ausgefallen und pikant. Wo hast du das Rezept her?«
»Aus dem Internet.« Hans schmiegte sich eng an ihren Rücken und umfasste ihre Brust. »Mhm, was haben wir denn da? Na so was, da ist ja noch eine! Du liebe Zeit, es kommt mir so vor, als wäre es Monate her!«
Es war Monate her.
»Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen. Und morgen muss ich schon um halb sieben raus.«
Hans ließ ihre Brüste los. »So früh? Warum denn?«
»Ich muss auf eine Baustelle.«
»Schade. Aber du hast Recht, es war ein langer Tag für dich. Na, dann halt ein andermal.«
Samantha entschlüpfte ein erleichterter Seufzer. Glücklicherweise schien Hans nicht besonders enttäuscht zu sein. »Wenn du wieder so ein wichtiges Geschäftsdinner hast, gehe ich auf jeden Fall mit«, versicherte er. »Du musst das nicht noch einmal alleine durchstehen.«
»Das ist lieb von dir.«
Samantha war davon überzeugt, dass ihr schlechtes Gewissen sie noch stundenlang wachhalten würde, doch schon nach einer Minute wurde sie vom Schlaf übermannt.
*
Als sie am nächsten Morgen zu der Baustelle fuhr, goss es wie aus Kübeln. Über Nacht hatte sich das Sommerwetter verflüchtigt und dicken Regenwolken Platz gemacht. Die Temperaturen waren auf einen Schlag um mehr als fünfzehn Grad gesunken, und Samantha fand, dass ihr Gefühlsleben eine perfekte Kongruenz mit dem derzeit aktiven atlantischen Tiefausläufer aufwies. Mit anderen Worten: Sie war exakt so mies drauf wie das Wetter.
Das Haus, in dem sie heute zu tun hatte, war fast fertig. Das Dach war gedeckt, es war innen und außen verputzt, die Fenster waren eingebaut, der Estrich aufgebracht, die Elektroinstallationen fix und fertig. Es war ein sechsstöckiges Apartmenthaus mit zehn Wohneinheiten, und den Auftrag zum Einbau der Bäder und Toiletten hatte Bruckner-Bad über Georg bekommen. Das Corelli-Projekt war eine ziemlich teure Angelegenheit ; konzipiert war es als Abschreibungsobjekt eines Konsortiums deutscher und italienischer Investoren, die immer noch dem Irrglauben anhingen, dass man mit Immobilien Geld verdienen konnte. Samantha hatte da so ihre Zweifel. Es konnte gut sein, dass dem Bauträger die Luft ausging, bevor genug Einheiten verkauft waren. Kein Mensch legte sich heutzutage noch eine Luxuseigentumswohnung zu.
Davon abgesehen war sie der Meinung, dass das Angebot, mit dem Georg an der Ausschreibung teilgenommen hatte, im Grunde ruinös war, doch Georg hatte Onkel Herbert eine Aufstellung über Material und Arbeitsstunden vorgelegt und dabei behauptet, er hätte mehrmals alles durchkalkuliert, und die Gewinnspanne sei im grünen Bereich. Samantha hatte sich der Entscheidung ihres Onkels gefügt und mit einer gewissen Schadenfreude darauf gewartet, dass Georg mit seinem tollen neuen Auftrag auf die Nase fallen würde. Nun sah es so aus, als wäre sieselbst diejenige, die den ganzen Ärger am Hals hatte. Und dabei war völlig klar, dass alle Welt hinterher ihr allein die Schuld geben würde, wenn Bruckner-Bad beim Corelli-Auftrag drauflegen musste. Georg musste dazu lediglich behaupten, dass alles glatt gegangen wäre, wenn er sich selbst darum hätte kümmern können.
Heute sollten die Fliesenleger mit der Arbeit anfangen, und gleich an diesem ersten Tag deutete alles darauf hin, dass dieser Auftrag für die Firma ein Minusgeschäft werden würde. Bruckner-Bad bediente sich für gewöhnlich bei Aufträgen dieser Größenordnung diverser Subunternehmer. Das war völlig normal, denn um so viele Bäder innerhalb einer Woche einzubauen, waren dutzende von Handwerkern nötig. Gebraucht wurden Spediteure, Maurer, Elektriker, Fliesenleger und Installateure, manchmal sogar Schreiner und Maler. Die Sanitärfachleute kamen dabei meist von Bruckner-Bad, sodass es nicht allzu negativ ins Gewicht fiel, wenn sie umständehalber mal für ein paar Stunden nicht ausgelastet waren. Was die anderen betraf, so war es schlichtweg eine Katastrophe, wenn sie wegen fehlenden Materials oder mangelhafter Vorinstallationen untätig herumsaßen. Jede einzelne Stunde, die auf diese Weise verging, kostete Bruckner-Bad ein Heidengeld. Samantha brauchte nur auf die Uhr zu sehen, um den rapiden Schwund der angeblichen
Weitere Kostenlose Bücher