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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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könnten sie unbeschwert ihre Kindheit genießen.
    Für die palästinensischen Kinder in den besetzten Gebieten ist ein unbeschwerter Alltag nicht möglich, in vielen Orten schon seit Jahren nicht mehr. Ich selbst habe die Auswirkungen der Ausgangssperre gespürt. Als ich mit der ZFD-Delegation zu einem Treffen mit einer
Friedensorganisation
in Bethlehem wollte, hatten wir Mühe, ein Taxi zu finden, weil es während der Ausgangssperre verboten war zu fahren. Die Stadt machte den Eindruck einer Geisterstadt, die Straßen menschenleer, alle Jalousien der Läden waren heruntergelassen, niemand hinter den Fenstern zu erblicken. Doch wir wussten, dass hier etwa 30 000 Menschen in ihren Wohnungen eingesperrt waren. Selbst ein Blick aus dem Fenster wäre zu gefährlich gewesen. Darüber berichten auch Mahmood und Maryam.
    Das Schlimmste an der Besatzung jedoch, sagen viele Palästinenser, sei die Willkür und die Erniedrigung, die sie erleiden müssten. Ich habe selbst gesehen, wie an einem Checkpoint ein Krankenwagen lange in der Gluthitze stehen |154| musste, während die Soldaten zusammenstanden, rauchten und lachten. Auch Nora beschwert sich im Interview über die allmorgendlichen Schikanen im Schulbus mit behinderten Kindern, die trotz Sondererlaubnis jeden Morgen ausgefragt werden. Mona steht jeden Morgen auf dem Schulweg in der Schlange, bis ihr die Füße weh tun. Besonders schlimm ist es, dass es keine Toiletten für Frauen gibt.
    Bei unseren Seminaren gibt es einen kulturellen Abend, bei dem sich häufig die Gruppen Szenen aus ihrem Alltag zu Hause vorspielen. Die Palästinenser stellen oftmals dar, wie sie an den Checkpoints warten müssen und dazu noch verspottet und erniedrigt werden. Die israelischen Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind meist schockiert, wenn sie solche Szenen sehen oder Geschichten hören. Das hätten sie nicht gewusst, meinen viele empört.
    Die palästinensischen Jugendlichen können sich nicht vorstellen, dass solche Szenen tatsächlich der Wahrnehmnung vieler israelischer Jugendlicher entgehen können. Doch in deren Erziehung werden israelische Soldaten stets als Vorbild und Ideal dargestellt. Nach dem öffentlichen Bild sind sie edle Beschützer und mutige Kämpfer für die Gemeinschaft, die niemals Unrecht tun. Dieses Idealbild mit der Wirklichkeit von Brutaliät und Willkür
zusammenzubringen, ist für israelische Jugendliche oft einfach nicht vorstellbar.
    Ein junger israelischer Soldat hat einmal gestanden, dass er mitgemacht habe bei der sadistischen Quälerei eines Palästinensers. Dabei habe er sich nichts weiter gedacht, die Kameraden hätten ihren Spaß gehabt! Erst jetzt in der Begegnung |155| nehme er die »Anderen« als Menschen mit Würde wahr und nicht mehr als Terroristen und Ungeheuer.
     
    D ie meisten der jungen Israelis bei unseren Seminaren sprechen fließend Englisch, viele auch Französisch oder Spanisch, sie sind weit gereist, studieren zum Teil in anderen Ländern, sind insgesamt also sehr weltgewandt und kosmopolitisch. Die palästinensischen TeilnehmerInnen haben zwar meist, wie die israelischen, in aller Welt Verwandte, doch können sie von Auslandsreisen in der Regel nur träumen – schließlich sind oft nicht einmal Reisen in die nächste Stadt möglich. Auch an Orten und zu Zeiten ohne Ausgangssperre ist die Bewegungsfreiheit der
palästinensischen
Bevölkerung stark eingeschränkt. Nach Israel dürfen sie überhaupt nicht. Seitdem die israelische Armee den kurz zuvor mithilfe europäischer Gelder gebauten Flughafen von Ramallah bombardierte, können sie das Land nur noch über Jordanien verlassen.
    Bei all den geschilderten Schwierigkeiten kann man sich vorstellen, wie viele unserer jungen Gäste aus Palästina versucht haben, die Checkpoints zu umgehen und mit großen Umwegen auf Trampelpfaden durch die Berge oder die Wüste nach Jericho zu gelangen. Das kann gefährlich werden, auch wenn die meisten verschlungene Wege kennen, die für Militärfahrzeuge kaum befahrbar sind. Einige ließen sich auf Mopeds bringen, einer hatte die Papiere eines Cousins, der israelischer Staatsbürger ist, ein anderer versteckte sich unter Obst und Gemüse auf einem Lieferwagen. Trotz des großen Risikos wagten sie es, um in |156| Deutschland Gleichaltrige zu treffen, die sie selbst oder ihr Umfeld als Feinde betrachteten.
     
    D eborah Ellis konnte wegen der Ausgangssperre ihre Gespräche mit den palästinensischen Jugendlichen nur in Ostjerusalem, Ramallah und Bethlehem

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