Wenn ich einen Wunsch frei haette
führen. Das sind Städte, die im Vergleich zu anderen Orten in den besetzten Gebieten, wie etwa Nablus, Jenin, Tulkarem oder Qalqilia, nicht so häufig von der israelischen Armee heimgesucht werden, weil sie aus jeweils anderen Gründen am ehesten im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit stehen. In fast jeder Beziehung am Schlimmsten sind die Zustände im Gazastreifen. Deborah Ellis konnte keine Kinder von dort interviewen, und auch in unseren Ferienseminaren sind nur ganz selten Teilnehmer aus Gaza, denn es ist fast unmöglich, dieses Gebiet zu betreten oder zu verlassen.
Mit der ZFD-Delegation durfte ich im Januar 2003 auch nach Gaza, womit keiner von uns gerechnet hatte. Wir waren die Einzigen am Grenzübergang, dennoch dauerten die Kontrollen stundenlang. Am Vortag hatten
Hamas-Mitglieder
mit selbst gebauten Raketen auf israelisches Gebiet geschossen, und zur Vergeltung waren alle Brücken rund um die Stadt Gaza bombardiert worden, sodass keine Verbindung mehr zu den südlichen und nördlichen Teilen des Gazastreifens bestand.
Wir besuchten unter anderem ein psychotherapeutisches
Beratungszentrum. Die Ärzte klagten über die Zunahme von Erkrankungen bei Kindern, die nicht genug zu essen hätten, wochenlang wegen des nächtlichen Lärms der Hubschrauber |157| nicht schlafen könnten, oder die ständig Angst vor Bombardierungen hätten. Auch die Eltern stünden ständig unter Stress, Frauen und Kinder seien der steigenden häuslichen Gewalt der Männer ausgesetzt.
Die meisten palästinensischen Jugendlichen haben Freunde oder Verwandte, die in israelischen Gefängnissen sitzen. Ein Teilnehmer unserer Seminare war dreimal im Gefängnis, das erste Mal als Kind, weil er Steine auf ein israelisches Armeefahrzeug geworfen hat; das zweite Mal, weil bei einer Hausdurchsuchung eine Pistole gefunden wurde, worauf vier Männer seiner Familie inhaftiert worden seien; für das dritte Mal konnte er selbst keine Erklärung finden. Er habe auf der Straße eine Ansammlung von Menschen gesehen und sich neugierig dazugestellt. Die Soldaten hätten ihn herausgegriffen und mitgenommen. Er vermutete, weil er sehr groß ist und aus der Menge herausragte. Zwei Jahre habe er gesessen, ohne jemals zu erfahren warum.
Wenn die israelischen TeilnehmerInnen der Seminare so etwas hören, verteidigen einige ihre Regierung: »Es wird schon Gründe geben, das sind ja nicht alles Unschuldslämmer!« Das bringt die Palästinenser natürlich in Rage: »Ihr behauptet, eine Demokratie und ein Rechtsstaat zu sein. Tausende Palästinenser sitzen in israelischen Gefängnissen, ohne konkreten Tatvorwurf, ohne Anklage, ohne Verurteilung. Menschenrechte gelten nur für Euch, wir sind völlig rechtlos, schlimmer als Sklaven, eingesperrt wie Tiere!«
Andere junge Israelis reagieren einerseits schuldbewusst, andererseits abwehrend: »Wir sind gegen die Besatzung und gegen unsere Regierung. Wir kommen gegen den Willen |158| unserer Familien hierher, um Euch zu treffen und zu helfen. Jetzt hören wir nur Vorwürfe von Euch. Das alles ist schlimm, aber wir sind dafür nicht verantwortlich.«
Jüdische Siedlungen auf palästinensischem Land
E inen Teil der im Sechs-Tage-Krieg eroberten Gebiete hat Israel später an Ägypten und Syrien zurückgegeben. Im Westjordanland begann Israel dagegen bald mit dem Bau von jüdischen Siedlungen. Vorzugsweise auf Hügeln konnten in den folgenden Jahren Einheimische und Einwanderer luxuriöse Häuser zu günstigen Bedingungen bewohnen. Trotz wiederholter Aufforderungen zum Rückzug durch UN-Resolutionen baute Israel die Siedlungen weiter aus. Die meisten palästinensischen Familien und Dörfer waren mit der Beschlagnahme ihres Landes durch die neuen Nachbarn durchaus nicht einverstanden und attackierten diese. Deshalb müssen die Siedlungen aufwändig durch das Militär geschützt werden. Was zunächst wie ein willkürlicher Flickenteppich erschien, hat sich inzwischen zu
Siedlungsregionen
mit jeweils eigener Infrastruktur verdichtet
Die meisten Siedlungshäuser sind von blühenden Gärten umgeben, viele haben einen Swimmingpool – der Wasserbedarf ist hoch. Die Bohrung der notwendigen Brunnen gräbt den benachbarten palästinensischen Bauern sprichwörtlich das Wasser für ihre Felder ab. Ein Siedler braucht siebenmal so viel Wasser wie ein Palästinenser, obwohl diese meist Land bewirtschaften und Nutztiere halten. Eine Untersuchung der israelischen Friedensorganisation »Peace |159| Now« aus dem Jahr 2006 über
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