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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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dennoch fuhren, der Kontakt von Verwandten und Freunden abgebrochen wurde. Auch im letzten Sommer berichtete ein junger Mann, dass keiner zu Hause wissen dürfe, wo er sei.
    Für die Jugendlichen von der Westbank ist eine Teilnahme noch riskanter, besonders für diejenigen, die aus Städten mit vielen militanten Gruppen kommen wie Nablus, Jenin oder Tulkarem. Das Misstrauen bei ihnen besteht |165| auch in Bezug auf andere palästinensische Gruppen. Diese wollten auf keinen Fall aufeinandertreffen. Für uns bedeutete das einen höheren Organisationsaufwand. Ich konnte zunächst nicht verstehen, warum eine Gruppe aus Palästina solche Angst vor ihren »palästinensischen Brüdern« zu haben schien, die doch das gleiche Risiko eingegangen waren wie sie selbst. Als ich später über die öffentliche Hinrichtung eines »Kollaborateurs« las, der Kontakte zu Israelis gehabt haben sollte, wurde mir allmählich klar, wie gefährlich diese Begegnungen für Einzelne werden können.
     
    Nachdem die TeilnehmerInnen vor Ort ausgewählt worden sind, müssen viele der Palästinenser einen Pass beantragen, denn sie waren noch nie im Ausland.
    Die ersten informellen Begegnungen finden oft nach Mitternacht in der Tagungsstätte statt, meist mit verlegenen Gesten der Höflichkeit. Nach der Begrüßung durch die Koordinatoren aus Israel, Palästina und Deutschland werden am nächsten Morgen die gemischten Untergruppen (etwa fünf TeilnehmerInnen von jeder Seite) eingeteilt, wie sie die nächsten zwei Wochen zusammenarbeiten sollen.
    Dann beginnt das »warming up«. Je nach Teilnehmerzahl der Großgruppe gibt es drei bis sechs »Stationen«, wo deutsche TrainerInnen, Schauspieler, Gaukler oder
Körpertherapeuten
jeweils andere Angebote zur Entspannung, Auflockerung, Vertrauensbildung und zum gemeinsamen Spaß anbieten.
    Die Gruppenleiter haben ihr Seminar in Israel beziehungsweise Palästina mehr oder weniger gründlich vorbereitet |166| . Wir als deutsche Gastgeber bieten also nur den Rahmen der Begegnungen, die inhaltliche Gestaltung überlassen wir ganz den örtlichen Partnerorganisationen. Bei den Teambesprechungen während der Freizeiten sind wir dann aber dabei und kommentieren bei Bedarf den Verlauf. Unsere Aufgabe sehen wir nicht in der Intervention, sondern bei der Organisation des Rahmens und vor allem bei der »teilnehmenden Beobachtung« und Dokumentation der Prozesse. An freien Tagen werden Ausflüge zu den
unterschiedlichsten
Zielen organisert. Oft ist schon allein die Fahrt in der Straßenbahn oder S-Bahn für beide Seiten aufregend: Eine Stunde ohne Kontrollen beziehungsweise ohne Angst in öffentlichen Verkehrsmitteln zu sitzen – das gibt es weder in Israel noch in Palästina. Wir bieten dann Stadtbesichtigungen oder den Besuch einer Ausstellung an, manchmal auch ein gemeinsames Picknick.
    Insbesondere für die palästinensischen Gäste, die zum ersten Mal für zwei Wochen der Westbank entfliehen, ist der glitzernde Glaskasten eines Kaufhauses in Köln etwa so attraktiv wie für uns der orientalische Markt in der Altstadt von Jerusalem. In der Vergangenheit brachten manche lange Einkaufslisten mit, mit Besorgungen für Verwandte oder das ganze Dorf. Inzwischen ist das Geld dort bei fast allen Menschen so knapp geworden, dass sie sich Kosmetika oder Elektronik nicht mehr leisten können – selbst wenn diese in Europa billiger sind als zu Hause.
    Die jungen Leute aus Israel sind dagegen hier nicht besonders an Konsumgütern interessiert. Einige von ihnen suchen mit speziellen Szene-Reiseführern Geschäfte für koschere |167| Lebensmittel oder für Veganer, Discos für Homosexuelle oder Kunstausstellungen.
    In den letzten Jahren führte ein Tagesausflug auch ins Ausland (Amsterdam, Brüssel oder Straßburg). Besonders für die palästinensische Gruppe war es ein einmaliges
Befreiungserlebnis, eine Grenze zu überqueren, die es nicht mehr gibt. Sie staunten darüber, dass man Grenzen aufheben kann statt neue Mauern zu bauen.
     
    Z u Anfang der Treffen ist jede palästinensische Gruppe beseelt von ihrer Mission, den Israelis die Leiden ihres Volkes nahe zu bringen. Die Jugendlichen treten zunächst als geschlossene Gruppe auf, tragen alle das Palästinensertuch (die Kufiya), schildern ihre Lebensumstände und Erniedrigungen und gehen abends als geschlossene Gruppe aus. Sie klagen die Israelis unterschiedslos an, Teil der
Kriegsmaschinerie
zu sein. In der Defensive verteidigen dann vor allem die jüngeren Israelis

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