Wenn Kinder um sich schlagen
werden, Entscheidungen im gemeinsamen Einvernehmen zu fällen. Wenn nötig, können diese Entscheidungen erst nach langen und reiflichen Diskussionen gefällt werden. Eine solche gemeinsame Entscheidung
ist viel besser als ein einfaches »demokratisches« Abstimmen und Ãberstimmen, welches sich jedoch nicht immer vermeiden lässt. Daher ist es sehr wichtig, dass solche gemeinsamen, produktiven Gespräche zum richtigen Zeitpunkt stattfinden, nämlich dann, wenn alle Beteiligten relativ »gut drauf« sind und auch die Zeit haben, sich auf ein solches Gespräch einzulassen.
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Ein neunjähriger Junge lebt mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in beengten Wohnverhältnissen. Beide Erwachsenen sind berufstätig, gehen schon frühmorgens aus dem Haus. Mittags essen der Junge und die Mutter gemeinsam, der Stiefvater kommt erst abends nach Hause. Die Familienstimmung ist belastet, beide Erwachsenen sind oft gereizt und unausgeglichen. Nach dem Mittagessen muss der Junge seine Hausaufgaben machen und geht dann auf die StraÃe, um mit seinen Freunden zu spielen. Die Mutter weià nicht genau, welche Kontakte er hat, und macht sich Sorgen. Um mehr Kontrolle über ihren Sohn zu haben, bestimmt sie, dass er immer um 18 Uhr nach Hause kommen muss. Maulend nimmt der Junge diese Entscheidung zur Kenntnis. Er kommt aber nie pünktlich nach Hause, meist erst um 19 oder 20 Uhr. Die Mutter ist jedes Mal zornig und stellt den Jungen wütend zur Rede. Er behauptet jedes Mal, er hätte vergessen, rechtzeitig nach Hause zu kommen. Die Mutter verhängt daraufhin Strafen, wie Fernsehverbot, Stubenarrest und Ãhnliches, Strafen, die den Jungen ärgerlich machen und die meistens nicht eingehalten wurden. Die Mutter ist verzweifelt.
In einer Erziehungsberatung wird die Familie mit dem Konzept einer Familienkonferenz bzw. eines Familienrats bekanntgemacht. Es wird klar, dass der Junge immer das Gefühl hat, in der Gruppe Wichtiges zu verpassen, wenn er so früh nach Hause kommen muss. AuÃerdem lernen die Eltern mit der Zeit verstehen, dass die schlechte Familienstimmung, das
ständige »Meckern« und Schimpfen, den Jungen zusätzlich regelrecht aus dem Haus treibt. Die Eltern lernen, dass der Junge nicht »böse« ist und sie ärgern will, sondern dass er aus mehreren Nöten heraus immer wieder vermeidet, früh nach Hause zu kommen.
Es werden für alle akzeptable Regelungen verabredet. Nach dem gemeinsamen Mittagessen treffen sich Mutter und Sohn nun täglich zu einer kurzen »Zuwendungszeit«, in der Platz für ein offenes, wertungsfreies Gespräch ist. Auch Wärme und körperliche Nähe können sich zwischen Mutter und Sohn wieder entwickeln. Die Stimmung wird bei beiden besser. Der Junge hat es nicht mehr nötig, Notlügen wie »Ich habe vergessen, pünktlich zu kommen« zu benutzen. Er fühlt sich von seiner Mutter viel besser verstanden. Seine Mutter gewinnt ihrerseits wieder Vertrauen in ihren Sohn und kann ihn ein Stück weit besser loslassen, ihm mehr Freiraum gewähren, gleichzeitig jedoch über seine Freizeitaktivitäten und über seine Freunde informiert bleiben.
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Mit dem Ãbergang in die Grundschule ändert sich für das Kind und seine Familie viel. Verschiedene Verhaltensmuster werden von den Kindern erwartet, wie ruhig sitzen, aufmerksam zuhören, sich an Gruppenregeln und Gesprächsregeln halten, eine gewisse Zeit konzentriert eine Aufgabe verfolgen, Lust am Lernen haben usw. Viele Kinder verfügen über diese Fertigkeiten mit dem Eintritt in die Schule, aber längst nicht alle. Der Unterschied im Entwicklungsstand bei Erstklässlern beträgt mitunter mehrere Jahre, manche wirken noch wie Vierjährige, andere wirken schon deutlich reifer - wie Sieben-oder Achtjährige. Die Ursachen für eine beeinträchtigte Entwicklung sind sehr unterschiedlich: Probleme im Elternhaus (wenig sprachlicher Austausch, wenig Förderung, wenig Interesse an Schule und Bildung durch die Eltern etc.), zu kurzer oder gar kein Kindergartenbesuch, angeborene Handicaps
(Wahrnehmungsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Intelligenzmangel etc.), Veranlagung und auch das Geschlecht spielen hier eine Rolle. Mädchen sind oft besser in der Lage, den oben genannten schulischen Anforderungen zu genügen.
Die heutigen Schulen sind im Umbruch , neue
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