Wenn Kinder um sich schlagen
organisatorische Konzepte (Klassenstufen werden zusammengelegt, alle Kinder, auch die Kinder mit Behinderungen, werden in einem Grundschulklassenverband unterrichtet etc.) und pädagogische Konzepte (weniger Frontalunterricht, mehr individuelles Lernen, mehr Gruppenarbeit etc.) werden eingeführt. Ganztagsbetreuungen auch im Rahmen der Schule werden zunehmend entwickelt. Ob all diese Neuerungen wirklich Verbesserungen sind, sei dahingestellt.
Im Rahmen der nur mittelmäÃigen Ergebnisse der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler bei den verschiedenen PISA-Studien wurde ein schulpolitischer Handlungsbedarf gesehen und wurden mitunter vorschnelle Reformentscheidungen getätigt. Dabei gibt es bis jetzt keine Beziehung zwischen den Testleistungen und dem wirtschaftlichen Entwicklungsstand eines Landes. In diesen Zusammenhängen wurde bisweilen übersehen, dass in anderen internationalen Untersuchungen zur vergleichenden Erhebung der Leseleistungen im Grundschulalter (IGLU: Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) die Ergebnisse in Deutschland in den oberen Rängen positioniert waren. Somit scheinen die pädagogischen Konzepte in den Grundschulen und die begleitenden Lernbedingungen auch schon in der jüngeren Vergangenheit gut gewesen zu sein. Natürlich ist es bei der Vielzahl von Einflussfaktoren auf das Lernen von Kindern nicht leicht, auch in wissenschaftlichen Untersuchungen herauszufinden, welche schulischen Konzepte sinnvoll sind. Trotzdem gibt es Erkenntnisse in der Schul- und Lernforschung, die Folgendes nahelegen:
⢠Gerade lernschwache Schüler profitieren von klaren Lernanweisungen, direkten Instruktionen , während unstrukturierte, entdeckende Lerntechniken bei diesen Kindern nicht so hilfreich sind. Effektiv lernt man, indem man Fehler vermeidet. Denn auch Fehler kann man einüben. Jeder Lerndurchgang ist bedeutsam, gerade bei Kindern, die vieles schneller lernen, mitunter auch Fehler. Daher lohnt es sich, Fehler (vor allem in nicht diskutierbaren Grundfertigkeiten wie richtigem Schreiben und Rechnen) sofort zu erkennen und den Kindern dabei zu helfen, diese nicht noch einmal zu machen. So verhindert man, dass gelernte Fehler wieder mühsam verlernt werden müssen.
⢠Auch tutorielles Lernen (Schüler mit Lernvorsprüngen kümmern sich um andere Kinder) hat für Kinder mit Lernproblemen Vorteile. Aber Achtung: Gerade Schüler mit Konzentrationsproblemen oder Aufmerksamkeitsstörungen brauchen eine ruhige, strukturierte Lernatmosphäre. Viele Erwachsene wären nicht in der Lage, sich in der Grundunruhe vieler heutiger Schulklassen zu konzentrieren.
⢠Frontalunterricht scheint bezüglich der Stoffvermittlung effektiver, Gruppendiskussion schult eher das Denkvermögen und fördert die Motivation, offenere Lernformen fördern wiederum die soziale Entwicklung.
⢠Kleine Klassen (ca. 15 Kinder) in Verbindung mit neueren pädagogischen Konzepten führen in den ersten vier Schuljahren zu besseren Leistungen in Lesen und Mathematik und zu weniger Disziplinschwierigkeiten. Lernen gelingt besser in einer nicht belastenden Atmosphäre.
⢠Die Schulform ist möglicherweise gar nicht so bedeutsam, wie in ideologisch gefärbten Kontroversen immer wieder angeführt. Es gibt unterschiedliche Erkenntnisse diesbezüglich. So schneiden leistungsschwache Schüler auf Gesamtschulen in standardisierten Leistungstests besser ab.
Das Selbstwertgefühl leistungsschwächerer Schüler ist auf Gesamtschulen hingegen schlechter. Andererseits gibt es die Erkenntnis, dass Schüler trotz gleicher fachlicher und sozialer Voraussetzungen in der 9. Klasse deutlich bessere Leistungen zeigen, wenn sie ein Gymnasium anstatt einer Real- oder Hauptschule besuchen.
⢠Häusliche Unterstützung und kontinuierliches Arbeiten an schulischen Inhalten auch auÃerhalb der Schule bringt Vorteile. So machen Kinder aus sozioökonomisch besser gestellten Elternhäusern selbst in den langen Sommerferien Lernfortschritte, Kinder aus Elternhäusern mit sozialen Problemen wissen nach den Sommerferien im Durchschnitt weniger als vorher. Nachhilfeförderung führt nach einer Dauer von sechs bis zwölf Monaten im Durchschnitt zu einer Verbesserung um eine Schulnote. Allerdings wird diese Förderung gerade von sozial belasteten Familien nur selten in Anspruch genommen.
⢠Beim Lernen verändern sich die Verbindungen
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