Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
verbalen Austeilen und Einstecken aller Anwesenden nach oben zu verschwinden, machte die Aussicht auf Zweisamkeit nicht gerade leichter. Etwas drängte quasi regelrecht darauf, die Sprache auf ihr einstiges „Gespräch“ und die ungeklärten Begebenheiten zu lenken.Aber möglicherweise war das gut. Nikolaj dachte immerhin nach wie vor, dass sie ihn für ein Monster hielt. Er wusste nach wie vor nichts von Merkas Erpressung. Er glaubte immer noch, dass jedes ihre Worte ernst gemeint war.
Hatte sie das, was sie gerade eben gesagt hatte – dass Jonathan wusste, dass Marah es nicht so meinte –, nur deswegen gesagt, weil es der Wahrheit entsprach und weil sie Marah beruhigen wollte? Oder auch, weil es für Nikolajs Ohren gedacht war? Weil die Worte an ihn gingen? Dafür, dass er es nicht gewusst hatte? Dass sie niemals erst gemeint hätte, was sie zu ihm gesagt hatte?
Oder ging es an gar sie selbst? Enthielten ihre eigenen Worte die Frage, ob sie Nikolaj seine Worte und Taten verzeihen konnte, die auf ihren Verrat gefolgt waren?
***
Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf Luzifers Gesicht, das vom Tanz des Feuers in wabernde Schatten getaucht wurde. Er ballte und öffnete seine Hand im Wechsel und stellte sich dabei vergnügt vor, wie er bei jedem Faustballen Dunkelheit einher brachte. Dunkelheit, die einzig er wieder aufheben konnte – wenn er wollte. Er, der alleinige Herrscher über alle Welten und Dimensionen. Da sollte noch jemand behaupten, der Teufel hätte keine Träume, dachte er mit einem amüsierten Lächeln.
Menschen waren so viel leichter zu beeinflussen, wenn sie Angst hatten, ausgelaugt und emotional aufgewühlt waren. Ein falsches Wort, ein falscher Blick, ein Anlass, sei er auch noch so klein oder unbedeutend und schon konnten sie nicht mehr an sich halten und spien heiße Lava auf ihr Gegenüber, verbreiteten stickige und verpestete Luft in ihrem Umfeld.
Zorn, Misstrauen und Feindseligkeit innerhalb Hekates kleiner und erlesener Truppe von Ausgewählten schadete nicht im Geringsten. Wenn sie sich untereinander entzweiten, dann machten sie Fehler. Und wenn sie Fehler machten, würde es schneller und leichter gehen, sie in die Finger zu bekommen.
Er hatte keinerlei Zweifel daran, dass Merkas sie finden würde.
Er
würde dafür sorgen, dass er sie fand; dass er das Mädchen für ihn aus dem Weg räumte. Sicher, es wäre es schmeichelhaft und Balsam für sein Ego, wäre er derjenige, der das Leben von Hekates „Lichtbringerin“ nahm, doch war er weder einfältig noch dumm oder unbeherrscht. Dass das Mädchen ihm einmal durch die Lappen gegangen war und nun noch Verbündete an ihre Seite bekommen hatte, reichte vollkommen. Er hatte sie unterschätzt, das musste er zugeben, auch, wenn es ihm nicht schmeckte. Doch das würde ihm kein weiteres Mal passieren. Es war höchste Zeit das Problem aus dem Weg zu räumen, ehe es sich zum wirklichen Problem entwickelte.
Auch, wenn die Anwesenheit des Halbsensaten schon für einen kleinen Störfaktor im hexischen Kommunikationssystem – und im Seelenheil des Mädchens – sorgte, ließ er es sich nicht nehmen, noch ein bisschen mehr Rauschen und Frequenzstörungen zu verursachen. Das war wenigstens ein kleines Trostpflaster, das er sich ungeniert und genussvoll gönnen konnte. Wenn er schon nicht derjenige war, der hautnah dabei war, wie das Leben aus den Augen des Mädchens wich und alles Licht zusammen mit ihr erlosch.
***
„ Nick?“
Sein Name, der Kosename, mit dem nur Gwen ihn ansprach, ließ ihn kurz, aber unmerklich, zusammenzucken. Er wandte sich um und traf ihren Blick.
„Ich muss dir etwas sagen.“
„Du musst jetzt schlafen“, wehrte er ab.
„Ich will dir etwas sagen, Nick.“
Er schluckte und spannte sich an. An jedem einzelnen der vergangenen Tage hatte er sich gewünscht, dass sie etwas zu ihm sagen würde – mehr als „hallo“, „ja“ oder „nein“. Dass sie etwas sagen würde, weil sie es wollte – nicht, weil sie es in Anbetracht der Situation „musste“. Weil es darum ging, eine Antwort zu geben oder höfflich zu sein. Doch jetzt, in diesem Augenblick, wollte er nur, dass sie sich hinlegte. Er wollte nicht hören, was sie zu sagen hatte, was sie ihm sagen musste oder wollte. Es konnte nichts Gutes sein. Es konnte nichts sein, dass er ertragen würde.
„Was ich … zu dir gesagt habe, wie ich dich genannt habe, als wir in deiner Wohnung waren …“, begann sie.
„Halt!“ Er hob ruckartig die Hand
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