Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
„Nachdem du deinen Liebsten umgebracht hast, nachdem du dich offiziell und praktisch in meine Angelegenheiten eingemischt hast: Was tust du jetzt? Bittest du mich um Erbarmen? Um Gnade? Für dich? Deine Freunde? Deinen Geliebten?“
Schlagartig ging Bewegung durch Marah, die Starre fiel von ihr ab. Sie riss den kleinen Beutel von ihrem Gürtel, zog eine Handvoll des Inhalts heraus, ehe sie ausholte, ihn in hohem Bogen zu Jonathan warf und hastig einen Kreis aus weißem Pulver um sie herumstreute. Einen Sekundenbruchteil zögerte Jonathan irritiert und verständnislos, dann tat er es Marah nach, griff in den Beutel und zog eine weiße Linie um sich herum.
Luzifer zuckte kurz, wie unter Strom, als wolle er losspringen, wusste aber nicht in welche Richtung oder ob es sich lohnte, es wirklich nötig war. Einen Moment später kam er wieder zur Ruhe, zog eine verächtliche Grimasse und strich sich das schwarze Haar aus dem Gesicht. „Was soll das werden, Hexe? Willst du mich mit funkelndem Feenstaub abwehren?“
Marah stand langsam auf, wobei ihre Füße leicht zitterten. „Nicht mit Feenstaub …“
Luzifer gab ein amüsiertes, spöttisches Lachen von sich und kam, den Blick direkt auf Marah gerichtet, auf sie zu. Keine Spur von Zweifeln oder Besorgnis. Siegessicher. Arrogant.
Sie spürte Nikolajs Körper auf sich, spürte ihr Herz klopfen, fast aus der Brust springen, fühlte die Angst und Dringlichkeit, die tickende Zeit, die ihr davonlief, ihr Nicks Leben mit jeder Sekunde entzog und unwiederbringlich werden ließ.
Luzifer blieb abrupt stehen, den Körper leicht nach hinten gebeugt. Seine Füße stoppten unmittelbar vor der weißen Linie. Nicht einen Zentimeter – Millimeter – darüber.
„Kein Feenstaub“, wiederholte Marah, diesmal mit festerer Stimme. „Salz. Mit einer Prise Magie. Ich mag keine Morgana oder Hermine sein, aber ich bin nicht gänzlich unbrauchbar oder unvorbereitet. Die Basics hab ich allemal drauf. Man kann sie vorbereiten und mit sich tragen. Für den Fall, dass die ursprüngliche Idee nicht funktioniert. Aber Basics sind für dich scheinbar der Aufmerksamkeit nicht Wert.“ Sie lächelte und warf Jonathan ein beruhigendes Nicken zu, das dieser erleichtert und mit der Spur von Stolz erwiderte.
„Und du glaubst tatsächlich, dass du mich damit aufhalten kannst? Länger als einen Wimpernschlag?“ Luzifer hob den Fuß, prallte sichtbar an einem unsichtbaren Widerstand ab und trat zu. Wieder und wieder. Es ging kein Geräusch hervor und doch glaubte sie, dass sie einen dumpfen Schlag in sich hörte.
„Gwen“, wandte sich Marah an sie und tastete nach Nikolajs Hand. „Du musst dich beeilen. Du musst ihn jetzt zurückbringen.“
Sie wusste, dass ihr die Zeit davonlief. Doch sie wusste immer noch nicht, was genau sie tun sollte. Und wenn sie sich geirrt hatte? Wenn sie nicht in der Lage war, ihn zurückzubringen? Ihn wieder lebendig zu machen? Wie hatte sie nur glauben können, dass sie die Macht besaß, jemand Toten wieder ins Leben zu holen? Wie nur?
„Gwen, du kannst das!“, feuerte Marah sie an. „Denk an unsere Übungen. Konzentrier und fokussier dich. Atme tief durch.“
Vorsichtig zog sie das Messer aus Nikolajs Brust, presste ihre Handflächen auf die Wunde, schloss die Augen und versuchte alles Drumherum auszublenden. Luzifer. Die Sensatenwelt. Merkas Männer, die immer noch um sie herum auf und abliefen. Sie versuchte, sich von ihrer Angst zu lösen – der Angst, die von all dem um sie herum erzeugte wurde und der Angst, dass sie Nick bereits für immer verloren hatte. Sie konzentrierte sich auf ihren Atem, ließ ihn den Takt vorgeben, sich von ihm ausbalancieren und auf ihr Herz fokussieren. Dort lag all ihre Liebe für Nick. All die Liebe, die sie für ihre Mutter, die Menschen um sie herum, die Welt empfand. Dort lag all ihr Licht, das sie in sich trug. Wenn sie sie verbinden, das Licht und die Liebe miteinander verschmelzen lassen konnte, dann wurde die Kraft eines jeden potenziert und mächtiger. Die Handflächen auf die Wunde gedrückt, stellte sie sich vor, wie all die Liebe und all das Licht, das sie in sich trug, in ihn übergingen. Wie Wärme und Lebenskraft in seinen Körper strömten, ihn ausfüllten, sein Herz zum Schlagen und seine Lungen zum Atmen brachten. Wie die Wunde sich regenerierte, sich schloss, die Haut und das Fleisch heil wurden. Sie stellte sich vor, wie Nikolaj in seinen Körper zurückkehrte. Wie er mit pochendem Herzen, warmer Haut und sich
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