Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
auf den Versen waren, umschloss Nikolaj ihre Hand noch fester und zog sie abermals schneller hinter sich her.
Marah und Jonathan erreichten den Eingang zuerst. Nachdem Nikolaj und sie über die Schwelle gehetzt waren, schlug Jonathan die Tür zu. „Nach oben! Los!“
Sie hetzten geschlossen die Treppe ins Obergeschoss hinauf und postierten sich vor einem Fenster zum Hof. Gefasst auf alles. Bereit für alles.
„Wir haben eine Alternative“, platzte sie hervor.
Nicks Blick streifte ihr Gesicht. „Ja, die haben wir“, bestätigte er ihre Worte. „Ich kann uns alle von hier wegbringen.“
„Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Witze oder Angebereien.“ Jonathans typischer Sarkasmus – jedoch ohne die typische Feindseligkeit Nikolaj gegenüber.
„Er kann uns alle von hier wegbringen.“ Sie sagte es so klar und deutlich, wie es in Anbetracht ihres stolpernden Atems und Herzens möglich war – und ohne die Spur jeglichen Zweifels.
Jonathan nickte knapp, seine Brust hob und senkte sich wie ein Blasebalg. Dann flogen ihrer aller Blicke wieder nach draußen.
***
„ Sie kommen tatsächlich nicht ins Haus“, sagte Jonathan fasziniert und erleichtert zugleich.
„Genau genommen, treten sie nicht näher als bis zu drei Metern ans Haus heran“, korrigierte Nikolaj in nüchternem Tonfall, behielt seinen wachsamen und angespannten Blick aus dem Fenster jedoch bei.
Marah gab einen deutlich hörbaren Atemzug von sich. „Der Schutz das Haus betreffend scheint zu wirken – nach wie vor. Auch, wenn der Unsichtbarkeitseffekt leider vertan ist.“
Gwen entspannte sich ebenfalls. Zwar hatte ihr bereits das Wissen, dass Nikolaj sie aus der Gefahrenzone bringen konnte, den ersten Schrecken und Schock genommen, doch festzustellen, dass ihre Feinde nicht ins Haus eindringen konnte, entlockte ihr dennoch ein erleichtertes Aufatmen. Das Haus war so etwas wie ein kleiner sicherer Hafen für sie geworden. Sie wollte ihn nur ungern aufgeben oder gegen einen neuen Ort eintauschen. Wobei nicht mal klar war, ob es überhaupt einen weiteren sicheren Hafen gab, den sie ansteuern konnten. Hin und herpendelnd zwischen Glück und Unglück, Erleichterung und Anspannung, fiel ihr schlagartig wieder ein, dass sie ohnehin nicht hierbleiben konnten. Weil sie fort mussten. In die Sensatenwelt. Zum Ursprungsort.
Ob die anderen angesichts des umstellten Hauses „besser“ auf diese Information reagieren würden? Wohl eher nicht. Vom Regen in die Traufe war keine Verbesserung, über die man sich freute. Doch den Schritt von hier nach dort, von ihrer Welt in die Sensatenwelt,
musste
nur sie tun – und Nikolaj. Marah und Jonathan konnten sich dagegen entscheiden. Hatten sie zumindest können. Bevor sie hier festsaßen. Umzingelt von Feinden. Aber Nikolaj konnte beide in Sicherheit bringen, ehe er zusammen mit ihr aufbrach. Er würde sie doch begleiten, oder? Doch, das würde er mit Sicherheit.
„Sie werden nicht verschwinden“, sprach Nikolaj einen Teil ihrer Gedanken aus. „Und wie lange der
Zauber
sie draußen hält, wissen wir nicht.“
„Das ist leider richtig“, bestätigte Marah. „Ich weiß nicht, wie lange der Schutz anhält. Wenn sie irgendein Schlupfloch finden oder einen Weg, den Zauber zu umgehen oder zu durchbrechen …“
„Ich hatte ohnehin nicht vor, mich weiter häuslich einzurichten, während
die
da draußen campieren“, sagte Jonathan mit einem abschätzigen Blick auf den Vorhof.
„Aber wo sollen wir jetzt hin?“
„Ich weiß, wo wir hinmüssen“, sagte sie mit einem Hauch von Unbehagen in der Stimme. Wie erwartet sahen sie alle drei überrascht und erwartungsvoll an. Sie fuhr fort: „Ich habe mit Hekate gesprochen – als ich geschlafen habe. Ich weiß nun …“
„Du hast geschlafen?!“
, fiel Nikolaj ihr energisch ins Wort. „Als ich fort war?“ Er trat näher an sie heran. „Was hast du dir dabei gedacht?! Was, wenn Merkas …“ Er atmete schwer und packte sie an den Schultern. „Du kannst dich nicht so leichtsinnig verhalten – hast du gehört?! Was hast du dir nur dabei gedacht?! Hast du überhaupt nachgedacht?!“
„Hast du nachgedacht, als du sie allein gelassen hast?“, mischte sich Jonathan ein.
Nikolaj würdigte ihn keines Blickes, doch sein Gesicht zuckte leicht, ehe er sie abermals mit zorniger Stimme rügte. „Das hier, ist kein Spiel. Es ist Todernst. Das musst du endlich begreifen, Gwen.“
„Das hab ich“, erwiderte sie mit Nachdruck. „Glaub mir, das habe ich wirklich
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