Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
ich mich nach wie vor gut dabei, sie mitzunehmen.“
Nachdem er ihn einen Moment lang stumm angesehen hatte, warf Nikolaj ihm den Rucksack entgegen. „Ich wüsste keinen Grund, warum es nicht wirken sollte.“ Als ob Sensaten etwas anderes waren als Menschen. Auf den Geist bezogen, vielleicht – aber nicht auf den Körper. Sie waren genau so leicht umzubringen wie ein Mensch. Was, angesichts ihres Vorhabens, gut war. Merkas konnte genau so leicht sterben, wie ein Mensch – war genau so leicht zu töten, wie ein Mensch. Allerdings traf das auch auf sie zu – auf Gwen, Marah, Jonathan und ihn.
„Sind die von dir?“
„Von mir?“ Jonathan gab ein leises Lachen von sich. „Natürlich … ich laufe ständig mit schwerem Geschütz durch die Gegend.“
Nikolaj fixierte ihn durchdringend.
„Das ist Simons Krempel. Eigenkreationen. Er hat mir gezeigt, wo er das Zeug aufbewahrt, damit ich weiß, wo ich es finden kann. Für den Fall, dass ich es einmal brauchen würde, wie er es ausgedrückt hat.“
„Also war Simon der Typ mit den schweren Geschützen“, rekapituliere er.
„Scheint so …“, murmelte Jonathan. „Um mich herum konnte scheinbar niemand normal sein.“
„Normal ist lediglich eine Floskel für etwas, das weit verbreitet ist oder häufig auftritt. Das macht es – oder jemanden – noch lange nicht normal.“
„Du musst es ja wissen …“
„Allerdings“, gab er beißend zurück und wandte sich zum Gehen. „Ich bin oben bei Gwen und Marah. Trödel nicht mehr zu lange rum.“
„Ein Problem gibt es noch“, hielt ihn Jonathan zurück. „Wenn der Reiseführer nicht mehr als Reiseführer fungieren kann, sitzen wir fest – ohne Möglichkeit zurück in unsere Welt zu gelangen.“
Er drehte seinen Oberkörper seitlich nach hinten und sprach seine Antwort langsam aus: „Dann sollte mir wohl besser nichts passieren.“
Jonathan gab ein Schnauben von sich. „Soll das etwa Sensatenhumor sein? Wenn ja, dann ist er mies – mieser als mies.“
Warum auch immer. Er konnte nicht anders, als den Mund zu einem schiefen Grinsen zu verziehen. „Tja … dann ist die Antwort wohl, dass es mein voller Ernst war.“
Jonathan öffnete den Mund, schüttelte dann jedoch nur den Kopf und kehrte ihm abermals den Rücken zu.
Er war schon halb aus der Tür, als er sich nochmals umdrehte. „Der Kerl, dem das Haus und die schweren Geschütze gehört haben, war ein Hüter der Hexen?“
„Das weißt du bereits …“, zischte Jonathan.
„Und du?“
„Was soll mit mir sein?“
„Du bist auch einer.“
Jonathan drehte sich zu ihm herum. „Bin ich nicht.“
„Nein?“ Er musterte Jonathans Hände und den Rucksack. „Wenn ich mir dich so ansehe, dann scheint mir, dass du jetzt derjenige mit den schweren Geschützen bist. Derjenige, der dieses Haus als sicheren Ort vorgeschlagen hat. Derjenige, der zwei Hexen begleitet um sie zu beschützen. Zusammengefasst sieht das für mich so aus, als würdest du in Simons Fußstapfen treten.“
„Tja … das sieht lediglich so aus“, grummelte Jonathan. „Ich will nur nicht, dass Marah etwas passiert – und Gwen ebenso wenig. Einzig deswegen bin ich hier. Einzig deswegen lasse ich mich auf diesen Irrsinn ein.“
Er zog fragend die Brauen nach oben. „Und das ist etwas anderes, als das, was ich gerade gesagt habe?“
Jonathan erwiderte nichts, tat einen tiefen Atemzug, sodass sich seine Schultern hoben, griff nach einem Henkel des Rucksacks und zog ihn zu sich. „Gehen wir. Ich würde die sabbernde Teufelsbrut um uns herum gerne loswerden.“
***
„ Machen sie dich auch nervös?“, fragte Marah und drehte den Kopf seitlich. „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich aus dem Fenster sehe – Unsinn, sogar wenn ich nicht aus dem Fenster sehe. Und ein ganz unangenehmes Gefühl … also nicht nur weil sie uns belagern und eine Möglichkeit suchen uns in die Finger zu kriegen, sondern generell. Kein Gefühl von Angst und Unbehagen wegen der Situation, sondern wegen ihnen selbst.“
Gwen richtete ihren Blick wieder aus dem Fenster des Schlafzimmers. „Ich weiß, was du meinst“, sagte sie gedankenverloren. „Ich fühle es auch.“ Es war wie damals, als sie Merkas zum ersten Mal gesehen hatte. Eine Gänsehaut wegen nur eines Blickes.
„ Ich weiß nicht, wie nützlich ich sein werde – ob überhaupt“, sagte Marah mit ernster Stimme, gerade, als Nikolaj ins Zimmer kam, gefolgt von Jonathan, über der Schulter den Henkel eines Rucksacks tragend.
Er warf ihnen
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