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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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Waschbärattrappe versteckt, die Harald bisher ignoriert hatte. Er konnte sich nicht mal mehr aufregen, so sehr hatte er die Nase voll.
    Bis nach Laschau passierte erfreulicherweise gar nichts. Harald starrte mit glasigen Augen auf die Fahrbahn der
Landstraße und sang immer wieder die ersten Takte eines Weihnachtsliedes vor sich hin, das ihm nach der Sache mit der Ampel spontan eingefallen war. Er schwor sich, heute zu keinem Termin mehr irgendwohin zu fahren – ein billiger Schwur, denn es war ohnehin bereits zu spät. Er wollte einfach nur noch nach München, um sich in ein Hotelzimmer zu legen und darüber nachzugrübeln, was er eigentlich in seinem Leben falsch gemacht hatte. Dabei – das war sicher – würde er mehrere Flaschen Bier, Schnaps und Wein trinken und morgen dann mit einem höllischen Kater aufwachen. »Pilotprojekt Laschau« verkündete in diesem Moment ein Großplakat am Straßenrand. »Schweine«, murmelte Harald tonlos – und sang verbissen weiter das Weihnachtslied. Kaum hatte er das gelbe Ortsschild passiert, erblickte er ein einziges Chaos. Menschen rannten auf der Straße umher, Radfahrer fuhren quer über Kreuzungen, Autos parkten mitten auf der Straße, manche in Fahrtrichtung, andere quer dazu. Auf dem Bürgersteig stand ein Polizist und hob seine Kelle. Harald hielt an und schaute den Mann ohne irgendeine Emotion an. Er fühlte nichts mehr.
    »Schönen guten Tag«, sagte der grauhaarige Beamte.
    »Hallo«, erwiderte Harald und stieg aus dem Wagen aus.
    »Neu in Laschau?«, wollte der Mann nun wissen.
    »Ja, und ich wollte auch nicht lange bleiben«, antwortete Harald immer noch ohne jede Regung. »Ich fahr nur durch. Falls ich darf.«
    »Natürlich dürfen Sie!«, rief der Beamte mit übertriebenem Wohlwollen. »Die Ortspolizei möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass hier in Laschau derzeit ein Pilotprojekt zur schilderfreien Straßenverkehrsordnung durchgeführt
wird. Sämtliche Verkehrszeichen wurden entfernt, es gilt jetzt das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Bei Verstößen werden Bußgelder erlassen.«
    Harald nickte. »Schön, ganz wunderbar, ich wünsche Ihnen und der einheimischen Bevölkerung alles Gute. Aber jetzt möchte ich einfach weiter. Sagen Sie mir also nur, wie schnell man hier fahren darf.«
    Der Beamte runzelte die Stirn und sagte ernst: »Sie haben unser Konzept offenbar noch nicht ganz verstanden.«
    »Dann erklären Sie es mir«, gab Harald zurück.
    »Nun, die Höchstgeschwindigkeit richtet sich nach den Umständen.«
    »Und wer legt die fest?«
    »Niemand, das ist ja das Wesen von Umständen.«
    »Aha, und wie weiß ich dann, ob ich zu schnell gefahren bin?« Harald spürte nun doch wieder eine schnell aufsteigende Wut. Ein Wechselbad der Gefühle war das hier.
    »Das werden wir dann je nach Situation im Nachhinein feststellen«, antwortete der Polizist mit ruhiger Stimme. Einen Moment lang sagte keiner der beiden etwas. Die beiden Männer schauten sich nur an. Im Hintergrund hörte man etwas scheppern, ein Motorradfahrer hatte ein auf der Straße parkendes Auto gestreift. Zwei Kinder zündeten an einer abgeschalteten Fußgängerampel Chinaböller.
    »Danke«, sagte Harald unvermittelt und drehte sich um. Schnurstracks ging er zu seinem Wagen, löste die Handbremse, schaltete den Ganghebel auf Leerlauf und begann den Wagen die Straße hinunter zu schieben.
    »Was machen Sie denn da?«, rief der Polizist ihm hinterher.

    »Was mache ich wohl?«, brüllte Harald zurück. »Ich schiebe!« Fassungslos sah der Polizist ihm nach.
    Erst am Ortsrand stieg Harald wieder in den Epremo und startete den Motor. Fünf Kilometer fuhr er schweigend durch einen Wald, dann erreichte er die 13. und glücklicherweise letzte Gemeinde auf der Route. Das Ortsschild war rosa und verkündete: »Altharting – atomwaffenfreie Zone«. Darüber war ein grünes Plakat genagelt, das dieAufschrift »Kein Durchgangsverkehr!!!« trug. Handschriftlich hatte jemand noch »Althartinger Bürger gegen Genmais« ergänzt. Neben den Schildern war ein Pfahl in den Boden gerammt worden, auf dem ein Totenschädel prangte. Harald schüttelte sich. Gleich hinter einem historischen Torbogen erwartete den Durchreisenden eine ganze Phalanx an Protestschildern. »Der Verkehr tötet uns«, »Kampf der Durchgangsstraße«, »Ortsumgehung jetzt« waren noch die harmlosesten. Harald schaute nach vorne. Auch Altharting hatte so ein launiges Geschwindigkeitsdisplay. Erwartungsgemäß ging es beim

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