Wenn nicht jetzt, wann dann?
gibt es Andenken-T-Shirts und Postkarten zu kaufen, aber ich entscheide, mein Gepäck nicht noch zu vergrößern und bleibe standhaft. Die Zitadelle ist riesig und sehenswert, und ich sitze im dazugehörigen Park und bewundere die Baukunst.
Später, auf dem Weg zur Kathedrale, treffe ich eine andere Pilgerin, die dort auf der Bank im Schatten sitzt. Sie kommt offensichtlich, nach ihrem Dialekt zu urteilen, aus Bayern, und sie ist auch allein unterwegs. Wir beschließen, den Rest des Tages zusammen zu verbringen, besichtigen die Kathedrale und sitzen schließlich auf dem Marktplatz im Straßencafe und genießen die Sonne, die Wärme, beobachten die Leute und fühlen uns zufrieden und entspannt.
Meine Begleiterin erzählt mir, dass sie seit vier Monaten unterwegs sei, dass sie zuerst per Bahn quer durch Frankreich gereist sei, um dann hier in Spanien an mehreren Orten Station zu machen. Barcelona habe sie schon besichtigt und Madrid, und nun wolle sie den Jakobsweg ganz laufen. Sie sei bereits, von Frankreich kommend, auf diesem Weg unterwegs und habe sich so allmählich an das Laufen mit Gepäck gewöhnt. Die ersten Tage jedoch, besonders in den Pyrenäen, erschienen ihr sehr anstrengend, und nun freue sie sich auf eine hoffentlich einfachere Wegstrecke.
Zwischenzeitlich suche ich mit meiner neuen Pilgerbekannten meine Unterkunft auf, weil ich dort noch mein Zimmer bezahlen muss. Ich versuche, einen Rabatt auszuhandeln, da ich zwei Nächte hier in Pamplona war, aber mein Gegenüber ist gnadenlos und verlangt den vollen Preis. Auch mein Vorschlag, mir meinen Koffer abzukaufen, findet kein Echo, und nun habe ich das Problem, wohin mit diesem Teil, das ich auch nicht im Hotelzimmer zurücklassen kann. So schlecht ist dieser Koffer eigentlich noch nicht, denke ich, als ich mit ihm durch die Straßen rolle. Meine Idee, ihn in einem An- und Verkaufsladen loszuwerden, scheitert ebenso wie der Versuch, diesen Koffer an Passanten zu verkaufen. Keiner versteht mich im spanisch sprechenden Umfeld, und so habe ich keine Chance. Schließlich bleibt mir nichts anderes übrig, als dieses Ungetüm in einem Container, den ich zufällig finde, zu entsorgen. Schade! Es tut mir leid um das fast noch schöne Stück, aber was soll ich machen? Auf jeden Fall hatten meine bayerische Begleiterin und ich unseren Spaß bei der Kofferaktion.
Den Abend verbringen wir dann durch die Altstadt laufend, sodass wir vom Flair dieser schönen Stadt viel mitbekommen. Danach trennen sich unsere Wege, und jede läuft zu ihrem Quartier. Die Eindrücke dieses ersten Tages erschlagen mich, und ich bin froh, als ich gegen 22.00 Uhr im Bett liege.
3. Tag
Pamplona – Uterga (26 km), 7. Juni
Heute nun geht es los — so richtig! Meinen Wecker im Handy habe ich auf 6.00 Uhr gestellt, um beim Laufen der Mittagshitze zu entgehen, so weit es möglich ist. Jedoch ist es 7.30 Uhr, als ich wach werde, warum auch immer. Nun aber schnell, anziehen, packen und dann ohne Frühstück los. In den einfachen hostals erhält man stets Zimmer ohne Frühstück, offensichtlich, weil viele Pilger sehr früh morgens aufbrechen.
Auf der Straße ist alles nass, denn der Reinigungswagen hat gerade eben die geteerte Fußgängerstraße in der Innenstadt nass gesäubert. Ich laufe los und finde den Einstieg zum Jakobsweg — so wie gestern — wieder problemlos. Jedoch merke ich schon nach den ersten Metern, dass ich mir mit dem Gewicht meines Rucksackes mit 14,3 Kilogramm, inklusive 1,5 Liter Selters und Tagesverpflegung, zu viel zugemutet habe. Schon nach kurzer Zeit erscheint mir der Rucksack wie ein Bleisack, er ärgert meine Schultern, meinen Nacken und ist einfach eine Plage. Nach einer Stunde, die mich gerade eben durch die Vororte Pamplonas geführt hat, brauche ich schon die erste Pause. Rucksack absetzen, strecken, mich setzen; Laufen ohne Gepäck, ja, das wäre schön!
Ich raste im Schatten von riesigen Büschen und sehe auf einmal eine Eidechse vorbeihuschen, schillernd in allen Grünfacetten und circa zwanzig Zentimeter lang. Leider ist sie so schnell unterwegs, dass ich sie nicht fotografieren kann.
Zwei junge Leute laufen an mir vorbei, und wir kommen ins Gespräch. Er ist Deutscher, sie Holländerin, und beide haben sich hier auf dem Weg kennengelernt. Auch diese beiden jungen Leute stöhnen über die Hitze, die ihnen offensichtlich noch mehr zu schaffen macht als mir. Ich bleibe noch ein wenig, die jungen Leute ziehen an mir vorbei, ich raste, trinke reichlich,
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