Wenn nicht jetzt, wann dann?
Vorwort
Pilgern in der heutigen Zeit auf dem Jakobsweg in Spanien ist für einige Menschen eine ungewöhnliche Unternehmung. Jedoch zeigt es sich, dass diese Art des »Reisens« eine Möglichkeit ist, hautnah am fremden Land — in diesem Fall Spanien — Landschaft und Menschen zu erleben und kennen zu lernen. Das zielgerichtete Wandern in der Natur führt nicht nur zu körperlicher Fitness, sondern beflügelt die Seele, und es ist eine spirituelle Erfahrung, dem Himmel so nah zu sein.
Wer den Jakobsweg gehen möchte, der sollte ein paar Informationen zu diesem an die Hand bekommen.
Bevor Jakob, einer der zwölf Apostel, im Jahre 44 nach Christus in Jerusalem geköpft wurde, hatte er über lange Zeiträume in Spanien Predigten gehalten. Die Legende besagt, dass sein Leichnam später per Boot zu seiner letzten Ruhestätte nach Europa gebracht wurde. 800 Jahre später, um 812, folgte ein Einsiedler einem geheimnisvollen Licht. Dieses Licht brachte ihn genau ins heutige Santiago de Compostela zum Grab des Apostels Jakob. Bereits wenige Jahrzehnte später hatte Santiago de Compostela als Wallfahrtsort den gleichen Rang und Namen wie Rom und Jerusalem. Bis ins 13. Jahrhundert war der Jakobsweg einer der meist begangenen Wege der Welt, bis Pestepidemien und Religionskriege die Zahl der Pilger verringerten.
Ein berühmter Satz besagt, dass der Jakobsweg vor der Haustür eines Jeden beginnt. Dieses traf im Mittelalter auch tatsächlich zu, da die Menschen sich damals direkt aus ihren Dörfern zu Fuß auf den Weg machten. Oft kamen die Pilger jedoch niemals von ihrem Weg zurück. Sie hatten entweder ein neues Leben für sich gefunden oder waren unterwegs krank geworden oder sogar gestorben.
Der Ausbau des Jakobsweges ließ im Laufe der Jahrhunderte viele Orte entstehen, führte zum wirtschaftlichen Aufschwung und verhalf vielen Menschen zu Arbeit und Wohlstand. Auch belebte er die Infrastruktur; es wurden Straßen, Brücken, Kirchen, Krankenhäuser errichtet und die Städte an sich ausgebaut.
Unter Papst Johannes Paul II. fand ein neuer Aufschwung des Jakobsweges statt, der von der Regierung Spaniens und den Jakobusgesellschaften unterstützt wurde. Das Interesse der Pilger am Jakobsweg hält bis heute an.
Das wichtigste Datum im Stadtkalender von Santiago de Compostela ist der 25. Juli, der »Tag des Apostels«, dessen sterbliche Überreste in einem Silberschrein in der Jakobus-Krypta der Kathedrale von Santiago de Compostela aufbewahrt sein sollen.
Dieser Bericht ist ein Buch für Frauen, das zu lesen, Männer auch herzlich eingeladen sind. Jedoch ist meine Zielsetzung die, Frauen Mut zu machen, auch später noch, nach Kindern und Beruf, in den sogenannten besten Jahren, ihr Leben wieder mit Inhalten zu füllen, die einen Sinn ergeben. Allein, in der Familie der Pilger unterwegs zu sein, bietet tiefgründige Einblicke in die Lebenslinien und Zielsetzungen anderer Menschen aus der ganzen Welt und somit auch anderer Kulturen. Für Frauen in den mittleren Jahren ihres Lebens bedeutet dieses etwas ganz Besonderes. Diese Generation hat durch ihre Mütter kein Vorbild für ihr Leben, weil unsere westliche Welt sich in den letzten fünfzig Jahren völlig verändert hat. Vielmehr müssen die Frauen heute ihr Rollenbild selbst erschaffen. Für viele ist es noch immer ausgeschlossen und Angst besetzt, allein zu reisen. Andere tun sich auch schwer damit, für längere Zeit ohne ihre Lebenspartner etwas für sich selbst zu tun. Mit diesem Buch möchte ich besonders den Frauen Mut machen, allein auf dem Jakobsweg in Spanien zu pilgern. Allein zu reisen bedeutet, viele neue Eindrücke und Kontakte zu erhalten. Sobald man zu zweit unterwegs ist, wird keiner derartig offen für andere Menschen sein wie bei der individuellen Einzelreise.
In dem Deutschland von heute leben viele Singles. Viele Frauen stehen nach der Kinderphase vor der Situation, ihr Leben neu ordnen zu müssen. Ebenso erleben viele Menschen nach ihrem Berufsausstieg eine völlig neue Lebenssituation. All denen möchte ich Mut machen, sich neue Ziele zu setzen und das Pilgern allein zu versuchen. Es ist sicher eine Möglichkeit, das Leben aktiver und spannender zu gestalten. Das persönliche Leben soll wieder ein Erlebnis sein und sich nicht als Reproduktion von anderen vor dem ständig laufenden Fernseher abspielen. Wichtig erscheint mir auch, dass man sehr viele unterschiedliche Menschen aus der ganzen Welt treffen und kennen lernen kann. Das rückt sicher die
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