Wenn Tote schwarze Füße tragen
er es so eilig
gehabt, ihn samt Inhalt loszuwerden. Außerdem habe sein Chef ihm auf die
Schliche kommen können.
Ein letzter Geldschein beschließt das
Gespräch, und dann begebe ich mich wieder ins Littoral.
Freund Bruyèras ist seinen Kater los.
Er sitzt wieder auf seinem Posten hinter der Rezeption. Ich verstehe gar nicht
mehr, wie ich ihn verdächtigen konnte, mich niedergeschlagen zu haben. Er sieht
wirklich nicht danach aus. Wir wechseln ein paar freundschaftliche Worte, dann
sagt er mir, daß eine Dame angerufen habe, ohne ihren Namen zu nennen, daß sie
aber bestimmt noch einmal anrufen werde; daß ein junger Mann nach mir gefragt
habe und wieder fortgegangen sei, ebenfalls ohne seinen Namen zu nennen.
Ich fahre mit dem Aufzug nach oben und
mache mir dabei so meine Gedanken.
Auf meinem Flur stehen zwei Männer.
Als ich in mein Zimmer gehen will, kommen sie auf mich zu.
„He, M’sieur Burma“, ruft mir der eine
von ihnen zu.
Es ist Serge Estarache, der Bekannte
von Agnès, der junge pied-noir auf dem Wege der Besserung. Ich bin
überrascht, ihn hier zu sehen. Um diese Zeit sollte er längst im Bett liegen!
Er reicht mir die linke Hand. Ich
ergreife sie, und im selben Augenblick nimmt er seine Rechte aus der Tasche
seines Regenmantels... und drückt mir eine Waffe auf den Bauch! Dabei zittert
er wie Espenlaub. Ich bin so baff, daß ich unbeweglich dastehe. Stehend k. o.!
Bevor ich mich von dem Schrecken erholen kann, nimmt mir der andere pied-noir
— nicht ganz so jung wie Estarache, mit energischem Kinn und feurigen,
fanatisch blitzenden Augen — meinen Revolver ab und bohrt mir den Lauf in die
Rippen.
„Los, vorwärts, barbouze !“
stößt er heiser und gewollt lässig hervor. „Mitkommen! Wir haben mit dir zu
reden.“
In den Händen der pieds-noirs
Ich gehorche. Um nichts in der Welt
würde ich in diesem Augenblick den beiden Halbstarken, die sich für Zorro
halten, widersprechen. Sie wirken angespannt, halten sich für wichtig und sogar
kaltblütig. Eine falsche Bewegung meinerseits könnte einen Schuß ihrerseits
auslösen. Ich glaube jedoch nicht, daß sie die Absicht haben, mich zu töten.
Sie spielen sich selbst eine Komödie vor, diese halben Portionen, die sich an
ihren aberwitzigen Träumereien berauschen. So etwas spürt man sofort. In so
einer Situation muß man seine Wange hinhalten und abwarten, bis das Fieber
sinkt.
Ich gehorche also, obwohl es mir nicht
paßt, daß der Junge mich als barbouze bezeichnet hat. Für jemanden, der
stets mit „Nein“ gestimmt hat, ist das ziemlich beleidigend.
Wir verlassen das Hotel durch eine
Hintertür, die auf eine finstere, menschenleere Gasse führt. Estaraches
Komplize kennt diesen Schleichweg offenbar. Wie ich später erfahren werde, hat
er früher einmal in der Küche des Littoral gearbeitet.
Vier Mülltonnen weiter wartet ein
Wagen mit laufendem Motor und einem Fahrer hinterm Steuer. Wir steigen ein, und
ab geht die Fahrt!
Eine Viertelstunde später gehe ich —
immer noch streng bewacht — eine Eisentreppe hinunter, die zu einer Art
Reparaturwerkstatt führt. Hier stinkt es nach Öl, Benzin und Gummi, und eine
schwache Birne verbreitet schummriges Licht. Das Empfangskomitee besteht aus
drei Mitgliedern: einem Angeber mit Bürstenhaarschnitt, einem Alten mit
ernster, autoritärer Miene, weißem Haar, Brille und Kleidern, die aussehen, als
wäre ihr Besitzer soeben damit dem Bett entstiegen, und einem Muselmann, der
aussieht wie Nasser. Der Alte war offensichtlich nicht im Programm vorgesehen;
denn als meine Kidnapper ihn erblicken, stoßen sie einen überraschten Ruf aus.
Der Alte schnauzt sie sogleich an, sie sollen nicht Cowboy spielen, „aber zum
Glück hat Ali mich von eurem idiotischen Plan unterrichtet, und ich habe
meinerseits den Hauptmann informiert. Er wird jeden Moment hier sein.“
„Der Hauptmann wird uns
beglückwünschen“, versichert der Junge, der mir meine Waffe abgenommen hat.
„Ja, ja! Steckt euch erst mal eure
Kanonen sonstwohin, damit ich sie nicht mehr sehe!“
Die beiden lassen die Waffen
verschwinden. Vor dem Alten haben sie wohl Respekt. Er richtet seine
Brillengläser auf mich und lächelt mir verlegen zu.
„Es handelt sich um ein
Mißverständnis, Monsieur“, sagt er. „Das wird sich gleich aufklären. Diese
jungen Leute, wissen Sie, die haben nichts anderes als Gewalt kennengelernt.
Der Bombenlärm hat ihr Gehirn durcheinandergebracht.“
„Macht nichts“, erwidere ich.
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