Wenn Tote schwarze Füße tragen
im
Zusammenhang mit Agnès’ Verschwinden schon mal begegnet. Die beiden waren
Freundinnen.“
„Ach! Guillanoux war auch ein Freund
von Christine... Na ja, so was Ähnliches jedenfalls.“
„Sehr interessant! ,War’, sagten Sie?“
Er sieht mich traurig an, fängt
beinahe an zu weinen.
„Oh, Madonna!“ ruft er. „All die
schönen Artikel, die ich schreiben könnte und die ungeschrieben bleiben!“
„Beruhigen Sie sich“, sage ich. „Ich
möchte Ihnen als Gegenleistung für Ihre Loyalität und Diskretion folgendes
Vorschlägen: Schreiben Sie Ihre Artikel, so als wollten Sie sie im Echo veröffentlichen. Sollte die Geschichte die Dimensionen annehmen, die ich
vermute, wird Ihr Chefredakteur die Artikel vielleicht tatsächlich akzeptieren.
Wenn nicht, schicken Sie sie meinem Freund Marc Covet, einem Kollegen von Ihnen
in Paris. Er wird sie im Crépuscule unterbringen und Ihren Namen
darunterschreiben. Sie können sicher sein, daß Sie dann beim Echo rausfliegen, aber Covet wird in Paris eine Anstellung für Sie finden.
Einverstanden?“
„Sie führen mich in Versuchung.“
„Dann lassen Sie sich doch führen,
Mann! Also, was ist das für eine Geschichte mit diesem Guillanoux?“
„Das war ein alter Notar, achtzig
Jahre, aber immer noch voll dabei. Beruflich und auch sonst. So im Stil von
Félix Faure, wissen Sie?“
„Im Ernst? Sie sind noch jung, Delmas,
aber Sie kennen die Geschichte Frankreichs. Glückwunsch! Und Madame Sten-heil,
das war Christine?“
„Tatsache ist, daß in diesem
Zusammenhang der Name Christine hinter vorgehaltener Hand genannt wurde. Nur
hinter vorgehaltener Hand, wohlgemerkt. Überhaupt sind die Dinge, die ich Ihnen
jetzt erzählen werde, nur Gerüchte, die in der Stadt umgingen. Sicher ist
nichts, und in der Zeitung stand kein Wort darüber. Das alles ereignete sich
vor rund drei Monaten. Monsieur Guillanoux ging trotz seines hohen Alters
häufig am Abend aus. Anscheinend wurde er eines Nachts von Unbekannten als
Leiche nach Hause gebracht. Sicher ist, daß man ihn vor der Tür seines Hauses
fand, splitternackt. Ihm war dasselbe passiert wie Félix Faure, und in seiner
verkrampften Hand soll er angeblich eine Haarsträhne gehalten haben.“
„Eine Haarsträhne von Christine?“
„Das weiß ich nicht. Möglicherweise
ist das mit der Haarsträhne eine Erfindung.“
„Wie ist denn dann Christines Name mit
dem Vorfall in Zusammenhang gebracht worden?“
„Durch Zufall. Zur selben Zeit suchten
die Gendarmen ein Mädchen, das aus einem Erziehungsheim in Lourdes ausgerissen
war. Man hatte sie in der Gegend gesehen, doch dann verlor sich ihre Spur
wieder. Schließlich wurde sie aber geschnappt, und es kam heraus, daß Christine
ihr Unterschlupf gewährt hatte. In aller Unschuld sozusagen. Christine wußte
nicht, daß ihre Freundin aus dem Heim ausgerissen war. Die beiden hatten sich
irgendwo kennengelernt und Freundschaft geschlossen. Maud hatte ihr erzählt,
sie habe kein Dach über dem Kopf, und Christine hatte ihr eins angeboten.“
„Die Ausreißerin hieß Maud?“
„Ja. Ihr vollständiger Name ..
Er wirft einen Blick auf seinen
Notizblock.
„Ich hab alles aufgeschrieben, was zu
Christines Biographie gehört... Ihr vollständiger Name lautet Maud Fréval.“
„Ich sehe aber noch immer keinen
Zusammenhang zwischen Maud, Christine und dem lebenslustigen Notar.“
„Vielleicht gibt es ja auch keinen.
Aber die Phantasie ist mit den Leuten durchgegangen. Diese Maud war früher
schon einmal wegen Prostitution eingesperrt worden. Man fragte sich, ob sie
nicht vielleicht auch hier damit angefangen hatte. Man vermutete irgendein
Hinterzimmerbordell, eine Organisation, die geheime Schäferstündchen
vermittelte...“
„In deren Schoß, wenn ich das mal so
sagen darf, der Notar sein Lotterleben ausgehaucht hat?“
„Genau.“
„Moment, Delmas! Geheime Rendezvous,
ein Hinterzimmerbordell... Meinen Sie nicht, daß so was in einer Stadt wie
dieser früher oder später auffliegen würde?“
„Einer Stadt wie dieser? Hören Sie,
Monsieur Burma, ich kenne die Provinz. Wenn Sie sich neue Schuhe kaufen oder
Ihr Zeitschriftenabonnement abbestellen, dann erfährt das alle Welt. Auf der
anderen Seite aber gibt es Geheimnisse, die so sorgfältig gehütet werden — eben
weil hier jeder auf jeden aufpaßt — , daß nicht mal die Polizei dahinterkommt.
So ist das in der Provinz.“
„Ja, so ist das wohl. Übrigens gilt
das, was ich gesagt habe, mehr für ein
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