Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
ich einen Jungen zum Spielen möchte, dann würde ich dich trotzdem nicht auswählen, glaub mir«, sagte sie unfreundlich.
»Du würdest staunen. Es gibt Seiten an mir, von denen hast du nicht die geringste Ahnung! Unerforschte Tiefen. Aber du, du versuchst noch nicht einmal herauszufinden, was ich dir zu bieten habe.«
»Ich kann von meinem Platz aus sehen, was du zu bieten hast! Iss deinen Toast und geh dir endlich etwas anziehen. Bitte.«
Auch Ursula stand einem Tag voller Probleme gegenüber. Sie bog auf ihrem Rad auf den Vorplatz des Gebäudes ein, in dem die Büros des Ellsworth Trust untergebracht waren, und stieg ab. Sie sah dem Treffen mit gemischten Gefühlen entgegen. Offiziell sollte zwar Jacksons Einspruch verhandelt werden, doch ihr Instinkt sagte ihr, dass auch andere, inoffizielle Dinge zur Sprache kommen würden.
Soweit es die Grabung betraf, war das Treffen ganz sicher bloße Zeitverschwendung. Ohne dem vom Glück verlassenen Kurator des Bamford Museum zu nahe treten zu wollen, hielten es weder Ursula noch Dan für wahrscheinlich, dass die Treuhänder ihre Meinung änderten. Sie waren beide bestellt worden, um ihre Ansicht zu der Angelegenheit darzulegen. Es war das erste Mal nach Natalies Tod, dass Dan und Ursula sich in Gegenwart der Treuhänder gegenüberstanden, und das erste Mal, dass sie sich überhaupt sahen, seit Finnys Ermordung die Arbeiten am Bamford Hill zum Erliegen gebracht hatte. Man hatte Dan wegen des Trauerfalls Urlaub angeboten, soviel wusste Ursula, doch er hatte das Angebot abgelehnt. Ursula hielt das für unklug. Er stand ohne Zweifel unter hoher Anspannung, und zur gleichen Zeit ließ ihn seine Weigerung als herzlos dastehen. Gott allein wusste, was die Treuhänder davon hielten. Vermutlich würde Ursula es schon bald herausfinden.
»Sula!«
Sie hatte sich über ihr altes Fahrrad gebeugt, um es anzuketten, und schrak zusammen, als sie Dans Stimme vernahm. Sie richtete sich auf und wandte sich um, wobei sie sorgfältig darauf achtete, einen gleichgültigen Gesichtsausdruck zu bewahren. Er kam über den freien Platz auf sie zu. Er trug noch immer – oder schon wieder – seinen verknitterten Anzug. Sie wusste nicht, ob Dans Versuch, sich formell zu kleiden, die Treuhänder beeindrucken oder auf gewisse Weise seinen Status als Witwer verdeutlichen sollte. Allerdings hatte er die gammelige alte Krawatte abgelegt, wie Ursula bemerkte, und gegen ein peppigeres Modell mit türkis- und navyblauen Punkten getauscht. Also nur noch Halbtrauer.
»Wo ist dein Wagen?«, fragte sie, als er bei ihr war.
»Ich bin mit dem Bus gefahren. Wie geht es dir?« Seine Augen blickten sie fragend an.
»Ich bin vorbereitet.«
»Vielleicht werden sie nicht …«
»Sie werden.« Er scharrte verlegen mit den Füßen und senkte den Blick.
»Sula, hör mal … es tut mir leid.« Sie seufzte.
»Was tut dir leid, Dan? Ich habe mich selbst in diese Situation gebracht. Dich trifft keine Schuld.«
»Niemand trifft eine Schuld!«, platzte es leidenschaftlich aus ihm heraus.
»Wir haben uns ineinander verliebt!« Als keine Antwort von ihr kam, fügte er ein wenig leiser hinzu:
»Verlang nur nicht, dass ich dich aufgebe, Sula. Das kann ich nämlich nicht! Ich kann nicht aufhören, dich zu lieben! Es lässt sich nicht einfach abschalten! Ich werde da drin keine Szene veranstalten, ganz gleich, was sie sagen. Aber ich werde auch nicht zulassen, dass du leidest wegen dem, was geschehen ist.«
»Sie werden bestimmt nicht in Jacksons Beisein oder vor irgendwelchen Fremden davon anfangen.« Sie hielt seinem Blick stand.
»Ich denke, wenn das hier vorbei ist, Dan, solltest du Urlaub nehmen. Sie haben es dir angeboten, und du hast ihn dringend nötig.«
»Damit ich zu Hause herumsitze und brüte? Ich glaube immer noch, dass dieser verrückte alte Mann Natalie umgebracht hat! Warum zur Hölle verhaftet die Polizei ihn nicht?«
»Lionel? Die Polizei scheint zu glauben, dass er es nicht war. Ich halte es eher für möglich, dass Brian es getan hat. Ein Verbrechen aus Leidenschaft. Er steht unter Anklage, den alten Finny ermordet zu haben. Aber Chief Inspector Markby scheint nicht glauben zu wollen, dass er Natalie ebenfalls getötet hat, also haben die beiden Felstons wohl nichts damit zu tun. Vielleicht bedeutet es, dass die Polizei mehr weiß als wir.«
»Es bedeutet, dass ich noch immer unter Verdacht stehe!«, sagte Dan ernst.
»Markby würde mich nur zu gerne ans Kreuz nageln! Ich kann es in seinen
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