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Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Titel: Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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blickte nicht auf. Brian ging nach draußen in den geschlossenen Windfang, wo sie ihre Mäntel und Stiefel aufbewahrten, und bückte sich, um die schweren Arbeitsschuhe anzuziehen, die er auf der Farm trug. Dann zog er eine dicke Jacke an und griff nach der Taschenlampe, die an einem Haken hing. Als seine Finger die Lampe berührten, erklang die raue Stimme seines Onkels aus der Küche, und Brian erstarrte.
    »Wohin gehst du jetzt noch, um diese nachtschlafende Zeit? Das Vieh ist längst im Stall, ich habe selbst nachgesehen.«
    »Ich gehe nur ein wenig spazieren, Onkel Lionel. Hinüber zum Hügel, nachsehen, was die Hippies machen.« Der Alte stieß einen schweren Seufzer aus, doch seine Stimme war laut und krächzend wie die eines Raben.
    »Hurerei und Unzucht!«
    »Was?« Brian hörte den jaulenden Ton in seiner eigenen Stimme. Er trat zur Außentür und packte mit schwitzender Hand den Griff.
    »Sie huren herum und treiben Unzucht, was sonst? Wie die Tiere, nur, dass Tiere es wegen ihrer Natur machen und sie keine Schuld trifft.«
    »Menschen machen es auch wegen ihrer Natur«, murmelte Brian unbesonnen. Das Gehör des Alten war mindestens ebenso gut wie sein Augenlicht.
    »Du wirst sofort deinen Verstand von diesen unsauberen Gedanken reinigen, Brian!« Seine Faust krachte so heftig auf den Tisch herab, dass die Art-Deco-Lampe wackelte.
    »Lass dich nur ja nicht korrumpieren und in Versuchung führen! Wer vom rechten Weg abkommt, der landet im ewigen Feuer der Hölle!« Brian riss die Hintertür auf, und die frische Nachtluft wehte ihm willkommen und befreiend in das erhitzte Gesicht. Er spürte, wie der Luftzug den Schweiß auf seiner Stirn kühlte.
    »Gehst du zu dem alten Prunkbau?«, rief ihm sein Onkel hinterher. Wieso fragt der alte Kerl danach?, dachte Brian unruhig. Lionel ging nie zu der Ruine. Er wird doch nicht …
    »Kann schon sein«, rief er so beiläufig wie möglich zurück.
    »Wenn sie sich in ihrem Lager noch rühren, setze ich mich vielleicht dort oben hin und halte ein wenig Wache.«
    »Bleib nur weg von diesem Lager! Das ist ein Teufelsnest!«
    »Sicher, Onkel Lionel. Beruhige dich wieder.« Die Worte kamen fast automatisch und mit einem Gefühl der Erleichterung über Brians Lippen. Er zog die Tür hinter sich ins Schloss. Der Mond schien silbern, und Brian benötigte keine Taschenlampe, um den Weg zu finden. Mit den Händen in den Taschen stapfte er festen Schrittes über den Hof, rief dem angeketteten Hund ein paar beruhigende Worte zu und schlug den Weg ein, der zum Hügelrücken führte. Er sah aus wie ein Mann mit einer Aufgabe, doch sein federnder Gang ließ vermuten, dass er sich darauf freute. Trotz aller Widrigkeiten hatte eine gewisse Abenteuerstimmung von Meredith Besitz ergriffen. Zudem war die Pritsche nicht annähernd so hart, wie sie ausgesehen hatte, und der Schlafsack war kuschelig. Es war ein langer und verworrener Tag gewesen, und ihre Erschöpfung wirkte im Verein mit der frischen Luft wie KO-Tropfen. Meredith schlief augenblicklich ein, obwohl sie geglaubt hatte, keinen Schlaf finden zu können. Doch war es kein friedlicher Schlaf. Meredith war viel zu aufgewühlt. Aus einem unerfindlichen Grund träumte sie von Finny und seinem Gebiss. In ihrem Traum hatte er seine Zahnprothese verloren, und Meredith half ihm beim Suchen. Dann entdeckte sie auf dem Boden etwas Glitzerndes, und in dem Glauben, das vermisste Gebiss gefunden zu haben, bückte sie sich, um es aufzuheben. Doch es war der zerbrochene Kieferknochen des Skeletts, den sie plötzlich in den Händen hielt, und mit einem Schreckensschrei schleuderte sie ihn in ihrem Traum von sich und erwachte. Es war sehr still und sehr dunkel. Vorhin, als sie sich schlafen gelegt hatte, war noch leiser Lärm vom Lager der NewAge-Leute zu hören gewesen, weinende Babys und Musik. Irgendjemand hatte auf einer Fiedel gespielt, und die Nachtluft hatte die kratzende Melodie bis in den Bauwagen getragen – zusammen mit dem Knistern und Knacken eines lodernden Holzfeuers, das den nächtlichen Himmel in sein rosiges Pink getaucht hatte. Auf merkwürdige Weise war die Stimmung recht romantisch gewesen, und vor ihrem geistigen Auge hatte Meredith ein Bild von farbenprächtig gekleideten Zigeunerinnen und schallenden Violinen gesehen, keine Mädchen aus der Oberschicht, die in Nagelstiefeln einherschlurften und sich mit kahlrasierten Aussteigern abgaben, von denen kein Mensch wusste, woher sie kamen und was sie vorher gemacht hatten.

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