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Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Titel: Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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seinem Tee. Er wirkte inzwischen fast wieder normal, jedenfalls so normal, wie es für Finny üblich war.
    »Gut, dass Sie vorbeigekommen sind. Sie sind nicht zufällig eine Bezirkskrankenschwester, nein?« Er musterte sie abschätzend.
    »Ganz sicher nicht, Mr. Finny. Und ich bin auch nicht von der Stadtverwaltung. Sie haben mir diese Fragen schon einmal gestellt.«
    »Ach ja. Stimmt. Richtig, habe ich. Sie tragen ja auch keine Uniform. Schade. Sie haben mir eines von diesen Polizistenmädchen vorbeigeschickt. Eine Frau wie Sie, groß und stark. Gute lange Beine. Hatte eine Uniform und so einen kleinen Hut. Würde Ihnen auch ganz prima stehen. Im Krieg befand sich eins von diesen Frauencamps ein Stück weit die Straße runter. Die Mädchen sind in ihren Khakiuniformen und den Schirmmützen vorbeigeradelt, hübsch anzusehen. Ich weiß überhaupt nicht, warum die Mädchen von heute alle so spindeldürr sein müssen. Sie sehen doch auch nicht so aus, Miss.« Meredith beschloss, seine Bemerkung als das hinzunehmen, was sie vermutlich hatte sein sollen, ein Kompliment, und lenkte die Unterhaltung entschlossen in eine andere Richtung.
    »Ist die Polizei noch immer im Steinbruch?«, fragte sie.
    »Ich habe das Verbotsschild und das Absperrband gesehen.«
    »Ah, die haben sich aus dem Staub gemacht!«, platzte Finny heraus.
    »Und sie haben dieses Schild dagelassen! Was für einen Sinn macht das, den Leuten zu sagen, sie sollen nichts wegwerfen? Wenn niemand was wegwirft, finde ich nichts! Wovon soll ich mir dann meinen Lebensunterhalt verdienen?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie noch mehr von diesen Dingen brauchen«, sagte Meredith mit einem zweifelnden Blick auf das Sammelsurium in seinem Wohnzimmer.
    »Sie haben überhaupt keinen Platz mehr dafür!«
    »Ich hab eine ganze Menge zusammengetragen, was?«, sagte Finny stolz.
    »Ich hab sogar Bücher und alles, Sie haben sie ja selbst gesehen, in diesem Schrank. Stellen Sie sich vor, ich kann sie nicht einmal lesen! Ich bin kein guter Leser; meine Augen sind nicht gut genug. Aber in manchen sind sogar Bilder.«
    »Und alles von der Müllhalde unten im Steinbruch?«
    »Alles. Bis auf die Orden da an der Wand.« Meredith wandte den Kopf und blickte auf die Reihe eingerahmter Kriegsorden.
    »Oh? Wo haben Sie die her?«
    »Das Militär hat sie mir gegeben«, sagte Finny einfach.
    »Hat doch jeder gekriegt, oder? Ich war im letzten Krieg auf Zerstörern. Wir sind von einem U-Boot versenkt worden, und ich bin ungefähr zwei Tage im Wasser getrieben, bis sie mich rausgezogen haben. Meine Beine waren hinüber. Ich wurde als Invalide entlassen. Die Beine sind nie wieder so wie vorher geworden. Aber die Navy, die hat mir was beigebracht. Ich wusste Bescheid über Zünder und so. Deswegen hab ich auch den Job im Steinbruch gekriegt. Steine gesprengt. War mal was anderes als Torpedos.« Er lehnte sich zurück und trank den Rest seines Tees, während Meredith in verlegenem Schweigen wartete. Es war leicht, die Alten zu unterschätzen und zu vergessen, dass auch sie einmal jung gewesen waren und in welch aufgewühlten Zeiten sie gelebt hatten. Es war leicht, Finny als Exzentriker zu betrachten, einen alten Mann mit verkrüppelten Füßen und einer Schwäche für Frauen in Uniform. Weniger leicht war es, sich Finny im eisigen Wasser vorzustellen, wie er mitten zwischen den Wrackteilen seines gesunkenen Zerstörers und den zerfetzten Leichnamen seiner Kameraden um sein Leben kämpfte.
    »Geht es Ihnen jetzt wieder gut?«, fragte sie schließlich.
    »Möchten Sie vielleicht, dass ich Ihnen ein Abendessen koche?«
    »Nein«, antwortete Finny.
    »Ich koch mir selbst was. Kartoffeln.«
    »Ich schäle sie Ihnen, wenn Sie möchten.«
    »Nein«, wiederholte Finny entschlossen.
    »Das kann ich selbst.« Zu den zahlreichen knarrenden und knackenden Geräuschen von den alten Dielen und Balken des Häuschens gesellte sich ein Rascheln und ein leises Scharren. Aus den Augenwinkeln meinte Meredith, eine Bewegung zu sehen, die ihre Aufmerksamkeit erregte und sie überraschte. Sie zuckte zusammen und riss den Kopf herum, doch es waren nur ein paar Zweige, die unter dem halb geöffneten Fenster im Wind an der Hauswand scheuerten.
    »Was ist los?«, fragte Finny.
    »Nichts. Ich dachte, ich hätte etwas gesehen … Es war nur der Busch draußen vor dem Fenster.«
    »Hier draußen gibt es alle möglichen Geräusche, vor allem in der Nacht«, sagte Finny.
    »Und alles Mögliche zu finden obendrein.« Er

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