Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Titel: Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
Vom Netzwerk:
verstummte, steckte einen seiner Stummelfinger in die leere Teetasse und kratzte den letzten Rest halb geschmolzenen Zuckers vom Boden.
    »Zum Beispiel, Mr. Finny?«, fragte Meredith. Finny leckte den Zucker vom Finger und nuschelte eine unverständliche Antwort.
    »Was zum Beispiel, Mr. Finny?«, beharrte Meredith.
    »Ich zeig’s Ihnen.« Er stand auf, und diesmal wühlte er eine ganze Weile in einer Schublade. Als er wieder zu Meredith zurückkehrte, hielt er etwas in der offenen Handfläche.
    »Sie können es haben. Los doch, nehmen Sie’s schon. Es ist ’ne Brosche. Muss nur ’n bisschen aufpoliert werden, sonst nichts.« Meredith nahm die übel zugerichtete Scheibe aus gelbem Metall mit dem einfachen Stiftverschluss entgegen. Die Brosche besaß eine eigenartige Verzierung, die wegen des vielen Schmutzes und der eingedellten Oberfläche nicht deutlich zu erkennen war.
    »Danke sehr«, sagte Meredith höflich.
    »’s ist ein Reiter.«
    »Was?«
    »Auf der Brosche. Das ist ’n Reiter, wenn man genau hinsieht.« Meredith musterte die Brosche.
    »Ah. Ja. Schwer zu erkennen.«
    »’s muss mal sauber gemacht werden.« Finny kicherte maliziös.
    »Diese schlauen Burschen, die da oben auf dem Hügel graben, sie glauben, sie finden Zeugs, aber sie haben noch längst nicht so viel gefunden wie ich.«
    »Was haben Sie denn gefunden, Mr. Finny?« Ein Rascheln und Kratzen am Fenster sandte einen eigenartigen Schauer über Merediths Rücken. Sie wandte erneut den Kopf und sah wieder nur die zitternden Äste des Busches. Finny schien seine Offenheit plötzlich zu bereuen.
    »Ich hab gefunden, was ich gefunden hab, und das geht nur mich etwas an und niemanden sonst!« Er beugte sich vor.
    »Außerdem hab ich es wieder zurückgetan.«
    »Was denn?« Meredith brüllte fast.
    »Was ich gefunden hab. Ist Jahre her, Miss. Ich hab Schlingen gelegt, für Kaninchen. Hab mit der Hand in den alten Kaninchenbau gegriffen, und das alte Langohr, es hatte einen ziemlich großen Bau angelegt …« Er verstummte.
    »Ich ess kein Fleisch mehr. Außer an Weihnachten. An Weihnachten geh ich nach Bamford und ess im Pensionärsclub mein Weihnachtsessen. Das Essen ist in Ordnung, aber so viel altes Volk, das ständig nur am Jammern ist. Ich kann das nicht ertragen. Ich bleib lieber hier draußen und für mich allein, bleib ich.« Mit Fragen käme Meredith nicht mehr weiter, so viel schien klar. Meredith erkundigte sich ein letztes Mal:
    »Geht es Ihnen jetzt wieder gut?«
    »Ah, sicher. Heute Nacht wird’s schon gehen. Aber ich kann morgen nicht zu der Bushaltestelle, ganz gleich, was dieser Polizist sagt.«
    »Was für ein Polizist? Was hat er denn gesagt?«
    »Dass ich zu dieser Gerichtsverhandlung kommen soll, für den Fall, dass ich dem Richter erzählen muss, wie die Leiche gefunden wurde. Morgen ist das. Am Freitag.«
    »Ja, ich weiß. Sie brauchen nicht zum Bus zu laufen, Mr. Finny. Ich komme vorbei und hole Sie ab, und hinterher bringe ich Sie wieder nach Hause. Na, wie klingt das?«
    »Ah, das wäre sehr gut.« Finnys Miene hellte sich auf.
    »Geschieht diesem Fahrer ganz recht, wenn ich seinen Bus nicht nehme und keinen Fahrschein bei ihm kaufe! Wenn keiner diesen Bus nimmt und niemand mehr Fahrscheine kauft, dann hat er keine Arbeit mehr. Das hat er dann davon!«
    »Ich komme so gegen Viertel nach neun, einverstanden? Die Verhandlung beginnt um zehn.«
    »Rufen Sie nur, wenn Sie vor der Tür stehen, meine Liebe!«, sagte Finny mit einem anzüglichen Grinsen.
    »Ich bin dann schon fertig. Man lässt eine Lady schließlich nicht warten.« Er legte die Finger an die Lippen und blies ihr einen galanten Kuss zu.
    Meredith ließ Finny, der in Erwartung des Ausflugs glücklich kicherte, zurück. Auf der Türschwelle seines Häuschens hielt sie noch einmal inne und blickte sich um. Der verwilderte Garten raschelte und wiegte sich im Wind. Ein schmaler Pfad zum Abort war zwischen den Sträuchern freigeschnitten, ein weiterer führte zu einer primitiven Wäscheleine, die zwischen zwei Bäumen gespannt war. Finnys lange Wollunterhosen hingen daran, mehrfach geflickt und eingelaufen vom vielen Waschen. Meredith richtete den Blick auf die Büsche und Sträucher am Fenster. Der eine, dessen Rascheln und Kratzen sie so erschrocken hatte, war eine Strauchveronika. Die dünnen grünen Blätter kratzten am Fenstersims, und als Meredith zu Boden blickte, bemerkte sie einen abgerissenen Ast direkt zu ihren Füßen.
    Sie bückte sich und hob ihn auf.

Weitere Kostenlose Bücher