Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
dort herum und stört.« Meredith dachte an die Beamten, die das Weizenfeld durchkämmt hatten, doch sagte sie nur:
»Wenn Sie möchten, kann ich heute Nachmittag hinfahren. Ich habe nichts anderes zu tun.«
»Danke sehr.« Er betrachtete das Diagramm der Gräben und tippte mit dem Zeigefinger auf die Karte.
»Wir starren direkt darauf, wissen Sie? Wulfrics Grab. Es ist dort unten, an einer Stelle, die wir noch nicht untersucht haben. Wenn ich dieses verdammte Ding doch nur endlich finden würde!«
»Könnte es nicht sein«, sagte Renee verdrießlich,
»dass wir uns alle den Rücken krumm schuften und am falschen Ort suchen?«
»Was wissen Sie denn schon? Ich habe Jahre damit verbracht …« Die Feindseligkeiten brachen erneut aus, ohne Zweifel befeuert von dem Gefühl der Frustration, das alle empfanden, weil man sie zur Einstellung ihrer Arbeit gezwungen hatte. Meredith beschloss, sich herauszuhalten, und ging.
Allerdings hielt Meredith ihr Versprechen gegenüber Jackson und fuhr nach dem Mittagessen nach Bamford Hill hinaus. Da sie keine Lust mehr auf das Essen im Hotel verspürt hatte, war sie in ein kleines Restaurant gegangen. Sie aß einen Salat und als Nachtisch ein Stück klebrigen hausgemachten Schokoladenkuchen, wobei sie jeden aufkommenden Gedanken an die darin enthaltenen Kalorien tapfer unterdrückte. Sie hatte es nicht eilig und ließ sich auch Zeit, als sie im Wagen über die Hauptstraße in Richtung des fernen Hügels unterwegs war. Sie wollte so gegen drei Uhr dort eintreffen.
Es machte ihr nichts aus, die Grabungsstelle zu überprüfen – die Hippies waren nicht mehr da, und obwohl die Polizei vielleicht noch immer auf dem Weizenfeld oben am Hang nach Spuren suchte, würde bei der Grabung Ruhe herrschen. Trotzdem wäre es ein merkwürdiges Gefühl, dass ihr nur das ausgegrabene Skelett Gesellschaft leisten würde. Meredith fragte sich, ob sie in Erfüllung ihrer Aufgabe die Plane ein Stück zurückschlagen und sich überzeugen sollte, dass der alte Krieger noch immer sicher und ungestört in seiner letzten Ruhestätte lag. Die Vorstellung behagte ihr nicht sonderlich.
Tief in Gedanken versunken, war sie bereits fast an der Abzweigung zum Hügel angekommen. Sie hatte der umgebenden Landschaft keine Beachtung geschenkt. Jetzt befand sie sich ungefähr auf der Höhe des Steinbruchs, und ihre Aufmerksamkeit wurde von dem flatternden offiziellen Absperrband geweckt, das quer über die Einfahrt gezogen war. Ein Schild verkündete, dass das Abladen von Müll für die Dauer der polizeilichen Ermittlungen untersagt war. Dann bemerkte sie gleichzeitig zwei weitere Dinge.
Zum einen sah sie eine Plastiktüte mit Einkäufen am Fuß des Schilds. Der Inhalt lag teilweise verstreut herum. Zum anderen entdeckte sie eine zusammengesunkene Gestalt mit einem Klapprandhut; sie lehnte an einem Baumstamm und hatte offensichtlich Probleme.
Meredith bremste scharf.
»Mr. Finny?« Sie sprang aus dem Wagen und rannte auf ihn zu. Finnys Gesicht war alarmierend dunkelrot. Er atmete röchelnd, und die Augen drohten ihm aus den Höhlen zu quellen. Als sie herbeikam, öffnete er den Mund, die Porzellanzähne klapperten, doch er brachte keinen Laut hervor. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, und er gestikulierte schwach mit dem rechten Arm. Es war eine eigenartige Bewegung, und Meredith wusste nicht, ob er ihr winkte oder andeuten wollte, dass er Probleme mit dem Herzen hatte.
»Kommen Sie, Mr. Finny«, sagte sie und packte seinen Arm.
»Ich bringe Sie in Ihr Haus! Sie erinnern sich doch noch an mich, oder?«
»Ah …«, ächzte Finny.
»Meine Einkäufe …«
»Ich hole sie gleich.« Doch er zeigte Anzeichen von noch größerem Stress, und Meredith blieb nichts anderes übrig, als seinen kleinen Vorrat an Allernötigstem einzusammeln und in die Tüte zurückzulegen, die er fallengelassen hatte. Erst danach ließ Finny sich ohne weiteren Widerstand über den Kiesweg und seinen eigenen schmalen Trampelpfad zu seinem kleinen Häuschen helfen. Sie kamen nur langsam voran, und die Einkaufstüte erschwerte ihr Vorankommen zusätzlich. Zweimal gaben Finnys Knie nach, und Meredith benötigte all ihre Kräfte, um ihn aufrecht zu halten. Doch schließlich erreichten sie die Tür.
»Der Schlüssel, Mr. Finny?«, ächzte Meredith.
»Is’ nich’ verschlossen …«, stöhnte Finny.
»Alles offen …« Sie drückte die Klinke nieder und stellte fest, dass die Tür tatsächlich nicht verschlossen war. Er scheint
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