Wer Bist Du, Gott
Gruppe bis hin zu
einem aktiven Beteiligtsein. Oft geht diese körperliche Gesundheit einher mit guter mentaler, sozialer und spiritueller Gesundheit. Das schließt nicht aus, dass es Menschen gibt, deren religiöse Einstellung sich auch, wie aufgezeigt, negativ auf ihre geistige, psychische und physische Gesundheit ausgewirkt hat. Dabei ist aber zu bedenken, dass in diesen Fällen eine spirituelle Einstellung und Praxis vorliegen, denen es an einem ganzheitlichen Verständnis von Spiritualität mangelt. Bei einer ganzheitlichen Spiritualität wird die ganze Person - Körper, Geist, Seele, Wort, Beziehungen - in den Blick genommen, wie das auch auf eine biblische Spiritualität zutrifft, die sich auf den ganzen Menschen bezieht.
ANSELM GRÜN: Ganzheitliche Spiritualität bedeutet für mich auch eine nüchterne Spiritualität, eine Spiritualität, die den ganzen Menschen, ohne zu bewerten, in die Beziehung zu Gott hält. Zwei Weisen von Frömmigkeit stehen dem entgegen. Die eine ist eine euphorische Spiritualität. In ihr überspringe ich meine Wirklichkeit. Weil mir meine Wirklichkeit zu banal und zu durchschnittlich ist, flüchte ich mich in schöne, euphorische Gefühle. Aber sie verwandeln mich nicht, sie bringen mich nur weg von mir selbst. Die andere Form ist die gesetzliche Spiritualität, die sich krampfhaft an Normen klammert. Sie möchte gerne Gottes Willen erfüllen. Aber sie verwechselt Gottes Willen mit den vorgegebenen Normen. So sind die Menschen nicht mehr offen für das, was Gott in ihrer Seele zu ihnen spricht.
Die Spiritualität, die gesund macht, wertet nicht. Sie hält alles, was in uns ist, auch unsere Schattenseiten, in das Licht der Liebe Gottes. Dann erfahre ich entweder Heilung meiner
Krankheit oder aber Frieden in meiner Krankheit. Ich bin auch als kranker Mensch in der Liebe Gottes und fühle mich ganz und gar von Gott angenommen.
Hilft Beten?
WUNIBALDMÜLLER: Hilft Beten? Wissenschaftliche Ergebnisse der letzten 20 Jahre weisen nach, dass sowohl öffentliches als auch privates Beten positive Auswirkungen hat auf unsere Stimmung, auf unseren emotionalen Zustand, auf unsere mentale Balance und unser Allgemeinbefinden. Sollten Menschen daher beten, um eine bessere mentale und körperliche Gesundheit zu erhalten? Manche lehnen das ab, weil sie sagen: »Ich kann mich doch nicht an Gott wenden aus eigensüchtigem Interesse, anstatt ihm einfach nur in Dankbarkeit und preisend zu begegnen.« Die biblische Vorlage sagt eindeutig, dass Beten auch eine Form sein kann, um Hilfe zu erbitten. Das schließt nicht aus, dass stille Vereinigung mit Gott in selbstloser Anbetung eine höhere Form von Gebet oder auch Kontemplation darstellen kann.
Es ist offensichtlich, dass religiöses Leben und Spiritualität sich im Laufe eines Lebens ändern - intensiv sind sie am Ende der Jugendzeit und frühen Kindheit, weniger stark ausgeprägt in den mittleren Jahren und dann wieder stärker ausgeprägt gegen Ende des Lebens. Je mehr die körperliche Gesundheit nachlässt, desto mehr kann - ideal gesehen und
bei entsprechenden Umständen - die geistige und spirituelle Gesundheit aufblühen (vgl.Woods 2008).
Beten ist eine effektive Form, um mit schwierigen Situationen besser umgehen zu können. Formale Gebete oder die Teilnahme an einem Gottesdienst können weniger effektiv sein als spontane Gebete. Besonders hilfreich scheint zu sein, sich bewusst in eine annehmende und dankbare Geisteshaltung zu begeben, voller Vertrauen, von Gott Hilfe zu erhalten. Sich einfach in der Gegenwart Gottes aufzuhalten. Daraus können Trost und Stärke erwachsen.
ANSELM GRÜN: Jesus lädt uns ein, in all unseren Sorgen und Nöten Gott um Hilfe zu bitten. So dürfen wir auch um Heilung beten.Aber ich kenne Christen, die Gott oder Jesus wie einen Zauberer benutzen. Jesus soll ihnen möglichst schnell und schmerzlos ihre Angst, ihre Depression, ihre Antriebslosigkeit nehmen.Aber sie schauen ihre Angst nicht an. In der Bibel geschieht die Heilung immer in der Begegnung. In der Begegnung muss ich mich und meine Wahrheit einbringen. Nur so geschieht Begegnung.
Gebet heißt daher für mich zuerst, mit Gott oder mit Jesus über meine Angst oder meine Depression zu reden. Ich öffne Gott mein Herz. Ich schaue in der Gegenwart Gottes meine eigene Wahrheit. Dann aber ist es durchaus gut, wenn ich Gott auch meine Ohnmacht hinhalte, allein von meiner Angst oder Depression loszukommen. So bitte ich Gott, dass seine heilende
Weitere Kostenlose Bücher