Wer Böses Tut
nichts haben, das sie unmittelbar mit dem Tatort in Verbindung bringt.«
Sie stieß einen tiefen, zufriedenen Seufzer aus. »Glaubst du, sie hat das alles geplant?«
Tartaglia verzog den Mund. »Schwer zu sagen, ich glaube aber eigentlich nicht. Man sollte doch meinen, dass sie es mit ihrem Wissen anders gemacht hätte, perfekter und weniger impulsiv.«
»Aber der Schnee... das war perfekt. Die beste Möglichkeit, Beweise zu zerstören, wenn es welche gab. Wenn die Leiche erst gefunden worden wäre, nachdem der Schnee geschmolzen war …«
Er zuckte mit den Schultern. »Wer weiß. Angesichts des wenigen, was sie bisher gesagt hat, und nach dem, was wir herausgefunden haben, scheint sie Simon und Rachel eine ganze Zeitlang beobachtet zu haben. Sie wusste wahrscheinlich, dass Rachel fast jeden Morgen joggen ging. Nina dachte, dass Simon in jener Nacht bei ihr war - was, wie wir wissen, nicht stimmt -, und als Rachel an dem Morgen aus dem Haus kam, hat Nina meiner Meinung nach einfach die Gelegenheit ergriffen und genutzt. Ich wette, sie hat sie da auf dem Weg umgebracht. Ich vermute, die Idee, es wie den Mord an Catherine Watson aussehen zu lassen, kam ihr erst später, nachdem sie drüber nachgedacht hatte.«
Donovan seufzte wieder und schloss die Augen.
Er stellte sich vor, dass Nina in Panik geraten war, entsetzt
über das, was sie getan hatte. Er sah sie vor sich, wie sie auf dem schwach beleuchteten, verschneiten Weg stand, auf Rachel Tenisons Leiche hinunterstarrte. Ein Teil von ihm weigerte sich, sie als kaltblütige Mörderin zu sehen, auch wenn sie mit klarem Verstand versucht hatte, die Leiche zu verstecken. Irgendwie war es ihr gelungen, sie vom Weg in den Wald zu ziehen oder zu schieben, sie ins Gebüsch, unter eine der Stechpalmen zu zerren, wo sie nicht zu sehen war und wo sie zwei Tage später gefunden wurde. Dort hatte sie ungestört gelegen, bis Nina entweder am Abend oder am frühen Sonntagmorgen zurückkam.
»Vielleicht hat sie versucht, Rachel zur Rede zu stellen«, fuhr er fort in dem Versuch, sich den Tathergang vorzustellen. »Vielleicht hatte sie gar nicht die Absicht, sie zu töten. Rachel wollte weglaufen, und sie wollte sie aufhalten, damit sie ihr zuhört. Egal wie es war - nach der Tat hat sie alles gründlich geplant und den Laptop und das Handy aus der Wohnung geholt.«
»Sie wollte bestimmt wissen, was die beiden sich geschrieben haben, um zu verstehen, was wirklich zwischen ihnen war. Das hätte ich jedenfalls wissen wollen... an ihrer Stelle.« Sie sprach leise, und ihre Stimme verlor sich.
»Vielleicht ist sie in die Wohnung gegangen, hat sich umgesehen und die Fotografien und die Sachen in der Truhe entdeckt. Vielleicht ist ihr dabei der Gedanke an das Gedicht und den Mord an Catherine Watson gekommen. Es passte auf jeden Fall zu Rachel Tenison. Dann ist sie zurück in den Park gegangen und hat die Leiche so hergerichtet und arrangiert, dass sie aussah wie Catherine Watson, als sie gefunden wurde.«
»Es muss die Hölle für sie gewesen sein, durch die Wohnung zu gehen, all diese Dinge zu finden und sich vorzustellen, wie Simon …«
Er berührte wieder ihre Hand. »Mach dir darüber jetzt keine Gedanken.«
»Das kann ich nicht. Ich muss immer daran denken. Hast du Mitleid mit ihr?«
»Ich?« Die Frage überraschte ihn, und er überlegte, warum das alles für sie so viel Bedeutung zu haben schien. Und doch warf sie ihm vor, kein Mitgefühl zu haben, was ihn einen Moment lang an sich zweifeln ließ. Seltsamerweise hatte er irgendwie Mitgefühl mit Turner, er verstand durchaus, wie er in den Bann einer Frau wie Rachel Tenison geraten konnte, und er wusste, wie grausam sie ihn behandelt hatte. Aber Nina war ihm völlig gleichgültig. »Vielleicht, alles in allem, aber sie hat dich beinahe umgebracht. Sie wollte dich umbringen, da bin ich mir sicher.«
Einen Augenblick lang schwieg Donovan. Dann nickte sie nachdenklich. »Vielleicht hast du Recht. Vielleicht bin ich zu sanft. Also, was ist passiert? Karen hat gesagt, Simon hat mich gefunden. Aus irgendeinem Grund ist er noch mal zurückgekommen.«
»Ja. Du wolltest das, sagt er jedenfalls. Anscheinend hattest du ihm eine Art Ultimatum gestellt.« Er schaute sie fragend an. Was war tatsächlich zwischen den beiden vorgefallen, und war es mehr als nur Freundschaft für Donovan? Wie sie einen Mann wie Turner attraktiv finden konnte, ging über seinen Horizont, aber er hütete sich, das auszusprechen. Was auch geschehen war,
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