Wer braucht schon Zauberfarben?
unseren Gedanken nach.
Im nächsten Moment unterbreche ich unser Schweigen mit den Worten: „Also, was willst du wissen?“
Gillean zieht die Augenbrauen hoch. „Wovon sprichst du?“
„Naja, das ist doch
die
Gelegenheit alles zu erfahren, was du schon immer mal über Hexen wissen wolltest. Nichts für ungut, aber du scheinst da ein verzerrtes Bild von uns zu haben.“ Dabei zeige ich auf die Grusel-Portraits an seiner Wand und fahre fort: „Wie du unschwer erkennen kannst, schneide ich keine Grimassen – naja, zumindest nicht die ganze Zeit. Ich reite nicht auf Besen. Bin praktisch warzenfrei. Hoffentlich krieg ich nie einen Buckel und ich bin auch nicht vom Teufel besessen, zumindest nicht, dass ich wüsste“, informiere ich ihn.
„Also gut“, stößt er mit verschränkten Armen aus. „Warum wechseln deine Haare und Augen die Farbe?“
„In mir fließen zwei unterschiedliche Arten von Magie. Die eine ist weiß, die andere ist schwarz“, antworte ich.
„Davon habe ich noch nie gehört. Ich dachte, es gäbe entweder weiße oder schwarze Hexen. Man sagte mir, die Zirkel wären sogar untereinander befeindet“, stellt er fest.
„Ja, sind sie auch. Zumindest wollen mir das alle weißmachen. Aber ich verstehe nicht, warum wir Feinde sind. Ich bin der Überzeugung, dass zwischen weißer und schwarzer Magie Frieden herrschen kann. Mein Vater ist da anderer Meinung. Ich glaube, er schämt sich ein bisschen für mich. Naja, zugegebenermaßen bin ich etwas speziell“, entgegne ich schulterzuckend.
„Du meinst die Tatsache, dass du dich als Hexe zum Großinquisitor schleichst, um mit ihm zu sprechen“, mutmaßt er.
„Zum Beispiel“, entgegne ich.
„Was bedeuten die Tätowierungen an deinen Handgelenken?“, fragt er weiters.
„Das sind Symbole, die mich bei meiner Hexentaufe gewählt haben. Das ist ein Rabe und das ein Labyrinth“, informiere ich ihn, während ich ihm abwechselnd meine Handgelenke hinhalte.
Gillean kommt näher, streicht über meine Wunden, die seine Efeufesseln an meinen Handgelenken hinterlassen haben und sagt: „Ich dachte, die Hexer deiner Familie könnten dich heilen.“
„Efeu ist für uns giftig, aber das heilt sicher bald von selbst“, erkläre ich ihm.
„Wann wurdest du getauft?“, will er nun wissen.
„An meinem sechzehnten Geburtstag. Bis dahin hatte ich keine Ahnung. Ich dachte, ich wär ein normales Mädchen. Naja, was soll ich sagen, das war ein ganz schöner Schock, als mir mein Bruder gesagt hat, dass ich eine Hexe bin. Anfangs habe ich ihn für verrückt erklärt, dann hatte ich einfach nur Angst, so etwas wie auf deinen Bildern zu werden. Bei dem Wort ‚Hexe‘ hatte ich auch eine alte, runzlige Verrückte mit Warze auf der Nase im Kopf“, gestehe ich lächelnd. Er erwidert es.
„Wofür setzt du deine Kräfte ein?“, ist seine nächste Frage.
„Das kommt darauf an. Meistens, um mich zu verteidigen, wenn ich angegriffen werde oder um meine Familie zu beschützen. Eigentlich versuche ich, ein weitgehend normales Leben zu führen. So wie früher, als ich noch keine Kräfte hatte“, gebe ich zu.
„Wie sieht es mit schwarzen Messen aus, Tieropfer, Menschenopfer?“, fährt er fort.
„Igitt“, stoße ich angewidert aus. „Keine Ahnung, ob es schwarze Messen gibt. Ich war noch bei keiner dabei. Will ich auch nicht. Ich mag Tiere – Menschen übrigens auch. Zumindest hab ich sechzehn Jahre lang geglaubt, einer zu sein. Ich hab schon Hemmungen Hühnchen fürs Kochen kleinzuschneiden, wenn dich das beruhigt.“
„Und dein Körper“, fährt er fort. „Ist das alles echt oder ein Trugbild?“, will er doch tatsächlich wissen, während er meine Kontur mit der Hand nachfährt.
Ich stemme die Hände in die Hüften: „Hey, an mir ist alles echt“, verkünde ich geknickt. Augenrollend stelle ich fest: „Du glaubst immer noch, ich sei eine alte, runzlige Hexe, die sich jung gezaubert hat. Ich fasse es nicht. Nur zu deiner Information, dein Amulett würde dich vor diesem Zauber schützen. Du könntest mich immer so sehen, wie ich wirklich bin, selbst wenn ich dir etwas anderes vorgaukle. Außerdem, was stimmt denn nicht mit meinem Körper?“
„Gar nichts, ich ...“ Er lächelt scheu und steckt mich damit an.
„Kann ich
dir
jetzt ein paar Fragen stellen?“, entgegne ich.
„Ja natürlich“, erwidert er.
„Wolltest du mich wirklich am Scheiterhaufen verbrennen lassen?“
Gillean sieht mich nachdenklich an und meint: „Ich habe das
Weitere Kostenlose Bücher