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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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wissen. Erst jetzt merke ich, dass sie blutrot angelaufen sind. Sie pochen auch vor Schmerz. Das brennt wie Feuer.
    „Das kommt vom Efeu. Können wir jetzt reden? Bitte“, verlange ich.
    „Also gut, reden wir“, gibt er nach.
    „Wieso hast du mir geholfen?“, wiederhole ich meine Frage von vorhin.
    „Ich weiß es nicht“, erklärt er.
    „Hattest du Mitleid mit mir?“, mutmaße ich. Er scheint angestrengt zu überlegen.
    Als er nicht antwortet, fordere ich: „Komm schon Gillean, so schwer ist die Frage nicht. Wieso hast du mich betäubt, bevor du mich verletzt hast? Wieso hast du mir Kräuter eingeflößt, die mich in eine Art Traum versetzt haben. Warum hast du das getan?“
    Er verliert die Fassung. „Ich konnte es einfach nicht, verdammt nochmal.“
    „Was konntest du nicht?“, hake ich nach.
    Er schweigt dazu. „Was hat das zu bedeuten?“, hinterfrage ich sein Schweigen.
    „Das bedeutet, dass du von hier verschwinden solltest, bevor sie dich finden. Oder willst du wieder auf dem Scheiterhaufen landen?“, raunt er ärgerlich.
    Autsch, das hat gesessen. Die Bilder kommen gerade alle wieder hoch. Es ist, als würde ich die Hitze der Flammen auf meiner Haut spüren.
    Ich lehne meinen Kopf erschöpft an die Scheibe. Ein paar Tränen schaffen es aus meinem Augenwinkel, bevor ich sie runterschlucken kann.
    „Ich träume jede Nacht davon, höre ihre Schreie. Hörst du sie auch im Traum, Gillean?“, will ich wissen. Das ist nicht gelogen.
    „Hör zu Raven“, fährt er fort. „Ich weiß nicht, was du von mir verlangst. Bitte geh jetzt. Du bringst mich in Schwierigkeiten.“
    „Ich verlange gar nichts Gillean. Alles was ich will, ist dir zeigen, dass ... dass ...“ Meine Stimme bricht.
    „Was willst du mir zeigen?“, verlangt er.
    „Dass ich kein Monster bin“, gestehe ich. Dabei blicke ich ihm intensiv in die Augen.
    Im nächsten Augenblick drehe ich mich um und rutsche die Fensterscheibe entlang zu Boden. Dabei ziehe ich die Knie an meinen Körper, damit ich nicht mehr so friere. Hier oben ist es echt schweinekalt.
    In letzter Zeit bin ich ziemlich niedergeschlagen. So ein Aufenthalt in der Folterkammer schlägt echt aufs Gemüt. Ha – schwarzer Humor lässt grüßen.
    Gillean öffnet das Fenster so abrupt, dass ich es zu spät bemerke. Der Halt, den das Glas bis jetzt bot, fehlt nun.
    Blitzschnell legt es mich so richtig schön auf den Rücken. Meine Locken treffen zeitverzögert neben meinem Gesicht auf den Fußboden auf. Ich muss sogar lächeln, während ich zu Gillean aufblicke.
    Schnell rapple ich mich hoch, bevor er es sich anders überlegt und mich rauswirft. Er schließt das Fenster hinter mir, das er mit einer Efeuranke verzurrt.
    Um aufzutauen, reibe ich mir die Hände an seinem Feuer, nachdem ich mir den Umhang abgestreift habe. Neugierig mustere ich sein Zimmer.
    Er interessiert sich wohl für Astronomie. Auf einem Tisch steht ein Modell der Planeten. Aber es ist falsch. Kurzerhand trete ich darauf zu, tausche die Plätze von Erde und Sonne. Daraufhin kralle ich mir einen Planeten, der dort nicht hingehört, starre ihn stirnrunzelnd an und werfe ihn über meine Schulter.
    Gillean ist nähergekommen und sieht mich an, als würde ich gerade schwarze Materie erzeugen.
    „
Du
weißt, wie die Planeten angeordnet sind?“, stellt er so abschätzig fest, dass ich die Augen herausgefordert zusammenkneife.
    „Ja klar. Hältst du mich etwa für dumm?“, knalle ich ihm entgegen. Mit meinem Kontern hatte er wohl nicht gerechnet.
    Ich mustere die Bilder, die hinter seinem Schreibtisch an der Wand hängen. Sie zeigen hässliche Frauen und Männer, die ihre Gesichter zu Fratzen verzogen haben. Ein paar von ihnen verbrennen in einem Feuer. Eine Frau, der die Gedärme raushängen, vergräbt ihre Finger in ihren Mundwinkeln. Widerlich.
    „Bin ich das? Sehr schmeichelhaft“, spotte ich. Dabei zeige ich auf eine ziemlich hässliche Frau, die aus den Augen blutet.
    „Gehörten die Hexer, die dich befreit haben, zu deiner Familie?“, fragt er.
    „Das waren meine Brüder“, antworte ich. „Du solltest dich vorsehen. Die sind ziemlich sauer, obwohl ich ihnen gesagt habe, dass du mir geholfen hast. Sie hören nicht auf mich. Ich vermute, mein Vater und noch ein weiterer mächtiger Hexer planen einen Anschlag auf dich. Pass lieber auf.“
    „Wieso erzählst du mir das?“, will er wissen.
    „Du hast mir geholfen. Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann“, antworte ich. Wir hängen beide

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