Wer braucht schon Zauberfarben?
niemals einer Hexe überlassen“, faucht er mich an, nachdem er mich an die Wand gedrückt hat.
Hey
!
„Ich mag ja vieles sein, aber eine Lügnerin bin ich nicht. Außerdem weißt du ganz genau, dass der Bann mich davon abgehalten hätte, es ihm zu entreißen“, kontere ich, während ich ihn von mir wegstoße.
„Haltet ihr ihn gefangen?“, will Gillean wissen.
„Nein“, antworte ich. Das ist wiederum nicht gelogen, er wird vom langen Arm des Gesetzes festgehalten.
„Wo ist er Raven?“, versucht er es erneut.
„Bring mich in den Tower, damit ich sie befreien kann und ich sage es dir. Das schwöre ich“, verkünde ich. Gillean scheint angestrengt zu überlegen.
„Also gut. Solltest du mich täuschen, werde ich dich gefangen nehmen“, droht er.
„Ich habs kapiert. Vertrau mir endlich Gillean“, fordere ich ungehalten. Damit hat er offensichtlich noch Schwierigkeiten.
Im nächsten Augenblick hält er mir meinen Umhang hin. „Komm, bringen wir das hinter uns“, fordert er. Ich grinse heimlich vor mich hin, weil ich meinen Willen durchsetzen konnte. Endlich läuft mal was nach Plan – das wurde aber auch Zeit.
Er hilft mir beim Anziehen, wirft sich selbst seinen Umhang mitsamt Kapuze über und kontrolliert den Flur vor der Tür. Ich verhülle mich ebenfalls mit der Kapuze. Daraufhin folge ich ihm aus dem Zimmer.
Wir steigen Treppen hinunter. An einer Biegung schrillen plötzlich meine inneren Alarmglocken. Blitzschnell ziehe ich Gillean in einen Seitengang, presse ihn an die Wand und halte ihm den Mund zu. Dabei reißt er überrascht die Augen auf. Er wehrt sich gegen diesen unfreiwilligen Körperkontakt mit mir. Ich habe Angst, er könnte uns damit verraten, doch er checkt es glücklicherweise, als fünf Sekunden später Wachen an uns vorbeigehen. Sobald die Luft rein ist, ziehe ich ihn weiter.
Der Tower liegt etwa hundert Meter neben dem Inquisitionsgebäude. Die Strecke legen wir schnell zurück.
Gillean führt mich zielsicher an der Steinmauer entlang, bis er an einer massiven Holztüre stoppt. Er zieht einen Stein aus der Mauer, der ziemlich schwer aussieht.
Mit einem Schlüssel, der bis jetzt an seinem Gürtel baumelte, schließt er die Türe auf. Daraufhin flüstert er: „Der Bann ist unterbrochen. Du hast zehn Minuten, bevor ich Alarm schlage Raven. Sag mir jetzt, wo mein Vater ist.“ Guter Versuch Cowboy – leider abgeschmettert.
„Das sag ich dir erst, wenn alle in Sicherheit sind. Nur für den Fall, dass du mich über den Tisch ziehen und mich da drin einsperren willst“, entgegne ich.
Einen Wimpernschlag später husche ich durch die Tür. Bedauerlicherweise nimmt er die Verfolgung auf, hält mich am Arm zurück und verkündet: „Dann bleibe ich solange an deiner Seite. Nur für den Fall, dass du mich über den Tisch ziehen willst.“ Wir haben hier wohl ein kleines Vertrauensproblem.
Ich rolle mit den Augen, während ich zwei Stufen auf einmal nehme, um so schnell wie möglich bei den Hexen zu sein. Vor dem Zellentrakt stoppe ich.
Der dicke Foltermeister reißt bei meinem Anblick die Augen auf, nimmt aber zwei Sekunden später die Beine in die Hände und flieht. Liegt vielleicht auch daran, dass ich die Flammen der Fackeln entfacht habe, damit es hier nicht mehr so gruslig ist. Das hat wohl gereicht, um ihn in die Flucht zu schlagen.
Ich schreie in Gedanken, was die die Zellentüren aufschwingen lässt. Gillean hat hinter mir scharf die Luft eingezogen. Vielleicht hat er auch Schiss vor mir.
Die Hexer, die selber laufen können, strömen heraus. „Helft ihnen und flieht“, verlange ich, während ich auf die zeige, die leblos in ihrem eigenen Blut liegen. Sie tun, was ich verlange und lösen sich reihenweise in Luft auf.
Da hier oben alle soweit befreit sind, mache ich mich zur Folterkammer auf. Glücklicherweise ist dort niemand mehr.
„Gibt es noch weitere Zellen?“, will ich von Gillean wissen.
„Nein“, informiert er mich.
Der Anblick der Folterwerkzeuge lässt Gänsehaut in mir aufsteigen. Kurz fühle ich mich auf die Streckbank zurückversetzt.
Mit einem „Raven?“, holt mich Gillean wieder ins Hier und Jetzt, der mich im nächsten Moment aus dem Gebäude zieht. Draußen angekommen atme ich erst mal meine Panik weg.
„Geht es dir gut?“, will er wissen, als ich mich an der Mauer des Towers abstütze.
„Nein“, gebe ich zu.
Ich spüre seine Hand an meiner Schulter und wende mich ihm zu. „Dein Vater ist in einer anderen Zeitdimension – im 21.
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