Wer den Himmel berührt
sagte sie.
»Es ist ganz egal, wie spät es ist. Es ist jetzt Zeit, dich nach Hause zu bringen. Ich habe dir geschworen, nichts zu überstürzen, und das werde ich auch nicht tun. Und wenn wir uns weiterhin küssen, tja … ich bringe dich jetzt nach Hause.«
Sie konnte ihn nicht auffordern, über Nacht zu bleiben, noch nicht einmal, wenn er in Fionas Zimmer schlief. Die ganze Stadt hätte darüber geredet. Sie hoffte, daß er gar nicht erst mit dem Gedanken spielte, bei ihr zu bleiben, noch nicht einmal auf dem Sofa. Irgendwie fürchtete sie sich. Wie weit durfte sie ihn gehen lassen? Gewiß nicht so weit, wie sie es sich gewünscht hätte.
Als sie zu Fionas Haus zurückfuhren, sagte er: »Ich habe mir für die Nacht ein Zimmer bei ›Addie’s‹ genommen. Aber um sieben hole ich dich zum Frühstück ab.«
»Überlaß das mir«, sagte sie. »Laß dir von mir das Frühstück machen.«
Er brachte sie an die Tür und gab ihr einen Gutenachtkuß. Sie sah ihm nach, als er über den Weg zur Straße lief, und sie wünschte, er wäre mit ihr ins Haus gekommen.
Zehn Minuten nach sieben, als Blake gerade Kaffee trank, während Cassie Pfannkuchen zubereitete, rief Horrie an.
»Cassie, ich glaube, wir haben einen Notfall. Ian James, erinnerst du dich noch an ihn? Das ist der, der so sauer auf dich ist, weil du nicht rausgerast bist, um nach seinem Abo zu sehen, und dann ist dieser Kerl gestorben. Also, seine Frau hat Schwierigkeiten. Ich habe ihm gesagt, daß wir ihn um halb acht zurückrufen. Ich gebe Sam Bescheid, damit er dich abholt.«
»Nein«, sagte Cassie. »Ich kann mich hinfahren lassen. In zehn Minuten bin ich da.«
Blake sah sie an. »Heißt das das, was ich befürchte?«
Er fuhr sie unverzüglich zur Funkzentrale. Horrie und er begrüßten einander, während sie bis halb acht warteten. Dann stellte Horrie die Verbindung her.
»Dr. Clarke, hier ist Ian James.« Eine Sekunde Pause. »Sind Sie da?«
»Ja, Mr. James. Hier spricht Dr. Clarke.«
»Es tut mir leid, daß ich Sie an einem Sonntag störe, aber meiner Frau geht es ziemlich schlecht. Ich mache mir Sorgen um sie.«
»Berichten Sie mir Genaueres.«
»Sie ist, nun, ja, das ist eine ziemlich delikate Angelegenheit.«
Cassie fragte sich, was wohl so delikat sein mochte, daß er es einem Arzt nicht erzählen konnte. »Ja, Mr. James?«
»Sie ist schwanger, etwa im vierten Monat. Letzte Nacht hat sie gegen Morgen Schmerzen bekommen, und die hat sie immer noch, und jetzt ist sie … ah … jetzt kommt Blut.«
Ich kann nur hoffen, daß er sich nicht so benimmt wie beim letzten Mal, dachte sie. »Fühlen Sie ihr den Puls. Wissen Sie, wie man das macht?«
»Im Handgelenk, stimmt’s?«
»Ja, suchen Sie den Pulsschlag. Hat Ihre Uhr einen Sekundenzeiger?«
»Klar.«
»Zählen Sie fünfzehn Sekunden lang die Pulsschläge, und multiplizieren Sie die Anzahl mit vier. Ich bleibe solange am Apparat.«
Horrie grinste. »Diesmal erhebt er keine Einwände, was?«
»Hundert«, sagte Ian James.
»Messen Sie ihre Temperatur.«
»Das habe ich bereits getan. Sie ist so gut wie normal.«
»Jetzt müssen wir herausfinden, wieviel Blut sie verloren hat.«
»Sie … sie hat etliche … Binden durchgeweicht.« Es klang, als bereitete es dem Mann Qualen, diese Worte auszusprechen. »Die Matratze ist schon blutig, und jetzt tropft es auf den Boden. Das scheint mir ein Ernstfall zu sein.«
»Mr. James, das
ist
ein Ernstfall. Wir werden so schnell wie irgend möglich zu Ihnen herausfliegen.«
Blake war zwölf Stunden gefahren, um mit ihr zusammenzusein, und jetzt würde sie von hier aufbrechen müssen. Sie wandte sich an Horrie. »Ruf Sam an und sag ihm, er soll
sofort
herkommen.« Sie sah Blake in der Tür stehen, als sie aufblickte.
»Liege ich richtig mit meiner Vermutung?« fragte er mit Gewitterwolken in den Augen.
Cassie nickte. »Wir müssen sofort rausfliegen.«
Blake sagte eine Minute lang kein Wort. »Wie lange werdet ihr fort sein?«
Cassie zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung. Es kann sein, daß wir Mrs. James auf der Stelle ins Krankenhaus bringen, aber möglicherweise kann ich auch dort draußen etwas tun.« Sie hätte gern mit dem Fuß aufgestampft oder geweint oder sonst etwas getan, alles andere lieber, als zu Ian James’ Gehöft hinauszufliegen. »Sie wohnen doch nicht allzu weit von euch entfernt, oder? Für den Hin- und Rückflug brauchen wir etwa fünf bis sechs Stunden. Wenn ich dort einen Eingriff vornehmen muß,
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