Wer den Himmel berührt
siebenundzwanzig gar so jung war. Sie war froh, daß sie nicht wie Chris in den Vierzigern war, falls es das Alter war, das einen zum Pessimisten machte. Sie sagte Sam, er sollte nicht auf sie warten – sie würde zu Fuß vom Krankenhaus nach Hause laufen. Auf dem Heimweg machte sie halt, um ein Soda zu trinken. Wenn es nicht zu Noteinsätzen kam, würde sie das ganze Wochenende frei haben. Gott sei Dank.
Als sie um die Ecke bog, sah sie einen zerbeulten, schmutzigen Pickup vor Fionas Haus stehen. Er war rot. Aus dem Fenster schaute ein Paar Stiefel heraus, ebenso staubig wie der Wagen. Als sie näher kam, sah sie, daß ein Mann auf dem Fahrersitz zurückgesunken war und sich den Stetson über das Gesicht gezogen hatte.
Sie beugte sich durch das offene Fenster und zog ihm den Hut vom Gesicht. Er schlug die Augen auf.
»Blake Thompson. Ich muß schon sagen, dich habe ich hier nicht erwartet.«
Er lächelte, ein träges, breites Lächeln. »Und ich dachte tatsächlich, du würdest mich fragen, warum ich nicht eher gekommen bin.« Er streckte den Arm aus und nahm ihre Hand. »Die Fahrt hat zwölf Stunden gedauert, aber ich dachte, ich komme noch rechtzeitig hier an, um zu verhindern, daß du an diesem Samstagabend mit einem anderen Mann tanzen gehst.«
Sie lachte. »Ich bin noch nie samstagabends tanzen gegangen.«
Er setzte sich aufrecht hin, öffnete die Tür und schwang seine langen Beine aus der Fahrerkabine. »Ich habe das Gefühl, du lügst nicht, aber das kann ich kaum glauben.«
»Es ist wahr«, sagte sie und schaute zu ihm auf. Sie fühlte sich unglaublich glücklich.
»Dann laß dir etwas Besonderes bieten«, sagte er. »Komm, laß uns zum Abendessen zu ›Addie’s‹ gehen.«
Cassie nickte. »Ich möchte mich vorher noch umziehen. Ich bin den ganzen Tag unterwegs gewesen.«
»Ist Fiona zu Hause?« fragte er, als er ihr zur Tür folgte.
»Sie ist in Irland oder zumindest auf dem Weg dorthin«, erklärte Cassie, während sie die Tür aufschloß. »Möchtest du ein Bier oder lieber Eistee?«
Blake neigte den Kopf auf eine Seite, streckte einen Arm aus, schlang ihn um sie und zog sie an sich. »Ich will einen Kuß«, sagte er und beugte sich vor, um ihre Lippen zart zu berühren. »Und jetzt ein Bier.«
»Läßt du mir genügend Zeit, damit ich mich noch schnell duschen kann?«
»Cassandra, solange wir zusammen sind, hat nichts auf Erden Eile. Mir ist vollkommen egal, ob wir jemals bei ›Addie’s‹ oder irgendwo sonst ankommen.«
»Warum nennst du mich so?«
»Cassandra? Nennt dich denn sonst niemand so?«
»Nein. Nie.«
Er grinste. »Dann liegt es wohl daran. Sieh mal, du weißt doch schon, daß wir einander lieben werden, wie wir nie einen anderen Menschen geliebt haben. Das weißt du doch, oder nicht?«
Cassie wandte sich ab und wollte in die Küche gehen, um ihm ein Bier zu holen.
Als sie ein Bier aus dem Kühlbehälter zog, stand Blake hinter ihr. Sie konnte seine Körperwärme spüren. »Das weißt du doch, oder nicht?«
Sie reichte ihm über die Schulter das Bier, ohne sich zu ihm umzudrehen.
»Cassandra Clarke, dreh dich um, und sieh mich an.«
Sie tat es.
»Du weißt es, nicht wahr? Sag mir, daß du es weißt.«
Sie seufzte. »Ja, ich weiß es.«
»Macht dir das Angst?«
Sie nickte. »Ich bin gelähmt vor Angst.«
Er grinste schief und unwiderstehlich. »Sag dir, daß dein Leben gerade erst anfängt.«
»Ich werde nächsten Monat achtundzwanzig, und mein Leben beginnt gerade erst?« Sie bemühte sich, ihre Worte witzig klingen zu lassen, doch sie schnürten ihr die Kehle zu.
»Wir werden so rasend intensiv miteinander leben, daß du glauben wirst, bis jetzt tot gewesen zu sein.«
O Gott. »Ist das ein Versprechen?« Es kam nicht so leichtfertig heraus, wie es gedacht gewesen war.
»Das liegt zum Teil auch an dir. Und jetzt stell dich unter die Dusche, und ich verspreche dir, daß ich nicht kommen und dir zusehen werde. Bald werden wir gemeinsam duschen. Hast du je mit jemandem zusammen unter der Dusche gestanden?«
Nein. Aber das sagte sie nicht.
»Wir werden es langsam angehen, Cassandra. Uns Zeit lassen. Sei nicht nervös. Alles, was wirklich lohnend ist, alles von dieser Größenordnung, birgt seine Risiken und sollte beängstigend sein. Fürchte dich, wenn es sein muß, aber ich werde dafür sorgen, daß deine Angst dich nicht davon abhält.«
19
I ch möchte, daß du für eine Woche nach Tookaringa kommst. Wir werden Vieh zusammentreiben. Du kommst mit mir
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