Wer den Teufel küsst...
die es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hatte, Willow und ihrer einzigen Freundin Judy Oberman das Leben schwer zu machen. Und dabei schreckte sie vor so ziemlich gar nichts zurück.
AuÃerdem stand heute noch eine Geschichtsarbeit auf dem Programm, und Willow hatte mal wieder keinen Plan von dem Stoff. Sie kam in der Schule einfach nicht mehr klar, seit sie hier lebten.
Nachdem sie sich das Gesicht trocken gerubbelt hatte, betrachtete sie es im Spiegel. Sie konnte nichts machen: Nicht mal die Blässe um ihre Nase herum würde für ihrer Mutter genug Grund zur Sorge geben. Willows Gesicht nahm nun mal von Natur aus kaum Farbe an.
Schon immer war sie ziemlich blass gewesen. Deshalb konnte ihre Mutter auch nicht verstehen, dass Willow vor einiger Zeit begonnen hatte, sich das von Natur aus kastanienbraune schulterlange Haar schwarz zu färben.
âDas macht dich doch nur noch blasser, Kind!â Das hatte Willow zu hören bekommen. âUnd die schwarzen Klamotten, die du seit Neuestem immer trägst, passen auch nicht gerade gut zu deiner hellen Haut!â
Willow hatte gar nicht richtig hingehört. Hier rein, da raus. Schwarz war nun mal die Farbe, in der sie sich im Moment am wohlsten fühlte. Aber so was verstand ihre Mom natürlich nicht. AuÃerdem wäre es sowieso ein Wunder gewesen, wenn sie auch nur irgendetwas gut gefunden hätte, was ihre Tochter tat.
Darauf konnte Willow wahrscheinlich noch die nächsten hundert Jahre warten. Es war doch sowieso immer dasselbe: Was immer sie auch machte, es gefiel ihrer Mutter grundsätzlich nicht.
Nicht so bei Josh, Willows fünf Jahre jüngerem Bruder. Der konnte zwar auch machen, was er wollte, allerdings mit dem Unterschied, dass bei ihm immer alles ganz toll oder zumindest ânicht so schlimmâ war.
Joshua Bukannon, das Nesthäkchen der Familie. Willow nervte das schon seit Ewigkeiten. Natürlich war ihr klar, warum ihre Mutter ihn so bevorzugte: Josh litt an Asthma, und seit die Krankheit bei ihm festgestellt worden war, drehte sich alles nur noch um ihn. Das ging sogar so weit, dass Willow den Ãrger manchmal abbekam, wenn ihr Bruder etwas ausgefressen hatte.
âDann hättest du halt mal ein bisschen auf ihn aufpassen müssenâ, sagte ihre Mom in so einem Fall gern. âDu bist schlieÃlich seine groÃe Schwester!â
In solchen Momenten hasste sie ihren Bruder, den armen kleinen Josh. Gleichzeitig hasste Willow aber auch sich, wenn solche Gefühle in ihr hochkamen. Immerhin war er ihr Bruder, und auÃerdem war er krank.
Und genau wegen dieser Krankheit hatte ihre Mutter vor etwas über einem halben Jahr den Entschluss gefasst, nach Dedmonâs Landing zu ziehen. âDie Seeluft wird deinem Bruder guttunâ, hatte sie zu Willow gesagt. âUnd ob ich hier oder dort als Ãrztin arbeite, spielt für mich keine Rolle. Der Doktor von Dedmonâs Landing geht nämlich in den Ruhestand, und ich kann seine Praxis übernehmen. Ich habe schon alles geregelt. Eine Patientin von mir, deren Tante dort wohnt, hat mich auf die Idee gebracht.â
Tja, und jetzt waren sie hier. Schon seit einem halben Jahr. Willow stöhnte. Dedmonâs Landing war garantiert das kleinste und ödeste Dorf auf der ganzen Welt. Von den Jugendlichen hier wurde es âDeadmanâs Landingâ genannt. Sie wusste nicht, warum genau sie das taten. Es hatte irgendetwas damit zu tun, dass vor langer Zeit einmal schlimme Dinge in dem Ort passiert waren.
Willow würde sich hier jedenfalls nie einleben, das stand für sie fest. Was konnte ihr dieses Kaff denn schon bieten? Nichts auÃer jeder Menge Ãrger in der Schule und mit Lisa Montgomery. Und ihre Freundinnen konnte sie an genau einem Finger abzählen.
In San Francisco hatte das ganz anders ausgesehen! Aber das war auch kein Wunder â da waren die Kids einfach cooler. Hier in diesem Kaff kam Willow sich oft allein schon wegen ihres Musikgeschmacks wie eine Aussätzige vor. Sie stand eben nicht auf Mainstream, sie konnte damit nichts anfangen. Früher war sie Metal-Fan gewesen. Vor einer Weile hatte sie dann Emo für sich entdeckt. Das war genau der Sound, der ihre Gefühle ausdrückte.
Wie das funktionierte, verstand sie selbst nicht genau, aber in dieser Musik fühlte sie sich einfach zu Hause, und in San Francisco hatte sie viele gekannt, denen es genauso ging. In Deadmanâs war das ganz anders. Hier
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