Wer den Teufel küsst...
Nein, sie wollte nicht nach Hause. Jetzt noch nicht.
âHeyâ, sagte sie schnell, âdas stimmt doch gar nicht. Es ist nur so, dass meine Mom nicht weiÃ, dass ich mich nachts drauÃen rumtreibe. Und wenn sie es rauskriegt, reiÃt sie mir, wenn ich Glück habe, den Kopf ab.â Sie lachte. âAber auf eine halbe Stunde mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an.â
Gabriel hob den Kopf und lächelte ihr zu. Willow schluckte. Sie merkte, wie ihre Knie weich wurden. Dieses Lächeln war wirklich der Hammer!
Schnell hockte sie sich in den Sand, und das war gut so, sonst wäre sie am Ende einfach umgekippt. Gabriel setzte sich neben sie, und für einen kurzen Moment hatte sie das Gefühl, von einem eisigen Windhauch gestreift zu werden.
Doch dann war es vorbei, und sie fühlte, wie Wärme ihren Körper durchflutete.
âIst das hier so was wie dein Lieblingsplatz?â, fragte Gabriel nach einer Weile.
Erstaunt sah sie ihn an. âStimmt. Woher weiÃt du das?â
âHab ich mir halt gedacht. Ich wüsste einfach nicht, was ein Mädchen in deinem Alter hier sonst mitten in der Nacht ganz allein machen sollte.â
âAuch wieder wahr. Und du? Was machst du hier?â
Er hob die Schultern. âDasselbe wie du. Ich komm oft hierher, um die Ruhe und den Frieden zu genieÃen. Ein idealer Platz zum Nachdenken, wenn du mich fragst.â
Gabriel sprach ihr aus der Seele. Sollte er tatsächlich so denken wie sie? âFind ich auchâ, sagte sie. âSag mal, wohnst du eigentlich schon lange in Deadmanâs? Ich frag nur, weil ⦠Also, ich bin jetzt seit etwa einem halben Jahr hier, aber ich hab dich noch nie gesehen.â
âIch lebe auch ziemlich zurückgezogenâ, antwortete er. âWir wohnen ein Stück auÃerhalb in einem kleinen Haus.â
âWir?â, hakte Willow nach.
âMeine Mutter und ich. Sie ist sehr krank, und ich muss mich um sie kümmern. Seit ich nicht mehr zur Schule muss, geh ich kaum noch raus.â
âUnd wovon lebt ihr?â
âMeine Mutter bekommt eine gute Rente, weil sie krank ist. Ab und zu helfe ich auch in einer Autowerkstatt weiter drauÃen aus. Aber meistens muss ich mich ja um meine Mutter kümmern.â
Plötzlich empfand Willow tiefes Mitgefühl für Gabriel. Sie schätzte ihn auf achtzehn oder neunzehn Jahre, aber durch die Krankheit seiner Mom schien er zehnmal erwachsener zu sein als andere Jugendliche in seinem Alter. Sicher war es sehr schwer, sich Tag für Tag um seine kranke Mutter kümmern zu müssen.
âAber lass uns lieber das Thema wechselnâ, schlug Gabriel vor. âEs gibt doch viel schönere Dinge, über die man reden kann. Was meinst du?â
âKlarâ, stimmte sie zu, und sobald sie begannen, sich über Gott und die Welt zu unterhalten, verging die Zeit wie im Flug.
Willow war richtig begeistert. Gabriel sah nicht nur wahnsinnig gut aus, er war auch nett und aufmerksam und erwies sich als guter Zuhörer. Sie schienen wirklich auf einer Wellenlänge zu liegen.
âSoâ, sagte er nach einer Weile, âich denke, jetzt wäre es aber wirklich Zeit für dich, ins Bett zu kommen, oder? SchlieÃlich muss einer von uns beiden morgen in die Schule, und drei Mal darfst du raten, wer das ist.â
âErinnere mich bloà nicht daran!â Lachend winkte Willow ab â und riss erschrocken die Augen auf, als sie einen Blick auf ihre Armbanduhr warf. âOje, schon so spät? Mist, da krieg ich im Unterricht wieder nichts auf die Reihe. AuÃerdem kann ich nur hoffen, dass meiner Mom echt nicht aufgefallen ist, dass ich weg bin.â
âSorry.â Schuldbewusst senkte Gabriel den Blick. âIch hätte dich vorhin wohl doch besser gleich gehen lassen sollen, was?â
Rasch winkte sie ab. âAch, Quatsch! Es war echt toll, mit dir hier zu sitzen und zu reden.â
âIch bringe dich auf jeden Fall noch nach Hause. Wo wohnst du?â
âNicht weit von hier.â Sie deutete nach hinten. âNur die StraÃe rauf und dann zwei Mal rechts. Meine Mom wollte unbedingt so nah wie möglich am Wasser wohnen, wegen meinem Bruder. Sie meint, das ist gut für seine Lungen.â Sie hatte Gabriel eben schon von Joshs Krankheit erzählt. âBist du denn mit dem Wagen da?â, erkundigte sie sich.
Gabriel nickte. âEr steht gleich an der StraÃe.
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