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Wer den Tod begruesst

Wer den Tod begruesst

Titel: Wer den Tod begruesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cindy Gerard
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Polizei?«
    »Die haben keine Ahnung.«
    Er schnaubte.
    Und sie sah rot.
    »Tut mir schrecklich Leid«, sagte sie mit ätzendem Tonfall, »aber das müssen Sie mir schon übersetzen. Männliches Schnauben ist mir leider nicht so geläufig.«
    Schon wieder so ein Beinahe-Lächeln, was sie aber geflissentlich übersah. »Übersetzt: Das ist nicht gerade viel.«
    Sie blickte wütend aus dem Fenster, während die Straßen vorbeirasten. »Und nicht genug, um sich darüber aufzuregen. Ich bin immer noch überzeugt, dass sich jemand einen Scherz erlaubt.«
    »Und Ihrer Erfahrung nach ist eine Todesdrohung ein Grund zum Lachen.«
    Jetzt war sie an der Reihe zu schnauben. »Erfahrung? Ich habe keinerlei Erfahrung mit so etwas. Ich will nur, dass es aufhört.«
    »Tja, Prinzessin, dann sind wir schon zu zweit.«
    Sie wirbelte herum und schaute in sein hartes Profil. Zuerst ließ sie ihrem Ärger freie Bahn. »Nennen Sie mich nicht Prinzessin.« Dann siegte die Neugierde: »Wenn Sie diesen Job so hassen, warum sind Sie dann hier?«
    Bei dem Blick, den er ihr zuwarf, als er den Kopf drehte und ihr in die Augen sah, überlief es sie gleichzeitig heiß und kalt. »Wenn ich das nur wüsste, zur Hölle.«
    Bevor sie sich von diesem neuerlichen Schub unerklärlicher erotischer Spannung erholen und sich über diese kryptische Bemerkung wundern konnte, bremste er und hielt auf einem Parkplatz, der übersät war mit Zeitungen, Fastfood-Verpackungen und den Überbleibseln eines abgewetzten Schuhs.
    Jillian blickte durch die Windschutzscheibe, blinzelte und schnappte nach Luft.
    »Eine Bar? Sie zerren mich mitten in der Nacht aus dem Bett, um mich in eine Bar zu führen?«
    Ungläubig starrte sie auf ein aschgraues Gebäude an der Ecke einer Seitenstraße, in der die Straßenlaternen entweder kaputt waren oder – und das war ein wirklich beruhigender Gedanke – jemand sie weggeschossen hatte.
    Erstaunlich. Er hatte sie beinahe schon überzeugt gehabt. Als er durch die Straßen gerast war wie ein Mann, der seinen Todestrieb überwinden wollte – oder ihn ausleben hatte sie einfach abgewartet und versucht, ihn neben sich in diesem smaragdgrünen Oldtimer-Mustang auszublenden. Seine harten Augen klebten auf den verlassenen Straßen, seine Bewegungen waren sparsam und effizient, wenn er in engen Kurven herunterschaltete und in zehn Minuten mehr rote Ampeln überfuhr als sie in ihrem gesamten bisherigen Leben. Sie hatte tatsächlich angenommen, dass sie vor irgendetwas davonliefen, nicht irgendwo hinliefen.
    Offenbar hatte sie sich getäuscht. Das war ihr in dieser Nacht schon häufiger passiert. Es gefiel ihr nicht. Und das hier auch nicht.
    Auf dem Schild an dem baufälligen, grauen Gebäude stand NIRVANA.
    In ihrem schlimmsten Albtraum vielleicht.
    Das einstöckige Haus stammte eindeutig aus der architektonischen Epoche früher industrieller Verfall. Über die dunkel gefärbten Fenster liefen Schmutzstreifen und … und etwas, von dem sie wirklich nicht genauer wissen wollte, was es war. Das dicke, bruchsichere Glas war mit Klebeband versehen, das kreuz und quer über ein Netz von Rissen geklebt war, das von einem runden Loch in der Mitte ausging. Eine Frau, die nicht ganz so tief in der Patsche saß wie sie, mochte das für ein Einschussloch halten. Um ja nicht zu wimmern wie ein Kleinkind, beschloss sie, nicht diese Frau zu sein.
    Durch die trüben und zerbrochenen Scheiben warb Leuchtreklame für verschiedene Biersorten vom Fass; unter den Fenstern priesen nicht gerade originelle Graffiti die Vorteile von jemandes Mutter in großen, roten Buchstaben an. Die Eingangstür – die aussah, als hätte sie jemand kürzlich eingetreten … mehrfach – wurde von einer leeren Bierkiste offen gehalten. Der Bürgersteig, in dessen pockennarbigem Beton wie in den Rissen der Hauswand Unkraut zäh ums Überleben kämpfte, war übersät mit braunen Glassplittern. Warum in dieser Umgebung überhaupt irgendetwas versuchte zu wachsen, war ihr unbegreiflich. Ebenso wenig verstand sie, was sie hier wollten.
    Mehrere riesige Motorräder und zwei zerbeulte Pick-ups standen direkt vor dem Haus. Von drinnen konnte man außer der ohrenbetäubenden Rockmusik aus der Musikbox, die sich wie giftige Schwaden in der feuchten Tropennacht ausbreitete, brüllendes Gelächter hören – tief, dreckig und bösartig. Durch das offene Seitenfenster konnte Jillian Zigarettenrauch und Bier und die unverkennbar unterschwellige Gefahr riechen.
    »Setzen Sie die auf.«
    Sie

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