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Wer den Tod begruesst

Wer den Tod begruesst

Titel: Wer den Tod begruesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cindy Gerard
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Satan selbst war. Es war ihm gleichgültig.
    »Wie lief der Job heute?« Ihre Stimme erreichte ihn aus dem Badezimmer durch das Geräusch des laufenden Wasserhahns hindurch.
    Sein Job. Der, den sie ihm besorgt hatte. Teller zu spülen in der Nachtschicht eines Hotelrestaurants war erniedrigend, aber es war ein Job, der erste zuverlässige Job seit drei Monaten, den jemand ihm dank Mary gegeben hatte.
    Er hörte, wie sie zurückkam zum Bett. Spürte, wie sie sich vorsichtig neben ihn auf die Bettkante setzte und ihm zwei Tabletten hinhielt.
    »Warum tust du das? Warum kommst du hierher?«
    »Weil du mich brauchst«, sagte sie und strich ihm über den Kopf. »Weil ich dich brauche.«
    Was er brauchte, war, dass man ihn in Ruhe ließ. Um in der Leere zu versinken, die er sich geschaffen hatte, um dem Schmerz der Realität auszuweichen. Der Realität, dass es ihn zu stören begann, nicht zu wissen, wer er war. Die Leere hatte ihn davor geschützt, dem ins Gesicht zu sehen.
    »Ist okay, Baby«, flüsterte sie mit einer Zärtlichkeit, die ihm Tränen in die Augen trieb.
    Er rollte sich wieder auf den Rücken, verschränkte die Arme im Nacken und schloss die Augen. Einsame Männer hatten Hoffnungen.
    Hatte er sich jemals derart einsam gefühlt?
    Mary brachte ihn dazu, sich der Verzweiflung zu stellen, wenn sie zu ihm kam. Sie brachte ihn dazu zu fühlen – sie und Jillian Kincaid, deren endlose Fragen ihn daran erinnerten, wie viele Fragen er nicht beantworten konnte.
    Er wusste wirklich nicht, wen er mehr hasste. Sich selbst dafür, dass er so schwach war, Mary dafür, dass er sich schuldig und grausam vorkam, sie zu benutzen, oder Jillian Kincaid dafür, dass sie ständig in seinen Wunden herumstocherte.
    Mary behauptete, dass sie sein Leben mit ihm teilen wolle. Dennoch fühlte er sich ihretwegen noch isolierter als zuvor und war in einem permanenten Gefühlswiderstreit. Wie konnte er ein Leben mit jemandem teilen, das vor weniger als zwei Jahren begonnen hatte, als er ohne jede Erinnerung im Krankenhaus erwacht war? Und wie konnte er Jillian Kincaid gegenüber noch irgendwelche Gefühle entwickeln nach den Intimitäten, die er und Mary miteinander teilten?
    Er hasste Jillian Kincaid für ihre endlosen Fragen.
    Und er musste etwas unternehmen, um sie aufzuhalten.
    Mary drehte den Wasserhahn auf und ließ kaltes Wasser über den Waschlappen laufen, den sie sich dann ans Gesicht presste. In dem anderen Zimmer schlief John. Er litt Qualen und war erschöpft. Qualen erleiden war ihr vertraut. Damit hatte sie gelebt, hatte gefleht, davon erlöst zu werden, wie nur ein hilfloses und verwirrtes Kind flehen konnte.
    Jetzt war sie kein Kind mehr. Aber sie trug die Narben, die sie als Kind davongetragen hatte, innerlich und äußerlich.
    Das Licht der nackten Glühbirnen über dem Waschbecken warf grelle Schatten über vom Weinen gerötete und geschwollene Augen. Sie schämte sich. Schämte sich ihrer Schwäche, den Tränen nachgegeben zu haben. Schmerzen zu ertragen war fester Bestandteil ihres Lebens gewesen, solange sie zurückdenken konnte. Also bat sie jetzt darum. Erwartete sie diese. Wie sollte sie sonst merken, dass sie existierte?
    Mit John war es nicht immer schmerzhaft. Manchmal konnte er auch sanft sein. Ihr etwas geben. Es war die Zärtlichkeit, der sie misstraute.
    Aber das war nicht der Grund, dass sie zu ihm gekommen war. Und auch nicht der, dass sie bei ihm blieb.
    Sie tupfte mit dem Waschlappen die aufgerissenen Mundwinkel und dachte an den eigentlichen Grund, dass sie ihn ausgewählt hatte. Warum sie ihre erste Begegnung so arrangiert hatte, dass sie ganz zufällig wirkte.
    Sie lächelte. Kluges Mädchen. Dann überfiel sie wieder Ernüchterung. Es machte sie traurig, ihn zu benutzen. Sie kannte seinen Schmerz genauso gut wie ihren eigenen. Auch sie hatte nichts gehabt. Auch sie war ein Niemand gewesen, aber nicht, weil sie wie John ihr Gedächtnis verloren hatte.
    Sie starrte ihr blasses Gesicht im rissigen Spiegel an und erinnerte sich nur zu gut an die Einsamkeit des kleinen Mädchens, das mit nichts aufgewachsen war.
    »Sowohl Jillian wie auch Darin Kincaid werden dafür bezahlen, was mir angetan wurde«, flüsterte sie.
    Bald. Sie hatte das Gefühl, dass es bald sein musste. Der Bodyguard war zu einem Hindernis geworden. Und John, anstatt gefügiger zu werden, zog sich immer mehr zurück. Noch einige Tage. Sie brauchte nur noch einige Tage, und Daddys kleiner Liebling wäre Daddys toter kleiner

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