Wer fuerchtet sich vor Stephen King
entfernt und fordern vom Leser Einfühlungsvermögen und Mitdenken. Eingebettet sind all diese individuellen Ängste in die große pauschale Angst vor dem Ende – vordergründig dem der Welt, letztlich damit aber dem des eigenen Lebens.
Als King 1978 den Roman veröffentlichte, war er noch nicht der Stephen King; er musste sich nach dem Markt richten, nicht – wie man heute den Eindruck hat – der Markt nach ihm. Sein damaliger Verlag war der Auffassung, 12,95 Dollar seien das Äußerste, was die Leser für ein neues Hardcover von King zahlen würden, und zu diesem Preis ließ sich das Buch nicht rechnen. Es war schlicht und einfach zu umfangreich. Um vierhundert Seiten – mehr, als manche Romane überhaupt umfassen – wurde das Manuskript von King gekürzt.
1990 erschien der Roman in einer Neufassung. Nicht in der Länge des ursprünglichen Manuskripts, wie King in seinem Vorwort den Leser warnt, sondern als Ausweitung des 1978 erschienenen Romans; ein modernisierter Text, der der Originalfassung aber sehr nahe kommt. King hat den Roman um zehn Jahre auf 1990 vorverlegt, behutsam modernisiert – Roger Rabbit und Freddy Krueger werden erwähnt –, einen neuen Anfang und ein neues Ende geschrieben sowie die Kürzungen zum größten Teil wieder eingefügt. Ob es nun der Mülleimermann oder Frannie ist, die Charaktere erleben und agieren viel mehr, gewinnen an Glaubwürdigkeit, werden noch plastischer geschildert.
Die ursprünglichen Kürzungen sind sehr geschickt vorgenommen. Anfangs fehlen einige Absätze, vielleicht die eine oder andere Seite; hauptsächlich in der Mitte hat King die erste Fassung stark gekürzt. So sind (ohne Gewähr auf Vollständigkeit) die Kapitel 11, 12, 14, 17, 20, 31, 35, 38 und 49 neu hinzugekommen; die Kapitel 18, 22, 23–26, 28, 35, 39, 41, 43, 44–48, 49, 51 und 73 wurden verändert, was auch bedeuten kann, dass man mitunter jeweils an die 30 vorher unbekannte Seiten findet.
DAS LETZTE GEFECHT ist zweifellos einer von Kings besten Romanen; es macht Freude, das Buch noch einmal aufzuschlagen und über alte Bekannte zu lesen; besonders, wenn sie etwas Neues zu erzählen haben, was hier der Fall ist. Mit dem LETZTEN GEFECHT hatte King im Jahr 1978 seinen Ruf nicht nur gefestigt, sondern geradezu betoniert.
DEAD ZONE: DEAD ZONE – DAS ATTENTAT * FIRESTARTER: FEUERKIND * CUJO * DIFFERENT SEASONS: FRÜHLING, SOMMER, HERBST UND TOD * CHRISTINE
„Nein… hier ist nichts verkehrt. […]
Aber war hier tatsächlich nichts verkehrt?
Es war verkehrt. Ganz verkehrt.“
CUJO, 1981
Die nächsten beiden Romane Kings sind, wie auch CARRIE, eher der Science Fiction als der Horrorliteratur zuzurechnen. Nach einem Unfall liegt Johnny Smith – schon der Name verrät, es könnte jedem von uns passieren – fünf Jahre im Koma. Als er erwacht, besitzt er die schon früher latent bei ihm vorhandene Fähigkeit des Zweiten Gesichts (die man als Psi-Begabung auffassen kann, ein typisches Motiv der Science Fiction): Er kann sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft sehen. Doch da ist auch die Dead Zone , ein wuchernder Punkt in ihm.
Johnny kann mit seiner Fähigkeit einiges Unheil verhindern, gerät in die Schlagzeilen, entlarvt einen Polizisten aus Castle Rock als Serienmörder, der dort sein Unwesen getrieben hat – und schüttelt schließlich dem faschistoiden Präsidentschaftskandidaten Greg Stillson die Hand. Augenblicklich erkennt er, dass Stillson als Präsident der USA den Atomkrieg befehlen wird, und beschließt, den Mann aufzuhalten. Das Attentat misslingt zwar, doch Stillson entpuppt sich als erbärmlicher Feigling, als er sich hinter einem Kind versteckt, und ist politisch erledigt. Johnny Smith wird bei dem Attentat erschossen.
DEAD ZONE – DAS ATTENTAT ist einer der wenigen ausgesprochen politischen Romane Kings, einerseits eine Abrechnung mit den verlorenen Illusionen der amerikanischen Realpolitik der siebziger Jahre, andererseits eine moralische Parabel, vielleicht auch eine Warnung: Lässt sich ein Mord rechtfertigen, wenn man damit größeres Unheil, ja sogar den Weltuntergang verhindern kann? Johnny Smith konnte diesen Mord nicht rechtfertigen: Im entscheidenden Augenblick hat er versagt, gerieten ihm die Dinge außer Kontrolle, und nur einer Verkettung glücklicher Umstände ist zu verdanken, dass Stillson nicht an die Macht kommt. Ein zentrales Motiv des Romans ist das Glücksrad, das dem ersten Teil auch den Titel gab. Es kann jeden von uns treffen, jeder muss
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