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Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Titel: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Silvey
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Ereignisse werden immer großartiger und verwegener erscheinen. Die Geschichte wird ihren eigenen Weg gehen und mit ihr mein Name. Sie wird sich zum Mythos verfestigen. Was jedoch keiner jemals erfahren wird, weder die an diesem Tag beteiligten Zuschauer noch jemand, der die Geschichte in späteren Tagen zu hören bekommt, ist, dass es mich am meisten Mut kostet, mich vorsichtig zu bücken und die vergammelten Früchte aus dem Meer von Bienen aufzuklauben. Meine Hände zittern so sehr, dass ich kaum die Finger bewegen kann. Doch ich kriege sie zu fassen, packe mir alle fünf warm, weich und matschig in die Armbeuge, und das Gefühl ist unglaublich; so, als wäre etwas an seinen Platz gerutscht, als könne man endlich Fahrrad fahren oder traue sich, im tiefsten Teil des Flusses schwimmen zu gehen. Ich drücke sie mir gegen die hämmernde Brust. Ich habe mir ein Herz gefasst.
    Ich mache kehrt und will siegreich zur wartenden Menge am Gatter zurückmarschieren. Doch plötzlich stürmt Jack Lionel durch seine Fliegengittertür, brüllt in den Himmel hinauf und schwenkt sein großes, ungeladenes Gewehr wie der Irre, für den ihn alle halten. Ich höre die Aufregung in der Gruppe an der Straße, die sich im Chor entlädt. Und ich kann Jeffrey Lu heraushören, schrill und voller Panik, der mir zuruft, dass ich aufpassen soll. Ich drehe mich um, lasse die Pfirsiche fallen und renne auf Jack Lionel zu. Leichtfüßig und entschlossen stelle ich mich ihm am Rand der Veranda entgegen und entreiße ihm mit einer einzigen heroischen Geste das Gewehr. Es ist schwerer, als ich erwartet hatte. Ich werfe es beiseite, versetze Jack einen Stoß gegen die Brust, der mir grinsend zuzwinkert, während er rückwärts taumelt und zu Boden geht, als hätte ich ihm an einem Westernset ins Herz geschossen. Es ist wirklich großes Kino. Dann stehe ich über ihm, strecke den Finger aus und mache eine unauffällige Geste, während er davonkriecht. Doch alles, was ich sage, ist:
Danke, Jack. Wir sehen uns Sonntag.
Er kichert und tut, als wälze er sich vor Schmerzen, und verabschiedet mich mit einem kurzen Nicken.
    Ich sammle das Obst wieder ein, das jetzt mit einer dicken Staubschicht versehen ist, und eile den Fahrweg entlang. Ich bemühe mich den harten Typ zu spielen, straffe die Schultern und atme stoßweise, als sei ich tatsächlich gerade siegreich aus einer Rauferei hervorgegangen. Jeffrey Lu kommt mir auf halbem Weg entgegen. Er war losgerannt, sobald er Lionel erblickte, war jedoch wie angewurzelt stehen geblieben, als er mich den Mann mit einem einzigen Stoß zu Boden befördern sah. Er kann nicht still stehen.
    «Ach du Scheiße! Ach du
Scheiße
! Chuck! Du hast ihn umgebracht!» Sein Blick ist wild. Und seine Stimme quiekt.
    «Ich hab ihn nicht umgebracht, du Idiot», erkläre ich ruhig. «Nur umgestoßen. Er wird schon wieder.»
    «Verdammte Hacke, Chuck! Er ist direkt auf dich los! Und mit einem
Gewehr
! Das war unglaublich. Ach du
Scheiße
! Du müsstest tot sein! Ich glaub’s einfach nicht! Wirklich nicht!»
    Wir gehen Seite an Seite. Zunächst empfängt mich ehrfürchtiges Schweigen. Doch dann umringen sie mich. Rufe der Bewunderung und des Schreckens werden laut. Irgendjemand bestätigt von unabhängiger Seite, dass ich die Wette gewonnen habe, doch die Geschichte ist jetzt über sich hinausgewachsen. Der Mann, den sie so leidenschaftlich gern fürchteten, hat mich angegriffen, und zum ersten Mal haben sie ihn leibhaftig zu Gesicht bekommen. Besser noch: Er ist genauso wütend und mörderisch aufgetreten, wie man es ihnen immer eingeredet hatte. Der Mythos hat sich für sie bestätigt. Er entsprach der Wahrheit. Und ich hatte den Mann, ohne zu zögern, niedergeschlagen. Ich hatte den Drachen erschlagen. Ich war der Held.
    Die Schar drängt sich immer enger um mich. Die Jüngeren berühren die Pfirsiche, die in meiner Armbeuge klemmen, als wären es runde Goldbarren. Der Rest von ihnen ist wie eine Pressemeute, die nach Informationen lechzt. Wie sieht er aus der Nähe aus? Hat er eine lange Narbe im Gesicht? Einen Totenschädel auf den Arm tätowiert?
    In Wirklichkeit ist es nicht annähernd so befriedigend, wie ich erwartet hatte. Ich habe endlich einen Pfirsich, doch mein Sieg fühlt sich ein wenig schal an. Trotzdem bereitet es mir tiefe Genugtuung, Warwick Trent mit verschränkten Armen im Hintergrund stehen zu sehen. Er sagt keinen Ton. Ich habe ihn besiegt.
    Auch die Pfirsiche fühlen sich wirklich gut an. Ich bin stolz

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