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Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Titel: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Silvey
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Ein Renaissancemensch. Gerade die Tatsache, dass er ein ganz normaler Typ mit einem Haufen Geld und brennenden Rachegelüsten ist, macht ihn doch zum Größten. Und weil er sowohl gegen als auch an der Seite von Leuten
mit
Superkräften kämpfen kann. Er ist ein Superheld, und du,
Sir
, bist ein Idiot.»
    «Charles, du bist wirklich der Gipfel der Dummheit. Ich sage es noch mal ganz langsam und zum Mitschreiben:
Batman hat keine Superkräfte. Er kann gar kein Superheld sein.
»
    Wenn er mich Charles nennt, weiß ich, dass ich im Begriff bin zu gewinnen.
    «Er
braucht
keine Superkräfte. Das ist es doch gerade. Du bist und bleibst ein Idiot, Jeffrey. Er weiß sich zu behaupten. Er hat ein Alter Ego. Und ein Kostüm. Er kämpft für Wahrheit und Gerechtigkeit. Er hat Erzfeinde. Und er vollbringt alles ohne irgendwelche komischen Mutationen. Er ist einfach nur
wild entschlossen
. Gerade das macht ihn doch so interessant. Die Tatsache, dass wir alle Batman sein können, wenn wir genug Hingabe und Leidenschaft an den Tag legen. Batman. Batmänner. Batmenschen. Genau das macht ihn zum Besten von allen.»
    Jeffrey schließt die Augen und bläst die Backen auf.
    «Du weißt, dass ich recht habe, Jeffrey. Lex Luthor braucht schließlich auch keine Superkräfte, um ein Superbösewicht zu sein. Man nennt das
Kon-
text. Schlag es nach. Es ist ein Comic, verdammt noch mal. Ich habe recht. Und du unrecht. Doug Walters ist ein Held. Muhammad Ali auch. Und Batman ist ein
Super
held. Ganz einfach. Und das, was ihn zum
größten
Superhelden macht, ist genau das, was du ihm vorwirfst: dass er ein ganz normaler Typ ist. Er ist fehlbar. Und im Gegensatz zu Superman braucht er Mut.»
    «Was zum Geier schwafelst du da, Charles? Superman ist
eindeutig
der mutigste Superheld. Du musst den Verstand verloren haben. Superman hat den Mut
erfunden
. Er wirft sich Kugeln in den Weg. Er schert sich nicht um Risiken. Er begibt sich in Gefahr, ohne darüber nachzudenken.»
    Ich breite die Arme aus.
    «Aber natürlich macht er das! Er ist schließlich Superman, du Idiot! Er ist
unverwundbar
, Jeffrey.»
    «Na und?» Jeffrey verzieht das Gesicht.
    «Das ist kein Mut. Er ist ein Mann aus Stahl, du Spinner. Er ist unbesiegbar. Er muss nicht mutig sein. Wie kann es mutig sein, sich einer Kugel entgegenzustellen, wenn sie einem nichts anhaben kann?»
    Jeffrey runzelt skeptisch die Stirn und sagt nichts mehr.
    «Batman ist anders, verstehst du? Er ist sterblich. Er setzt sein Leben aufs Spiel. Superman muss bloß Kryptonit aus dem Weg gehen. Na und? Superman hat keine Angst, weil er sich außer vor einem blöden Mineral, dem er unter ganz besonderen Umständen begegnen könnte, vor nichts fürchten muss. Batman ist genauso verletzbar wie wir alle, also hat er auch die gleichen Ängste wie wir. Deshalb ist er der Mutigste: Weil er es schafft, sie beiseitezuschieben und weiterzukämpfen. Was ich damit sagen will, ist: Je mehr man zu verlieren hat, desto mutiger ist es, sich einzusetzen. Deshalb ist Batman Superman überlegen, und deshalb bin ich um Längen cleverer als du.»
    Ich bin ein Genie. Ich habe gewonnen.
    «Pfff! Na und? Ich wette, wenn Superman ihn zu Klump haut, hat Batman mit seiner ganzen Überlegenheit nicht mehr viel zu melden.»
    Jeffrey führt ein paar merkwürdige Kung-Fu-Schläge aus, zuckt dann mit den Achseln und verzieht das Gesicht. Er geht mit schlurfenden Schritten, bis wir den östlichen Stadtrand erreichen. Doch plötzlich beginnt er hämisch zu grinsen.
    «Na, hoffentlich fühlst
du
dich mutig», sagt er und streckt den Arm aus.
    Es ist Eliza Wishart.
    Der Ziegelstein in meinem Magen rutscht eine Etage tiefer.
    Sie trägt ein schlichtes, ärmelloses Kleid mit beige-grünen Streifen. Ihr Haar wirkt wie ausgedünnt. Vielleicht liegt es an der Hitze. Ihre Haut ist gerötet. Normalerweise ist sie lilienweiß. Sie steht vor dem Buchladen, im Schatten einer Jacaranda, und sieht sich die herabgesetzten Secondhand-Bücher an, die auf Tapeziertischen aufgestapelt sind. Eines hält sie aufgeschlagen in der Hand. Ich würde gern wissen, was es ist.
    Niemand weiß von Laura. Das hat diese Szene zu bedeuten. Niemand außer Jasper und mir. Trotzdem frage ich mich, wie Eliza Wishart hier stehen kann, wenn ihre Schwester doch offensichtlich verschwunden ist. Wie kann sie in Büchern blättern und dabei so zurückhaltend und gelassen wirken wie immer?
    Elizas Verhalten hat mich schon immer fasziniert. Sie wirkt bekümmert und gleichzeitig

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