Wer hat Angst vor Jasper Jones?
eingesperrt. Eigentlich sollte ich bis nach Silvester dort bleiben, doch nach einer kurzen Anhörung wurde ich wegen guter Führung vorzeitig entlassen.
Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag und der Beginn des Countryweek-Cricketturniers. Sie haben Jeffrey als zwölften Mann in die Hauptmannschaft aufgenommen, doch das ist kein plötzliches Zugeständnis an seine Fähigkeiten: Sie brauchen einfach jemanden, der, ohne zu klagen, kleine Aufgaben übernimmt. Das gleiche Almosen gewährt die Seniorenmannschaft immer Neville Schank, einem bedauernswerten Cricketenthusiasten mit Down-Syndrom, der voller Stolz und Begeisterung irgendwelche niederen Dienste für sie erledigt. Ähnlich wie Neville ist Jeffrey die Aufregung in Person. Er war schon zweimal hier heute Morgen, in stocksteif gestärkter weißer Montur, und hat mich angefleht, zum Cricketplatz zu kommen. Ich musste ihn beide Male daran erinnern, dass ich Hausarrest habe. Doch zu meiner eigenen Überraschung hatten meine Eltern ein Einsehen und ließen mich vorzeitig raus. Meine Zeit im Fegefeuer ist um. Ich darf wieder an die Sonne. Es waren zwei lange Wochen.
Als wir in jener Nacht ins Haus kamen, rechnete ich damit, erschlagen zu werden. Stattdessen herrschte im Wohnzimmer angespannte, vorsichtige Besorgnis. Es roch nach Lammfett und kalter Soße. Ich fühlte mich immer noch übel und betrunken, aber nüchtern genug, um mich auch so zu verhalten. Die Polizisten blieben da, zwei aus dem Ort und einer aus der Stadt. Er sah aus wie ein Verkäufer, mit seinem grauen Anzug und dem Hut. Meine Mutter hockte auf der Sofakante. Wie sich herausstellte, war sie nach Hause gekommen und hatte bemerkt, dass in meinem Zimmer noch Licht brannte. Nachdem sie erfolglos angeklopft hatte, war sie hineingestürmt, hatte festgestellt, dass es leer war und die Glaslamellen meiner Jalousie aufgestapelt auf dem Bett lagen. Sie war in Panik geraten.
Mein Vater stand in der Küchentür und sah zu, während sie mir Fragen stellten. Ob ich mit Jasper Jones zusammen gewesen sei, wollten sie wissen.
Ich hatte schreckliche Angst; gleichzeitig schien mir etwas innerlich einen Tritt zu versetzen, und ich stellte fest, dass ich Talent zum Lügen hatte. Ich sah ihnen fest in die Augen und tischte ihnen die beste Geschichte auf, die ich zustande brachte. Es war, als hätte ich meinen Koffer aufschnappen lassen und angefangen, an meinem Schreibtisch einen Faden zu spinnen, Fakten und Fiktion miteinander zu verweben. Es war faktional. Jeffrey hatte recht gehabt: Es kam tatsächlich nur drauf an, wie man eine Sache darstellte. Ich hatte sie am Haken, und jetzt holte ich die Angelschnur ein. Alle nickten, als wäre es die reine Wahrheit, und notierten es auf einem gelben Block.
Ich fing an von Eliza Wishart zu erzählen.
Errötend ließ ich sie wissen, dass ich sie gern mochte und nachts nicht hatte schlafen können. Die Gedanken an sie hatten mich nicht losgelassen, und ich fühlte mich besorgt und allein. Ich beschrieb ihnen, wie ich mir immer wieder vorstellte, dass sie ebenfalls schlaflos dalag und sich fragte, wo ihre Schwester war und ob es ihr gutging. Schließlich hatte ich es nicht länger ausgehalten. Ich wollte sie trösten, weil ich wusste, dass sie verzweifelt war, ließ ich die Männer wissen. Also schlich ich mich raus, um zu ihr zu gehen. Nur um mit ihr zu reden und mich zu vergewissern, dass mit ihr alles in Ordnung war. Zu meiner Überraschung nickten sie und kauften mir alles ab. Mutiger geworden, schmückte ich meine Lüge aus und gestand, dass ich Eliza schon einmal getroffen hatte, an jenem Tag, als ich vorgegeben hatte, in der Bücherei gewesen zu sein, doch es sei mir zu peinlich gewesen, es zuzugeben. Ich rechnete mir aus, dass diese Behauptung meine Lüge glaubwürdiger erscheinen lassen würde, falls sie der Sache nachgingen, schließlich hatte mich Elizas Mutter an jenem Tag mit ihr zusammen gesehen.
Außerdem erzählte ich den Männern, dass ich es heute Nacht nicht bis zu Elizas Haus geschafft hatte. Sobald ich die Streifenwagen bemerkte, war ich stehen geblieben und hatte mich in einem nahegelegenen Vorgarten versteckt. Da ich nicht in Schwierigkeiten geraten wollte, war ich auf Umwegen zurückgeschlichen, in der Hoffnung, mich unbemerkt wieder auf mein Zimmer schmuggeln zu können. Nicht einen Moment lang sei ich auf den Gedanken gekommen, die Streifenwagen könnten nach mir suchen. Was stimmte.
Als ich den Kopf hob, stellte ich erleichtert fest, dass sie alles
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