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Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Titel: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Silvey
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Wer immer das getan hat, befindet sich noch in Corrigan. Und es bedeutet, dass er zurückgekommen ist und festgestellt hat, dass sie fort ist. Verschwunden. Dass sie von dem Ort, an dem er sie zurückgelassen hat, entfernt und alle Spuren verwischt wurden. Ob er annimmt, die Polizei hätte sie gefunden? Oder weiß er von Jasper Jones und vermutet, dass es sein Werk war? Das bringt mich zu der Frage, ob Jasper dadurch Probleme bekommen kann. Und wenn das so ist, gilt das wohl auch für mich.
    Wir nähern uns dem Grundstück von Mad Jack Lionel. Die Lichter sind aus, und es ist unheimlich still. Kann es wirklich sein, dass er hinter all dem steckt? War er gerade draußen, um sein ungutes Gefühl in den Baum zu ritzen? Wieder bleibt Jasper am Tor stehen und starrt zum Haus hinüber, das sich düster auf das Grundstück duckt. Ich dränge ihn weiterzugehen. Es ist immer noch dunkel, doch lange kann es nicht mehr dauern. Wir müssen uns beeilen.
    Als wir die Stadtmitte erreichen, bin ich überrascht und besorgt über den Betrieb, der dort herrscht. Jasper muss es genauso ergehen, denn als wir uns hinter ein Gebäude ducken, um den Scheinwerfern zweier herankommender Fahrzeuge auszuweichen, dreht er sich zu mir um.
    «Das ist seltsam, Charlie. Die Streifenwagen sind wieder da. Die waren um diese Zeit seit der ersten Nacht nicht mehr unterwegs. Vielleicht haben sie einen Tipp bekommen und sind unterwegs, um jemanden zu verhaften.»
    In meiner Brust hämmert es, als wir uns mit dem Rücken an die Mauer drücken.
    «Bist du sicher? Es können doch auch Kerle sein, die vom Sovereign nach Hause kommen. Vielleicht hat das Pub nur gerade zugemacht», flüstere ich.
    «Absolut sicher, Kumpel. Besoffene Bergleute fahren nicht so langsam. Und die Wagen hab ich schon mal gesehen. Das ist eine Polizeistreife, Charlie. Glaubs mir. Wir müssen uns in Acht nehmen, verstanden?»
    Ich nicke, und wir brechen auf. Gehen so leise und vorsichtig, wie wir können, bleiben dicht neben den Büschen und Gebäuden. Wir durchqueren Grundstücke und verwaiste Schrebergärten und gleiten hinter alles, was uns Deckung bietet. Meine Beine sind immer noch bleischwer, aber mein Verstand ist ein wenig schärfer, meine Sehkraft etwas besser. Ich habe einen sauren Geschmack im Mund. Mein Schweiß fühlt sich ölig an. Ich sehne mich danach, nach Hause zu kommen. Ich wünschte, ich wäre nie fortgegangen.
    Am gefährlichsten wird es an der Kreuzung Simpson und Bourke Street, wo ein Pickup der Polizei auftaucht, ohne dass wir ihn vorher gehört haben. Als Jasper die Lichter bemerkt, stößt er mich heftig zu Boden, und wir rollen in einen Entwässerungsgraben neben der Straße. Ich halte die Luft an, als der weiße Blechstreifen vorüberzieht. Wir bleiben unten. Jasper rollt sich auf die Seite und dreht sich zu mir um.
    «Ich kapier das nicht, Charlie. Das ist wirklich komisch. So waren sie noch nie unterwegs. Vor allem nicht so spät. Außerdem kommen sie normalerweise nicht in diese Gegend. Keine Ahnung, was hier los ist. Aber wir sollten schleunigst zurück, so viel ist klar.»
    «Es ist nicht mehr weit bis zu unserem Haus. Nur ein paar Straßen weiter», sage ich hastig und bedrückt.
    Ich verstumme, obwohl mir noch mehr auf der Zunge liegt. Ich will vorschlagen, dass wir uns trennen. Will Jasper sagen, dass er mich hier allein lassen und so schnell wie möglich nach Hause gehen soll. Ich weiß, dass es das Beste wäre, doch ich bringe es nicht fertig. Auch wenn mir klar ist, was es bedeuten würde, wenn man Jasper erwischt. Aber ich kann es nicht. Die Vorstellung, hier draußen allein zu bleiben, lähmt mich vor Angst. Ich hasse mich dafür. Ich fühlte mich wie ein Stück Dreck. Selbstsüchtig und rückgratlos.
    Jasper hat nicht die geringste Absicht, sich zu trennen. Er zwinkert mir lächelnd zu.
    «Uns passiert nichts.»
    Gerade als wir aufstehen wollen, legt Jasper mir die Hand auf den Rücken und drückt mich fest nach unten, während ein weiterer Wagen an uns vorüberschleicht. Diesmal fährt er den langgestreckten Hügel hinauf, der zu meiner Straße führt.
    «Scheiße. Das war knapp», sage ich.
    «Komm, schnell. Wir bleiben auf dieser Straßenseite», zischt Jasper. Wir laufen geduckt und so leise wir können. Unter unseren Füßen knacken Kies und Zweige, in der angespannten heißen Luft hört es sich an wie Feuerwerkskörper. Zum Glück kündigen sich auf dem Weg zu meiner Straße keine weiteren Wagen mehr an. Wir biegen um die Ecke. Ich

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