Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
tun haben wollen, könnten wir eine künstliche Befruchtung in Betracht ziehen statt einer In-vitro-Fertilisation.“
Es dauerte eine Sekunde, ehe Pia das Problem begriff. „Ich versuche nicht, schwanger zu werden“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Na ja, in gewisser Weise versuche ich es doch, aber es ist nicht so, wie Sie denken.“
Dr. Galloway lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. „Was sollte ich nicht denken?“
„Crystal Westland hat mir ihre Embryonen hinterlassen.“
Die Miene der Ärztin wurde weich. „Hat sie das? Ich habe mich schon gefragt, was Crystal wohl tun würde. Die Ärmste, sie hat so leiden müssen. Es ist ein Verlust für uns alle.“ Sie atmete tief durch. „Also wollen Sie jetzt tatsächlich Crystals Babys bekommen?“
Wollen ist vielleicht ein wenig übertrieben, dachte Pia. Sie hatte die Veränderung in ihrem Leben akzeptiert und versuchte, damit zu leben. Vielleicht würde das „Wollen“ später kommen.
„Ich werde sie bekommen“, sagte Pia fest und versuchte, bei ihren Worten nicht zusammenzuzucken. „Was wäre der nächste Schritt?“
Dr. Galloway überlegte einen Moment. „Wir untersuchen Sie, um zu sehen, ob Sie gesund sind. Nehmen Ihnen ein bisschen Blut ab und was sonst noch dazugehört.“
Sie stand auf und ging auf die andere Seite des Schreibtisches. Nachdem sie sich gesetzt hatte, zog sie einen Block heraus und machte sich ein paar Notizen. „Wie viele Embryonen gibt es?“
„Drei.“
„Sie wollen sie alle gleichzeitig eingesetzt bekommen?“
„Ich weiß nicht. Soll ich?“
„Es ist wahrscheinlich das Beste.“ Die Ärztin hob den Kopf. „Der Vorgang ist eigentlich ganz einfach. Die Embryonen tauen auf natürliche Weise auf, bis sie Zimmertemperatur erreicht haben. Man taucht sie in unterschiedliche Lösungen, um sämtliche noch verbleibenden Reste der Stickstoffverbindung abzuwaschen, die für das Einfrieren benutzt wurde. Dann werden sie auf Körpertemperatur gebracht und eingesetzt. Das kann ich machen. Es ist ein einfaches Verfahren, ziemlich schmerzfrei.“
Sie zog mehrere Broschüren aus einer Schublade. „Dann bleiben Sie ein paar Minuten liegen, um den Embryonen Zeit zu geben, sich an Ihren Körper zu gewöhnen. Zwei Wochen später prüfen wir, ob Sie schwanger sind.“
Das klingt ja gar nicht so schlimm, dachte Pia. „Muss ich Hormone nehmen? Der Typ im Labor sagte etwas davon, dass mein Körper vorbereitet werden müsste.“
„Das kommt darauf an. Wir überprüfen Ihren Zyklus mit einer Reihe von Ultraschalluntersuchungen. Wenn Sie bereit sind, setzen wir sie ein.“ Dr. Galloway beugte sich zu ihr vor. „Es ist möglich, dass nicht alle Embryonen das Einfrieren überlebt haben.“
Daran hatte Pia noch gar nicht gedacht. „Wissen wir das, wenn sie aufgetaut sind?“
„Ja, man prüft sie, bevor sie eingesetzt werden.“
Die Ärztin reichte ihr die Broschüren. „Die können Sie sich durchlesen. Darin finden Sie noch mehr Einzelheiten, wasgenau passiert. Implantationen sind sicher und schnell. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass dies etwas anderes als eine ganz normale Schwangerschaft sein wird.“
Pia öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie schaute auf ihre Hände, dann wieder zur Ärztin. „Was ist, wenn ich etwas Schlimmes getan habe?“
Dr. Galloway schüttelte den Kopf. „Es ist nichts Unmoralisches, Crystals Kinder zu bekommen, Pia. Es ist ein Akt der Liebe.“
„Das meinte ich nicht. Ich meine …“ Sie schluckte. „Als ich auf dem College war, hatte ich einen Freund. Ich … war schwanger.“
„Sie hatten eine Abtreibung.“ Dr. Galloway seufzte. „Das passiert ständig und hat keinen Einfluss auf …“
„Nein“, unterbrach Pia sie schnell. „Hatte ich nicht. Ich hatte solche Angst, ich konnte gar nicht fassen, dass es tatsächlich passiert war. Der Typ, mit dem ich zusammen war, hätte mich niemals geheiratet, selbst wenn ich es gewollt hätte, was ich nicht tat. Ich habe mir die ganze Zeit gewünscht, dass das Baby verschwinden möge. Eines Morgens bin ich aufgewacht und habe geblutet. Ich hatte meine Periode bekommen.“
Sie konnte spüren, wie die Schuldgefühle und die Beschämung wieder in ihr aufstiegen. „Ich habe mir gewünscht, dass mein ungeborenes Kind stirbt, und dann ist es passiert.“
Die Ärztin stand auf, zog Pia hoch und umschloss ihre Hände.
„Nein“, erklärte sie mit fester Stimme. „So viel Macht haben Sie nicht, Pia. Niemand von uns hat so viel Macht. Ein
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