Wer hat Tims Mutter entführt?
langsam. „Zuviel. Ja, zuviel.“ Er griff nach seinem Glas.
„Leider habe ich meine
Zigaretten vergessen“, sagte Tim. „Könnten Sie mir mit einer aushelfen, Herr
Dramp?“
Karl und Klößchen fiel fast der
Löffel aus der Hand.
Gaby hatte ihren schon
weggelegt.
Dramp zögerte. Sein schmales,
glattes Gesicht glänzte ein wenig. Schweiß?
„Du rauchst?“
„Wie ein Schlot“, log Tim.
„Seit ich zwölf bin.“
„Bevor ihr mit dem Qualmen
anfangt“, sagte Mortius, „wäre es mir lieber, wenn wir aufbrechen. Tut mir
leid. Aber eben fällt mir ein, daß ich ein ganz wichtiges Telefonat vergessen
habe. Nach Übersee. Mein Gesprächspartner wartet. Luciano!“ Er hob die Stimme
wie Donnerhall. „Die Rechnung!“
Tim wechselte einen Blick mit
seinen Freunden und spürte, wie sich seine gesträubten Nackenhaare ganz langsam
wieder glätteten. Sowohl Edith wie auch Mortius verhinderten, daß Dramp seine
Zigaretten hervorholte. Rauchte er vielleicht dieselbe Marke wie der Kidnapper?
Luciano, der Kellner, brachte
die Rechnung auf einem kleinen Silbertablett.
Offenbar hatte Mortius sauteure
Weine getrunken, Raritäten aus der Schatzkammer der Rebensäfte. Denn die
Rechnung schien hoch zu sein.
Mortius öffnete seine
Brieftasche, in der zentimeterdick die Kohle steckte, entnahm ungeniert drei
500-DM-Scheine und legte sie auf die Rechnung.
„Trotz meiner
Glimmstengelleidenschaft“, sagte Tim, „vertragen meine Augen manchmal keinen
Rauch. Dann beißt er in die Schleimhäute. Wie jetzt.“
Er zog seine Sonnenbrille
hervor und setzte sie auf.
Karl folgte seinem Beispiel —
und wurde blaß bis zum Kragen.
Dann hatte auch Gaby ihre
Sonnenbrille auf der Nase.
„Maskiert ihr euch?“ fragte
Dramp. „Oder habt ihr alle empfindliche Augen?“
Tim wandte sich an Karl. „Ruf
schon mal die Polizei an. Die Kripo soll sofort herkommen. Frag, wer dort
zuständig ist für Menschenraub. Ich passe auf, daß von diesen drei Misttypen
hier keiner seinen Hintern vom Stuhl hebt. Und wenn doch, dann soll’s mir ein
Vergnügen sein. Die Dame nagele ich nur an die Wand. Aber den beiden
Verbrechern schlage ich die Gehirnschale ein. Los, Karl!“
Der Gedächtniskünstler sprang
auf und eilte zur Theke.
Dramps Gesicht war blutleer und
schien zu versteinern.
Mortius starrte Tim an. „Bist
du übergeschnappt?“
Tim beugte sich vor. Mit einem
Griff riß er dem Chemie-Industriellen die Brieftasche aus dem Jackett.
Sie fiel auf den Tisch.
Tim schüttelte das dicke Bündel
Banknoten heraus und fächerte es auseinander.
Jeder Geldschein — aber auch
jeder - zeigte ein rötlich schimmerndes X.
„Es... ist... unglaublich“,
flüsterte Gaby.
Tim nahm seine Sonnenbrille ab
und sah Mortius in die Augen. Das knochige, einwärts gebogene Gesicht mit der
höckrigen Stirn hatte jetzt die Farbe von zerkochten Nudeln.
„Sie verdammtes Stück Dreck“,
sagte Tim, „haben meine Mutter gekidnappt. Sie und Ihre beiden Komplizen hier.
Weshalb — das wird meine Mutter mir selber sagen. Sie, Mortius, haben nur noch
eine Chance, Ihre Gesundheit über die nächsten zehn Minuten zu retten — bis zum
Eintreffen der Polizei. Sagen Sie sofort, wo Sie meine Mutter gefangen halten!
Sagen Sie’s, sonst zertrümmere ich diese Flasche hier auf Ihrem Schädel.
Rausreden können Sie sich nicht. Wir haben den absoluten Beweis. Dies hier sind
die Scheine aus dem Lösegeld. Wir haben sie markiert, jeden einzelnen,
unsichtbar für Sie, aber deutlich sichtbar für uns — durch unsere
Sonnenbrillen.“
Tim hatte eine verkorkte
Flasche gepackt, die Zierde eines Weinregals war, das hinter ihm stand.
„Tim!“ flüsterte Gaby. „Bring
ihn nicht um. Der ist das nicht wert. Er muß es sowieso sagen.“
„Doch!“ stieß Tim durch die
Zähne. „Ich tu’s. Für meine Mutter. Für jede Sekunde, die sie voller Angst
verbringen mußte. Wegen diesem Verbrecher.“
Kalter Schweiß lief Mortius
übers Gesicht. Der Mund zitterte. Er — wie auch Dramp — machte nicht mal mehr
den Versuch zu leugnen. Er gab auf.
Zu Tims Verblüffung sagte Edith
Pressler: „Deine Mutter befindet sich im Keller des Hauses Kielmannsweg 46. Ein
altes Gebäude, in dem niemand mehr wohnt. Das Grundstück gehört ihm.“ Sie
meinte Mortius. „Wir haben mit der Sache nur am Rande zu tun. Adolf hat mich
und meinen Bruder zum Mitmachen gezwungen.“
„Red nicht, du Kanaille!“
Mortius sprach leise. Auch seine Stimme zitterte. „Wer hat denn dafür plädiert
Weitere Kostenlose Bücher