Wer hat Tims Mutter entführt?
sagte
Gaby, „nur noch bis Mittwochvormittag 10 Uhr zu warten. Wenn Tims Mutter bis
dahin nicht zurück ist, schicke ich meinem Vater ein Telegramm. Er ist
Kriminalkommissar, aber zur Zeit leider nicht erreichbar, nämlich bei einer
Sondereinheit in Italien — zur Bekämpfung der Mafia-Verbrechen. Irgendwie wird
er’s bestimmt einrichten können, daß er seinen hiesigen Kollegen Amtshilfe
leistet. Und dann ist was los.“
„Und wie!“ bekräftigte
Klößchen. „Kommissar Glockner ist ein As. Wir arbeiten hervorragend zusammen.“
„Wer ist wir?“ fragte Dramp.
„Wir, die TKKG-Bande, und Herr
Glockner.“
„Aha!“ Dramp lachte
geringschätzig.
„Da gibt es nichts zu lachen“,
schaltete Karl sich ein. „Es sind Tatsachen. Wir könnten Ihnen bis morgen früh
Beispiele erzählen. Wir sind nicht nur Schüler, die vor der Glotze hängen oder
sich den Walkman ins Ohr stopfen. Wir kümmern uns um Fälle, vor denen sogar
Erwachsene zurückschrecken.“
„Aber was Frau Carsten
betrifft“, sagte Edith Pressler honigsüß, „da hat euch euer detektivischer
Spürsinn im Stich gelassen. Oder habt ihr eine Spur?“
„Wir haben eine“, erwiderte
Tim, „allerdings nur eine kleine. Der Kidnapper, der das Geld abholte, hat
Nerven gezeigt, als er im Sudfrei-Haus oben hinter dem Fenster warten mußte —
auf mich und das Geld. Er hat vier Zigaretten geraucht und aus Nervosität das
Korkmundstück — es sind Filterzigaretten einer bestimmten Sorte — zerbissen. Er
war auch blöd genug, die Zigarettenstummel zurückzulassen. Wir haben sie
gefunden. Wir werden sie der Kripo bringen. Vielleicht sind Fingerabdrücke
drauf.“
Eine Weile herrschte Schweigen.
Mortius, Dramp und Edith
Pressler schienen nur auf den Verkehr zu achten.
Sie fuhren jetzt durch die
Innenstadt. Wegen des lauen Abends waren die Straßen belebt.
„Gaby, Karl und Klößchen hatten
sich gestern im Fellgerber-Viertel postiert“, fuhr Tim fort. „Leider haben wir
nicht die richtigen Stellen ausgesucht. Sonst hätte einer von uns den Kidnapper
gesehen — und natürlich verfolgt.“
Dramp räusperte sich und mußte
scharf bremsen, sonst wäre er bei Rot über eine Ampel gerast.
Mortius lächelte in den
Rückspiegel. „Bei soviel Tüchtigkeit habt ihr euch ein tolles Essen verdient.“
Himmel! dachte Tim. Dieser
Idiot behandelt uns wie Abc-Schüler, die man mit einem Vanilleeis belohnt.
Das Restaurant hieß A
MEZZANOTTE (Um Mitternacht), hatte aber auch tagsüber geöffnet.
Der Geschäftsführer — ein Typ
mit gewaltigem Schnurrbart — schien Mortius zu kennen. Jedenfalls empfing er
den Chemie-Industriellen mit einer Mischung aus Begeisterung und Beflissenheit.
In einer Nische war ein
ausreichend großer Tisch reserviert worden.
Tim saß zwischen Edith Pressler
und Gaby und achtete darauf, daß er seiner Freundin beim Platznehmen den Stuhl
zurechtschob.
Bei Edith Pressler besorgte das
der Kellner.
Das Essen war großartig.
Mortius bestellte für alle das toskanische Feinschmecker-Menü mit knackfrischem
Salat, gemischtem Vorspeisenteller, Spaghetti in Knoblauch-Mandelsoße,
Seeteufel als Fischgang und schließlich Kalbfleisch mit Salbei. Den Nachtisch
konnte sich jeder nach eigenem Geschmack aussuchen. Tim verzichtete. Klößchen
ließ sich vom Kellner beraten, welches die größte Portion sei.
Mortius trank schon die zweite
Flasche Rotwein.
Dramp hielt sich zurück. Er
mußte fahren.
Edith Pressler hatte Sekt —
oder war’s Champagner? — geschlürft.
Die TKKG-Bande blieb
selbstverständlich bei Mineralwasser.
Eigenartig, dachte Tim. Immer,
wenn wir irgendwo zum Essen eingeladen werden, ist die Stimmung bombig. Aber
hier kommt keine auf. Das Gespräch tröpfelt. Die Pressler sagt gar nichts.
Dramp ist so verkrampft, als hätte er Bauchschmerzen. Mortius bemüht sich zwar,
ist aber gedanklich nicht dabei. Jetzt hat er mich schon fünfmal gefragt, ob
Susanne als Mutter streng ist oder eher nachsichtig. Überhaupt — was geht das
den an?
Dramp aß Käse zum Nachtisch,
hatte sich eben den letzten Brocken reingeschoben und fragte seine Schwester —
die schon lange mit allen zehn Fingern trommelte — , ob er rauchen dürfe.
„Was fragst du?“ kam es
ungehalten zurück. „Selbstver... Neiiiiin! Heute nicht.“
„Was?“ Dramps Hand erstarrte in
der Jackettasche.
„Heute nicht. Du solltest nicht
rauchen. Du rauchst überhaupt zuviel.“ Beschwörend starrte sie ihn an.
„Ich glaube, du hast recht“,
sagte er
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