Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
spricht über ihren letzten Shoppingmarathon mit ihren Freundinnen.
In Barnies Augen sind Luisas Freundinnen Zicken, was ihn allerdings nicht daran gehindert hat, mit mindestens einer von ihnen geschlechtlich zu verkehren. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weit höher. Marie jedenfalls wunderte sich eine ganze Weile, warum Barnie nie zurückrief. Wer ihren Zorn und damit den Zorn der Clique ausbaden musste, braucht man wohl nicht extra zu erwähnen. »Dein mieser Freund«, meckerte Luisa wochenlang.
Dass es aber allein Barnie zu verdanken war, dass wir uns wiedergefunden haben, erwähnte sie mit keiner Silbe. Ohne ihn gäbe es kein wir .
Ich bringe Barnie noch ein Bier.
»Und jetzt?«
»Es ist nur …«, beginne ich. »Ich weiß nicht, Barnie. Ich meine, Liebe ja, aber gleich heiraten? Meine Eltern waren auch verheiratet. Aber genützt hat ihnen das nichts. Ist doch nur ein Wisch vom Amt.«
»Wo steckt Luisa überhaupt?«
»Ist mit ihren Mädels unterwegs.«
»Wie geht’s ihrer Freundin, dieser Marie?«
»Mit der du unbedingt intim werden musstest.«
Barnie zuckt mit den Schultern. »Weil sie es wollte. Vergiss das nicht.«
»Werde ich bestimmt nicht.«
»Mach halt ’ne Liste«, lenkt er geschickt vom Thema ab.
»Was für eine Liste?« Ich bin genervt.
»Pro und Kontra. Für und Wider die Ehe.«
»Ich mach doch keine Liste. Wie wär’s aber mal mit einem Rat, der wirklich hilft?«
»Bin ich dein Therapeut?«
»Nein, aber mein bester Freund.«
»Mach ’ne Liste.«
»Verdammt noch mal, ich mach keine Liste!«
Barnie seufzt. »Okay, anders gefragt: Was spräche für eine Hochzeit?«
»Liebe!?«
»War das jetzt ein Ausrufe- oder Fragezeichen?«
»Ich habe Angst, Barnie, dass es nicht funktioniert. Dass wir eine wunderbare Beziehung eintauschen gegen die Ehehölle.«
»Guter Punkt. Kontra. Was noch?«
Ich überlege. »Ich möchte jeden Tag mit ihr verbringen.«
»Das tust du erstens schon, und zweitens hört sich das schwul an. Bist du die Frau in eurer Beziehung?«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, entgegne ich beleidigt.
»Vielleicht will Luisa gar nicht heiraten.«
»Natürlich will sie das.«
»Hat sie gefragt: Mark, willst du mich heiraten?«
»Nein.«
»Also.«
»Luisa ist altmodisch«, versuche ich meinem besten Freund zu erklären. »Sie würde nie fragen. Für Luisa ist das Männersache.«
»Wenn du aber die Frau bist …«
Ich werfe Barnie einen bösen Blick zu. Er sieht mal wieder aus wie eine Mischung aus Londoner Dandy und Landlord. Rote Socken, breites Karo, eine Mischung aus Pete Doherty und Prinz Charles. Seine dunkelroten Haare erinnern allerdings eher an Prinzessin Dianas Reitlehrer.
»Schau dir doch diese verheirateten Trottel an, Mark. Den Hansi, den Frank, den Klaus.«
»Die Hochzeit von Klaus war nett.«
»Nett ist scheiße. Ohne diese Cousine …«
»Ich will’s bitte nicht wissen.«
Während Barnie in der zweiten Halbzeit mittels Fernhypnose die gegnerischen Spieler zu beeinflussen versucht, hocke ich mich zu meinem Kühlschrank in die Küche und mache die verdammte Liste. Es dauert keine fünf Minuten, bis auf der Pro-Spalte kein Platz mehr ist. Die Pros beginnen mit Äußerlichkeiten und enden mit Luisas inneren Werten. Man liest ja überall, Männern seien innere Werte egal, aber das stimmt nicht. Luisas Güte, Großzügigkeit, Herzlichkeit, Humor, Mitgefühl und scharfer Verstand sind mir mindestens so wichtig wie ihr hübscher Hintern, ihre grünen Augen, ihre schwarzen Haare, ihr wunderschönes Gesicht. Wenn ich dürfte, würde ich ihr Foto als das Ideal für Schönheit in die Praxis hängen.
»Blöder Kühlschrank«, sage ich zu meinem Kühlschrank. Er zeigt keinerlei Bereitschaft, sich mit einem guten oder wenigstens gut gemeinten Rat einzubringen. Was nutzt es, dass er auf Knopfdruck Eiswürfel auswirft? Ich brauche selten Eiswürfel. Ich brauche jemanden, der mir einen triftigen Grund nennt, warum ich Luisa nicht fragen sollte, meine Frau zu werden.
Ich könnte vor dem Start ins lange Wochenende Migräne oder Bauchschmerzen oder eine schlimme Tropenkrankheit vortäuschen. Luisa würde das allerdings sofort durchschauen. Mein letzter Ausflug in die Tropen liegt nämlich leider schon zehn Jahre zurück, das letzte Mal krank war ich in der Schulzeit. Das Sonderbare ist ja: Den Ring habe ich schon in der Tasche, vor Wochen gekauft. Hoffentlich gefällt er Luisa. Er ist sehr schlicht mit einem kleinen Brillanten. Meine Freundin mag keine
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