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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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werden.
    Unser kleiner, stiller, gemeinsamer Augenblick bleibt nicht lange unentdeckt. Unsere Freunde und Verwandten kommen in champagnerseliger Stimmung auf uns zu, umarmen uns, bald bilden wir eine Traube, wo einer den anderen ganz stark an sich drückt.
    Natürlich wollen sie alle wissen, was passiert ist. Vor lauter aufgeregter Fragen kommen wir nicht zum Beantworten. Außerdem schluckt George Michael jedes Wort.
    »Moment«, schreie ich, so laut es meine ramponierte Stimme noch zulässt. Ich brülle dem DJ etwas ins Ohr, und er fährt ganz sachte und langsam die Musik herunter. Dann reicht er mir das Mikrofon.
    »Hallo? Hört ihr mich?«, sage ich.
    »Jaaaa«, plärren die Gäste zurück, als wären sie begeisterte Zuschauer beim Kasperltheater.
    »Eigentlich«, beginne ich meine kurze Rede, »eigentlich ist schon alles heute gesagt worden. Ich danke euch so sehr, dass ihr mit uns diesen wunderschönen Tag und Abend verbringt. Wie ihr vielleicht wisst, kommen wir gerade aus dem Krankenhaus. Keine Angst. Uns geht’s gut. Auch Luisa hat außer ein paar blauen Flecken keine größeren Blessuren davongetragen. Die Punktrichter werteten den Kampf übrigens einstimmig für sie.«
    Applaus brandet auf. Luisas rechter und linker Arm werden in die Luft gestreckt.
    »Und es gibt noch eine gute Nachricht: Mein bester Freund Barnie und seine Lilly sind Eltern!«
    »YEEEEEAAAAAAH!«, schreien hundertfünfzig Stimmen im Chor.
    Erst jetzt fällt mir auf, dass noch keiner gegangen ist.
    »Um auch noch die letzte offene Frage zu beantworten«, fahre ich fort, während alle mit Schaumwein auf das Baby und die Eltern anstoßen: »Es ist ein Junge! Mein Patensohn!«
    Eine Welle des Glücks schwappt durch den Saal, gefolgt von La Ola und jubelnden Menschen. »Auf den Vater! Und natürlich auf die Mutter!« Unser DJ – wer hat diesen Musik-Gott eigentlich ausgesucht? Wollten wir nicht eine Band? – liefert den passenden Song. Der ganze Saal hüpft und grölt »Mamma mia!«.
    Als sich irgendwann die allgemeine Raserei langsam legt und die Ersten das Käsebüfett in Beschlag nehmen, ist es fast zwei Uhr morgens. Hätte ich mir meine perfekte Hochzeit vorgestellt, dann hätte sie genau so sein sollen. Eine Riesenparty mit den Leuten, die uns am wichtigsten sind. Ich bin besoffen vor Freude. Vielleicht auch ein klein wenig vom Champagner und Merlot.
    »Mark, wir haben was vergessen«, flüstert mir meine Frau ins Ohr.
    Ich überlege, spiele sämtliche Szenarien in Gedanken kurz durch, finde aber keine Lösung. »Was denn?«
    »Unseren Tanz! Unseren ersten Walzer als Ehepaar!«
    »Verdammt!« Ich setze sofort mein Glas ab. »Ich habe sogar schon ein Lied ausgesucht.«
    Gemeinsam gehen wir auf die Tanzfläche. Wir nehmen Aufstellung, und ich gebe dem DJ das verabredete Zeichen. Der winkt aber bloß ab.
    »Was ist?« Für einen Moment bekomme ich es mit der Angst zu tun. Hat der Typ etwa schon Feierabend? Ich will aber noch tanzen. »Bitte!«, sage ich eindringlich.
    Der DJ quittiert meine Bitte mit einem müden Lächeln und zeigt hinter uns. Mir fallen fast die Augen aus den Höhlen. Was ist das? Wo kommt das Klavier her? Carlo nimmt auf einem Hocker davor Platz und schlägt die ersten Takte An der schönen blauen Donau an. Plötzlich setzt Dominik mit der Violine ein, dann mein Vater am Kontrabass.
    »Darf ich bitten?« Luisa strahlt mich an. Honigkuchenpferd nichts dagegen.
    Mir fehlen die Worte. Ich nicke nur. Und wir drehen uns im Kreis.
    Ich vergesse die Zeit. Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei. Alles Walzer.
    Als sich nach ein paar Minuten die ersten Paare zu uns auf die Tanzfläche gesellt haben, wechselt abrupt die Lautstärke und die Musikrichtung. Der DJ übernimmt plötzlich wieder das Kommando, und statt Johann Strauss rocken nun AC/DC das Wasserwerk.
    »Und das ist?«, fragt Luisa misstrauisch.
    »Unser Lied!«
    »Kann man auf You shook me all night long Walzer tanzen?«
    »Man vielleicht nicht. Wir schon.«
    »Ich liebe dich, Mark.«
    »Und ich dich erst.«



Danke!
    Okay, wir haben keinen Oscar gewonnen. Noch nicht einmal den Buchpreis. Und das mit der Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen ist auch schon ein paar Jahre her. Trotzdem wollen wir uns an dieser Stelle bei einigen für uns sehr wichtigen Menschen bedanken, ohne die es dieses Buch nicht gäbe. Oder vielleicht als Thriller, in dem die Menschen einander nicht lieben, sondern bloß hassen und kaltblütig meucheln.
    Vielen Dank an unsere Freunde. Für eure

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