Wer Liebe verspricht
war – geschnitztes Elfenbein, Jadefigürchen, gravierte Metallschalen, Krüge und Räuchergefäße, Messingbuddhas und Mingvasen. »Die John-Kompanie setzt im Küsten- und Flußverkehr bereits Dampfschiffe ein. In England und Amerika ziehen Dampfmaschinen Züge. Weshalb sollten wir nicht hier damit anfangen?«
»Erstens«, fragte Ransome trocken, »wo ist die Kohle? Die Königliche Marine unterhält ihre eigenen Bunkerstationen, die wir nicht benutzen können. Jeder Brocken, der in Raniganj gefördert wird – und neunzigtausend Tonnen im Jahr sind immer noch sehr wenig –, wird für die im Bau befindliche Bahnlinie von Bombay nach Thana gelagert. Wir wollen keinen Tagträumen nachhängen, Josh.« Sein Ton wurde schärfer: »Von der Kohle, die es im Augenblick gibt, steht nichts für private Unternehmungen zur Verfügung.«
Sir Joshua drehte sich um und kam zurück. Sein Gesicht war plötzlich ausdruckslos. »Raniganj wird wachsen. Es wird andere Kohlegruben geben. Wir wissen zum Beispiel, daß es Kohle in …« Er machte eine Pause, holte tief Luft und sein kurzes Auflachen hatte plötzlich etwas Durchtriebenes, »in Kirtinagar gibt«.
»Ah!« Ransome atmete hörbar ein. »Ich hatte schon seit geraumer Zeit den Verdacht, daß du darauf hinaus willst, Josh. Und jetzt weiß ich, daß du wirklich nach dem Mond greifst!« Er lachte, aber es klang gereizt.
»Wieso? Ich weiß, von welchem Kaliber die einheimischen Fürsten sind. Zeig ihnen hübschen Tand aus Europa, gib ihren Launen nach, schmeichle ihrem Geltungsbedürfnis, erweise ihnen Gefälligkeiten –, und sie verkaufen dir ihre Großmutter, wenn der Preis stimmt.« Sein Gesicht wirkte hart und entschlossen.
Ransome richtete sich langsam auf und sah seinen Partner überrascht an. »Aber Josh, wir kennen beide den Ruf von Arvind Singh. Er ist keiner der Maharadschas, die du im Sinn hast.«
»Pah!« Sir Joshua machte eine verächtliche Geste. »Im Innersten sind sie alle gleich – und es gibt mehr als eine Möglichkeit, einen Affen zu fangen. Arvind Singh braucht das große Geld für sein Bewässerungsprojekt. Wenn die Europäer ein Konsortium mit Kaufleuten wie Jardine, Gillanders, Barry und vielleicht einem Jutepflanzer bilden würden, wären wir in der Lage, Arvind Singh ein Angebot zu machen, das er nicht ablehnen kann. Es gibt keinen Kaufmann in Kalkutta, der nicht seine Seele für Dampfschiffe verkaufen würde. Wir brauchen nur eine starke Verhandlungsposition.«
Olivia kam es plötzlich vor, als habe sich der Ton des Gesprächs unmerklich gewandelt. Es ging jetzt offenbar nicht mehr nur um eine Meinungsverschiedenheit. Knisternde Spannung lag in der Luft und ein unausgesprochenes Gefühl von Besorgnis. Ransome schwieg lange, während er das rechte Bein bewegte, das stark von Gicht befallen war. Dann sagte er so leise, daß Olivia ihn kaum hörte: »Ich weiß nicht, Josh, ob du den Haken an der Geschichte vergißt oder bewußt nicht sehen willst. Wir wissen beide, daß es wohl kaum darum geht, den Launen des Maharadschas nachzugeben. Und genausowenig kann ich glauben, daß du, ausgerechnet du, die andere Möglichkeit erwägst.« Sir Joshua drehte seinem Partner wütend den breiten Rücken zu und ballte die Fäuste gegen die beiden Seiten seines Körpers, schwieg jedoch. Ransome sprach hartnäckig weiter. »Ich bin auch nicht glücklich darüber, Josh, daß dieser Mann seinen Klipper in Clydeside mit einer Dampfmaschine ausgerüstet hat, die das Schiff mindestens doppelt so schnell macht wie unsere Teepötte. Aber Kala Kanta ist eine Ausnahme. Gewiß, auch ich bin grün vor Neid auf seinen Erfolg, doch wir müssen uns damit abfinden, daß wir ihm auf dem amerikanischen Markt nicht gewachsen sind – zur Zeit nicht. Kala Kanta hat einen zu großen Vorsprung. Und nachdem er auch noch auf diesen geschickten Dreh gekommen ist, Tee in kleinen Einzelpackungen zu verkaufen …«
»Verdammt noch mal! Daran habe ich schon vor zwei Jahren gedacht!«
»Ja«, stimmte Ransome ruhig zu, »aber Kala Kanta hat es getan.«
»Du drückst dich wohl vor einer Herausforderung, Arthur?« Sir Joshuas Stimme klang hart, störrisch und wütend. »Er hat den Markt noch nicht ganz an sich gerissen. Von diesem Mond gibt es immer noch große Scheiben für uns !«
»Das mag sehr wohl sein. Aber um Kala Kanta im Westen gewachsen zu sein, müßten wir unsere Investitionen im Osten drosseln. Und dazu bin ich nicht bereit. Unser Fundament ist das Chinageschäft. Wir sind
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