Beide grinsen und formen mit den Fingern ein siegesgewisses V.
Jetzt streckt Tom seinen Arm ganz dicht vor die Kameralinse. »Und hier, an meinem Handgelenk, da fehlt was. Meine Uhr. Sie ist nämlich weg, seit dem Klassenfest neulich. Das Team hat heute also eine Mission: Wir müssen sie wiederfinden, koste es, was es wolle, und wenn wir dabei draufgehen.«
»Tadadadammm!«, trötet Vicky.
Das Bild erbebt, Tom hat die Kamera wieder an sich genommen. Er erweitert den Bildausschnitt auf Weitwinkel und dreht sich langsam um seine eigene Achse. Bäume sausen durchs Bild, unendlich viele Bäume, viel zu schnell. Flirrendes Licht.
Mit düsterer Stimme spricht Tom: »Hier haben wir am Dienstag gefeiert, irgendwo in diesem Wald muss sie sein, die Uhr! Und das Team will sie finden. Dieser Kampf erscheint aussichtslos, doch er ist es nicht, denn das Team kämpft nicht allein. Da ist zum Glück noch Cassie, genannt Superdog. Die gnadenlose, unerbittliche, wilde, gefährliche Cassie. Ihrer Supernase entgeht nichts.«
»Tadadadamm«, hört man wieder Vickys Stimme.
Die Kamera bremst, schwenkt nach unten und zeigt ein zottiges braunes Hundetier, das mit den Vorderpfoten ein Loch in den weichen Waldboden gräbt. Es bohrt seine Nase in die feuchte Erde, niest, schüttelt sich und gräbt weiter. »Cassie«, ruft Tom. Die Hündin hebt den Kopf und hechelt mit erdiger Nase in die Kamera. Die Begeisterung ist ihr deutlich anzusehen – für das Mauseloch, nicht für die Uhr.
»Wild, gefährlich und unerbittlich«, wiederholt Tom dennoch. »Das ist Cassie. Sie wird jetzt die Witterung aufnehmen und die Spur ins Unterholz verfolgen. Los, Cass, such.«
»Tadadadamm«, sagt Vicky.
Cassie buddelt weiter.
»Fortsetzung folgt!«, ruft Tom. Das Bild wird schwarz.
Betreff: Re: Oscarverdächtig
Datum: 05.06., 21:47 Uhr
Von: Felix von Winning <
[email protected] >
An: Tom Barker <
[email protected] >
Wieso VICKY??? Geht’s noch?
cu
Felix
Betreff: Re: Oscarverdächtig
Datum: 05.06., 22:05 Uhr
Von: Felix von Winning <
[email protected] >
An: Tom Barker <
[email protected] >
Antworte!
Sofort!!!
Was läuft zwischen dir und Vicky? Warum war sie dabei? Was ist mit Lilia? Und – habt ihr die Uhr gefunden????
Ich weiß, dass du on bist!!!
Betreff: Stell mir keine Fragen, dann erzähl ich keine Lügen
Datum: 05.06., 23:37 Uhr
Von: Tom Barker <
[email protected] >
An: Felix von Winning <
[email protected] >
Jaaaaaa. Guuuut. Ich wollte, dass du dir Fragen stellst. Ich wollte deinen Kreislauf anregen und dein Hirn auf Touren bringen. Deine Kur-Ärzte werden mir dankbar sein. Aber ich bin nicht grausam. Hier die Antworten:
Zu Frage 1: Haben wir die Uhr gefunden?
Jau.
Zu Frage 2: Warum war Vicky dabei?
Ihr Vater hat ein Metallsuchgerät. Ohne wären wir chancenlos gewesen. Ich war jetzt schon drei Mal im Wald und hab die Uhr nicht gefunden. Überall Laub!
Zu Frage 3: Was läuft zwischen mir und Vicky?
Nix.
Zu Frage 4: Was ist mit Lilia?
Falsche Frage. Ich denke darüber nach, wenn ich auf der Insel bin und ein bisschen Abstand habe.
Tja, ein paar Fragen bleiben immer, so ist das Leben.
Ciao
Tom
Montag, 6. Juni
Jep. Maikens Idee ist gut. Richtig gut. Wildnis, Wildpferde, wilde Kühe und ich. Ich gehe auf diese Insel und kämpfe dort gegen Naturgewalten. Ich bin selbst wild und gefährlich und ich sehe umwerfend dabei aus. Und er ist auch da! Tarzan und Jane waren gestern. Denn jetzt: Gibt es Lilia und Tom. Yeah!
6.00 Uhr Iiiiiiiiiih! Daaaaa! Kreiiiiiiisch. Eine Spinne. Auf meinem Tiiiiisch!!!
6.05 Uhr Und einatmen. Und ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Sooooo. Lockerlassen. Gaaaanz locker.
6.07 Uhr Puh. Schon besser. Und jetzt nachdenken. Ich. Raubtier. Instinkte. Kämpfen!
6.15 Uhr Hey, alles im Griff! Die Spinne ist weg und ich habe sie bezwungen! Ich!
Habe einfach meinen Föhn genommen und heiße Luft an ihre haarigen Beinchen gepustet. Das mochte sie nicht, da ist sie weggekrabbelt. Ich todesmutig hinterher! Mit meinem Föhnhabe ich sie durchs Zimmer gejagt, in die Ecke getrieben und schließlich aus dem Fenster gepustet.
Tschacka! Ich bin absolut tauglich für die Wildnis!
6.23 Uhr Okay, in der Wildnis gibt es vermutlich keinen Föhn. Mir doch egal. Dann nehme ich eben ein Schilfrohr und puste alle Krabbeltiere mit meinem heißen Atem weg. Ich schaff das!
Ich gehe nämlich wirklich in die Wildnis.
Maiken hat mir gestern doch noch die lange Version ihres Plans erzählt. Es ging