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Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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jeansige Blau des Holzes und das strahlende Weiß dazwischen – ich musste mir ziemlich heftig auf die Lippen beißen. Tröstete mich damit, dass auch Löb irgendwann einen letzten Blick auf sein Geburtshaus geworfen hatte. Welch glorreiche Zukunft war ihm in der Neuen Welt beschieden gewesen!
    Fiona hatte es eilig, ins Auto zu kommen, obwohl die Luft darin kochte. Wir kurbelten alle Fenster runter.
    Weiter nach Wohlmannsgesees. Zum Druidenhain  17 . Mit einer Freundin hatte ich einmal vor langen Jahren zwischen den bemoosten Felsbrocken übernachtet. In der Dämmerung hatten wir uns gefürchtet und richtiggehend darauf gewartet, Druiden in langen Kapuzenmänteln zwischen den Steinquadern hervortreten zu sehen.
    Ich schloss die Augen. Hörte dem Brummen der Hummeln zu und wischte die Mücken weg, die sich auf mein verschwitztes Haar setzten. Es war ganz still hier im Wald. Im Unterholz raschelte es. Vielleicht doch ein Druide.
    Â»Let’s get away from here!«, bat Fiona plötzlich.
    Â»Don’t you like it?«
    Blöde Frage, ich konnte sehen, dass sie Angst hatte, obwohl mitten am Tag kaum geheimnistrunkene Gefühle hochkommen konnten. Dazu hätten wir auf die Dunkelheit warten müssen, aber dafür war keine Zeit. Ich hatte keine. Ich musste noch Kisten packen. Wohnung leerräumen. Eigentlich hatte ich nicht die Spur Freiraum für eine Rundfahrt durchs Fränkische. Aber da stand ich, an einen Stein gelehnt, streichelte sein Moos. Dann sah ich, nur für Bruchteile von Sekunden, etwas Weißes hinter einem Baum aufflackern.
    Ein leichter Wind kam auf und ließ die Blattkronen der Bäume rauschen. Ich fröstelte in der Wärme.

    *

    Als wir wieder am Auto waren, hatten wir Hunger. Ich riss die Nachotüte auf. Wir tranken Cola. Es war warm und nicht mehr sonderlich erfrischend. Ich wollte weiter. Zur Burg Rabenstein  18 .
    Weil die Sonne nun schon senkrecht am Himmel stand, fuhren wir den steilen Berg zur Burg hinauf; ansonsten hätte ich im Tal geparkt und den Wanderweg genommen, der sich durch den Wald hinaufwand.
    Gut möglich, dass der Knilch in Weiß dann seine Chance bekommen hätte. (Ich schwöre Ihnen, als ich den Kadett aus dem engen Tal den Hang hinauflenkte, wusste ich noch nichts von ihm!) Aber so brauchte er sie gar nicht. Die Chance, meine ich. Weil Fiona ohnehin eingeschüchtert war. Weil sie nervös war. Ich sah es an ihren Händen, die sie ineinander krampfte, bis sie weiß waren. An der Art, wie sie die Lippen zusammenkniff. An ihren Blicken in den Rückspiegel. Wie sie immer wieder nach dem Rucksack tastete, der friedlich auf dem Rücksitz lag. Entweder dachte sie, ich würde nichts davon merken, oder es war ihr gleichgültig. Ich nehme heute an, sie war in einem Zustand, in dem ihr bereits alles egal war. Wie hätte ich es damals wissen können! Erinnerungen sind trügerisch, aber jetzt, da ich alles aufschreibe, kommt es mir vor, als hätte ich selbst den Anblick der trutzigen Burg kaum ertragen können, weil ihre Mauern unerwartet abweisend schienen. Wir hätten was trinken sollen im Biergarten. Aber da waren zu viele Leute. Ich fragte mich, ob es in Kanada Biergärten gäbe. Wahrscheinlich nicht. Ich stellte plötzlich alles infrage: meine Entscheidung, auszuwandern, mein ganzes bisheriges Leben.
    Ich sah die weiße Lederkluft nicht. Weder im Biergarten noch bei der Falknerei, die Fiona nicht besichtigen wollte. Sie hatte auch keine Lust auf die Sophienhöhle   19 . Vielleicht mied sie geschlossene Räume. Vielleicht wusste sie nicht, was sie überhaupt wollte, außer dass sie weg wollte. Genau wie ich.
    Ich wollte weg und wollte bleiben. Beides zugleich. Das hatte ich nicht erwartet. Nicht, als ich mein Ticket nach Vancouver buchte, nicht, als ich meinen Mietvertrag kündigte, mein Auto annoncierte, das Porzellanservice, das meine Mutter mir hinterlassen hatte, bei Ebay versteigerte. Erst jetzt, als mir die Sonne auf die Haut brannte, während ich auf die gelb-schwarz gestrichenen Fensterläden der winzigen Burgfenster blickte, ergriff mich der Gedanke: Ich will hier nicht weg.
    Aber es gab kein Zurück. Das könnte ich vor mir selber niemals rechtfertigen.

    *

    Sie musste ja auch noch die Pulvermühle  20  kennenlernen. Ein Stück deutscher Literaturgeschichte. Obwohl sie kein Deutsch konnte und nie einen Roman von Hans-Werner Richter oder ein

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