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Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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BMW gereist. Mit Bargeld im Sakko. Aber die Kohle, die er den Ladys abgeschwatzt hatte, war Peanuts gewesen im Vergleich zu dem Betrag, der jetzt in seiner Jacke steckte und ihm von Sekunde zu Sekunde schwerer aufs Gemüt drückte. Wenn er es schaffen würde, dann könnte er mit dieser netten Summe eine ganze Weile durchhalten, da drüben, in Südamerika.
    Es war ein Versuch gewesen. Das mit dem Austausch und Q 7 und einer schillernden Karriere als Dealer. Er hätte sich Senkenhuber verweigern müssen. Auf Februar warten. Aber wer harrte der Freiheit schon sechs Monate lang, wenn Sommer war und Franken am anheimelndsten. Simmungsvoller jedenfalls als in der nebligen Dauerödnis des Februars. Jetzt war alles zu spät. Grätz’ Leben war verwirkt, und er wusste es. Q 7, das legendäre Kartell mit dem noch legendäreren Boss, würde ihn aufstöbern, wohin auch immer er floh. Nichts machte mehr Sinn. Vielleicht sollte er zur nächstbesten Polizeidirektion fahren und sich stellen. Sagen: Ich habe ein Auto geklaut, und buchten Sie mich bitte ein. Schnell. Aber Q 7 hatte Geduld. Sie würden abwarten. Mösner wäre da, um ihm die Eier zu schleifen. Egal wann.
    Nur ein Lebenslänglich konnte ihn schützen. Jedoch: Auch im Knast wurden Leute umgebracht. So war das eben. Eine gänzlich unromantische Angelegenheit in einem romantischen Landstrich. Was bedeutete Romantik überhaupt! Kitsch? Historie? Fachwerk? Barock?
    Grätz könnte natürlich versuchen, Mösner für sich einzunehmen, indem er behauptete, er hätte das Handy verloren, weil er durch die Schleuderei, während der Reifen platzte, völlig durch den Wind war. Aber Mösner würde ihm das nie abkaufen. Er traute ihm ohnehin nicht über den Weg.
    Jemand klopfte an die Scheibe. Ein Freund und Helfer in Uniform.
    Â»Sie können hier nicht stehen bleiben.«
    Â»Ã„h. Nicht. Okay.«
    Â»Alles in Ordnung?«
    Â»In Ordnung, vollkommen.«
    Â»Dann fahren Sie mal weiter!«
    Â»Weiterfahren. Mache ich.« Grätz trat aufs Gas. Wirklich, er liebte das Rasseln der alten Käfermotoren!

    *

    Ein Parkplatz. Endlich. Er hielt, stieg aus, schlug die Wagentür zu, schloss nicht ab.
    Wenn er sich mit einem Taxi zum Flughafen nach Nürnberg bringen ließ? Geld besaß er genug. Noch suchte niemand nach ihm.
    Ein Taxi. Okay. Woher nehmen und nicht …
    Am Bahnhof. Genau. Am Bahnhof.
    Grätz hastete los, aber er hatte einen Orientierungssinn wie ein Pflasterstein, immer schon, und statt am Bahnhof landete er im Hofgarten. Wäre sein Hirn nicht mit anderen Problemen befasst gewesen, hätte er den Bahnhof garantiert sofort gefunden. Aber irgendwas trieb ihn. So ein blöder Spruch geisterte durch seinen Denkapparat: Du hast keine Chance, also nutze sie . Vielleicht war das mehr als ein Spontispruch, ein ›Sagerer‹, wie die Franken derartige Weisheiten zu nennen pflegten, aber sagten das jetzt die Ober- oder die Mittelfranken? Während Grätz Antworten auf diese Fragen suchte, taumelte er durch den Hofgarten, wo Spaziergänger ihn nervös musterten. Jedenfalls kam es ihm so vor. Ein Typ, augenscheinlich ziemlich gestresst, mit einer Jacke über dem verschwitzten Hemd. Er zog die Jacke aus, aber er hatte Angst um das Geld, also zog er sie wieder an.
    Er hatte Durst, der Döner drückte. Weit und breit kein Klo. Und dann passierte genau das eine, das letzte, das alles überragende Problem: Als er im Gebüsch sein Geschäft verrichtet hatte und sich auf die Füße stemmte, vertrat er sich den Knöchel.
    Er hinkte weiter, bis er auf einem Weg stand, im heißen Sonnenschein, das verletzte Bein angewinkelt, mühevoll die Balance haltend, schleppte sich bis zur Orangerie. Gleich da vorn war die Kaspar-Hauser-Gedenkstätte  114 . Kaspar Hauser, das Findelkind, der eventuelle Erbprinz des Hauses Baden-Zähringen, was allerdings noch nicht bewiesen war, soweit Grätz wusste. Hier war der Mann niedergestochen worden, ein Unbekannter fand den Tod durch die Hand eines Unbekannten. Das verstörte Grätz. Er starrte auf die achteckige Sandsteinsäule, die an das unglückliche Findelkind erinnern sollte, während Leute an ihm vorbeiflanierten. Sein Knöchel schwoll an.
    Ein Taxi. Ein Taxi könnte ihn zum Flughafen bringen, der vertretene Fuß wäre doch mehr als ein Alibi, wer kann denn schon mit dem Zug fahren, in dem Zustand.

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